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Museum Ein Erbe kommt ans Licht

Die Kupferstichsammlung der Stadt Quedlinburg wird neuerdings von der Lyonel-Feininger-Galerie betreut und museal erschlossen.

Von Grit Warnat 04.11.2016, 00:01

Quedlinburg l Es ist ein erster bescheidener Blick in eine Sammlung, die bis dato im Depot schlummerte. Die Kupferstichsammlung Quedlinburgs mit Arbeiten vom 17. bis 20. Jahrhundert sei nicht aufgearbeitet, es gebe kein wissenschaftliches Verzeichnis, sagt Museumsmitarbeiterin Manuela Winter. Jetzt soll dieser städtische Kunstschatz vollständig wissenschaftlich erschlossen, bewertet und digitalisiert werden. Die Stadt hat sich dazu mit dem Museum auf eine Kooperation verständigt. Ein entsprechender Vertrag soll in diesem Jahr unterzeichnet werden. Noch bevor die Tinte gesetzt ist, schaut die Feininger-Galerie schon einmal in den wertvollen Sammlungsbestand.

„30 Meisterwerke“ ist die Kabinettausstellung überschrieben, für die bisher weitgehend unerfasste Blätter aus den einzelnen Jahrhunderten gesichtet und wissenschaftlich dokumentiert wurden. Zu sehen sind Landschaften, Porträts, Alltagsleben, erschaffen von Künstlern wie Anthonie Waterloo (1609–1690), Charles-Emile Jacque (1813–1894), Max Klinger (1857-1920), Max Liebermann (1847-1935) und Käthe Kollwitz (1867–1945).

Zu verdanken hat die Stadt die Grafiksammlung einem Quedlinburger Stadtrat. Friedrich Besser (1840–1905) war Sammler voll großer Leidenschaft und hat vor allem Werke aus dem 18. und 19. Jahrhundert zusammengetragen. All das Erstandene vermachte er testamentarisch seiner Stadt. Die vernachlässigte anfangs dieses Erbe, pflegte es aber später. Die Stadt beauftragte 1926 den Zeichenlehrer, Kunstwissenschaftler und Maler Johannes Spitzmann (1884–1961) sogar mit einer Erweiterung des Bestandes. Spitzmann, der selbst immer wieder Quedlinburg malte und sich vom Harz inspirieren ließ, kaufte im Auftrag der Kommune weitere Arbeiten an, die Sammlung wurde mit zeitgenössischer Kunst aufgestockt. Künstler des 20. Jahrhunderts wie Max Liebermann und Max Beckmann, Ernst Barlach und Willy Jaeckel, Max Slevogt und Willi Geiger kamen hinzu. Heute umfasst die Sammlung 5000 Druckgrafiken.

Wer die jetzt ausgestellten 30 Blätter betrachtet, erfährt nicht nur über unterschiedliche handwerkliche Herangehensweisen. Jede Arbeit wird über einen Steckbrief näher erklärt. Es geht darin um die arbeitsteilige Herstellung, um den Papierkörper, um seinen Zustand, vor allem aber auch um die Historie des Besitzes. Max Pechsteins Frauenkopf, eine Kreidelithografie, beispielsweise wurde von Spitzmann im Auftrag der Stadt von einem Leipziger Antiquariat angekauft. Auch die „Theaterloge“ von Max Beckmann kam über Spitzmann aus Leipzig nach Quedlinburg.

Mit der Präsentation der „30 Meisterwerke“ sei ein Startschuss gefallen, um die schlummernde städtische Sammlung zukünftig mit Ausstellungen stärker in die Öffentlichkeit zu rücken, sagt Manuela Winter.

Die sanierte und erweiterte Feininger-Galerie am Schlossberg, die in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag feiert, hatte schon für ihre derzeit laufende und bis zum 9. Januar verlängerte Schau „Bauhaus am Schlossberg“ nicht nur monografisch auf Feininger gesetzt, sondern Barlach, Beckmann, Grosz, Nolde aus dem Depot geholt. Das Haus warb damit bereits für sich als Museum der grafischen Künste, so wie Museumschef Michael Freitag sein Haus zukünftig stärker sieht. Die Betreuung und Präsentation der städtischen Sammlung dürfte da ganz in seinem Sinne sein.

Die Ausstellung wird bis zum 9. Januar in der Lyonel-Feininger-Galerie, Schlossberg 11, gezeigt. Geöffnet ist sie mittwochs bis montags sowie feiertags von 10 bis 17 Uhr.