"Die Wanze. Der neueste Fall" feiert Premiere in Stendal Insekten mit witzigen Dialekten
Das Theater der Altmark hat am Freitag die letzte Premiere in dieser Spielzeit gefeiert. Für "Die Wanze. Der neueste Fall" wurde der lauschige Gerberhof in Stendals Altstadt zur Spielstätte.
Stendal l Bei kühlen Getränken und kleinen Snacks konnten die Zuschauer die Sommersonnenwende mit dem Ein-Personen-Stück nach dem Roman von Paul Shipton genießen. Unter der Regie von Cordula Jung gab Maik Rogge sein Schauspieldebüt in Stendal. Von der nächsten Spielzeit an wird er fest im Ensemble sein.
Wanze Muldoon kommt nicht wirklich zur Ruhe. Dabei hätte der Privatdetektiv nach seinem letzten Fall dringend eine Auszeit gebraucht. Aber nein! Gerade als die Wanze, die eigentlich ein Käfer ist (eine lange Geschichte!), in Dixies Bar mit einem wohlverdienten Drink entspannen möchte, geht der Ärger los: Ein Igel stürzt durch die Rhabarberstängel und bricht in der Bar tot zusammen. Im sich legenden Chaos findet man Netta.
Bücherlaus mit Akzent von Reich-Ranicki
Das Flohmädchen kam mit dem Igel, jetzt hat der Wirt das nervige und nach Blut schreiende Kind am Hals. Dixie bittet Muldoon, die Kleine zu ihrer Familie zurückzubringen. Der Detektiv willigt ein. Jedoch nur für das Doppelte des üblichen Honorars. Schließlich ist er kein Babysitter. Er krabbelt also los, Netta hüpft hinterher.
Was Muldoon nicht ahnt: Das ist beileibe kein Babysitter-Job. Das ist ein echter Fall, ein Job, in dem hinter jeder Ecke Gefahr lauert. Ein Job für knallharte Detektive ...
Schauspieler Maik Rogge kommt wie Muldoon, die Figur, die er verkörpert, nicht zur Ruhe. Denn er spielt sie alle: die Wanze, den Wirt, das Flohmädchen, den Hirschkäfer, die Grashüpferin Wilma, den schmierigen Piet, die Bücherlaus und viele andere. Eine veränderte Körperhaltung, verschiedene Akzente, unterschiedliche Accessoires - und schon steht ein anderer Charakter auf der Bühne. Die Bücherlaus spricht mit einem Reich-Ranicki-Akzent, der Hirschkäfer wie ein muskelbepackter Türsteher! Witzig!
Die kleine Bühne im Gerberhof wird gänzlich von Rogge bespielt. Er bahnt sich den Weg durch hohen Teppichflor, kämpft im nächsten Moment gegen den Sog eines Staubsaugers ... Er ist überall. Und immer in Bewegung.
Bühnenbild aus Getränkekisten und ein paar Stellwänden
Das Bühnenbild von Sofia Mazzoni ist beinahe genauso wandlungsfähig wie der Schauspieler. Ein paar Getränkekisten, die im Laufe der Handlung zu allem möglichen umfunktioniert werden, und einige Stellwände.
Die Inszenierung verspricht kurzweilige Unterhaltung in außergewöhnlicher, angenehmer Umgebung. Nicht ganz klar ist jedoch, warum Jung ihren Titelhelden peitschenknallend in Indiana-Jones-Kleidung mit entsprechender Filmmusik auftreten lässt. Die Wanze ist Detektiv, kein Abenteurer! Autor Paul Shipton hat sich bei seinen Insektenkrimis ganz bewusst an den sogenannten "hard-boiled novels" orientiert. Seine Geschichten für Groß und Klein sind eine Hommage an Schriftsteller wie Raymond Chandler und Dashiell Hammett und deren Romanfiguren Marlowe und Spade (einsame Wölfe, hartgesotten, dennoch hoch moralisch). Schade, dass dieser Aspekt in dieser ansonsten sehenswerten Inszenierung verlorengeht.
Weitere Aufführungen: vom 27. bis 29. Juni täglich um 20.30 Uhr, am 30. Juni um 18 Uhr