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StreamingdienstFrauen als Gebärmaschinen

Die Serie "The Handmaid's Tale" ist die Verfilmung des Romans "Der Report der Magd" und wird erstmals bei Tele 5 im Free-TV gezeigt.

17.10.2019, 08:52

Berlin (dpa) l Sirenen heulen. Ein Auto schlängelt sich durch die Straßen, schlittert durch die Kurven. June Osborne (Elisabeth Moss) wird auf ihrem Fluchtversuch gefangen und von ihrem Mann und ihrer Tochter getrennt. Misshandelt und bewusstlos wird sie auf einer Trage in einen schwarzen Wagen geschoben. Mit dieser Rückblende beginnt die vielfach preisgekrönte Serie "The Handmaid's Tale – Der Report der Magd". Der Hit aus der Streamingwelt wird an diesem Freitag um 22 Uhr erstmals im deutschen Free-TV ausgestrahlt – und zwar bei Tele 5.

Es ist ein recht rasanter Einstieg für eine Serie, die ansonsten eher durch eine bedrückende Atmosphäre und ein beklemmendes Gefühl Spannung auslöst. Und genau so geht es in der nächsten Sequenz weiter, in der sich die Hauptdarstellerin – jetzt in roter Kutte und weißer Haube gekleidet – vorstellt: "Mein Name ist Desfred. Ich hatte mal einen anderen Namen. Aber der ist jetzt verboten. So viele Dinge sind jetzt verboten."

Denn June lebt nun als sogenannte Magd in dem totalitären und christlich-fundamentalistischen Staat Gilead. Alle Menschen sind hier Kasten zugehörig. Regiert wird das Regime ausschließlich von Männern. Nachdem die Geburtenzahlen fast komplett eingebrochen sind, werden fruchtbare Frauen wie Desfred als Gebär-Sklavinnen genutzt. Sie dürfen nicht arbeiten, nicht lesen, sich nicht frei bewegen. Benannt werden sie nach ihren Kommandanten. Und so ist es die Aufgabe Desfreds, ihrem Kommandanten Fred Waterford (Joseph Fiennes) und seiner Frau Serena Joy (Yvonne Strahovski) ein Kind zu schenken.

Die Serie unterliegt einer Struktur, in der sich eine düstere Gegenwartserzählung rund um das Leben in Gilead mit Rückblenden auf Junes Vergangenheit abwechseln. Durch die Rückblenden, die June in ihrem alten Leben im damaligen New York zeigen, erschließt sich nach und nach, wie es zu der Gründung Gileads kommen konnte. Die tröpfchenweise "Fütterung" mit Informationen hält den Spannungsbogen hoch. Elisabeth Moss gelingt es mit ihren inneren Monologen, wirklich jede und jeden ungeschönt auf ihre Reise mitzunehmen.

Für diese Leistung sind sowohl die Hauptdarstellerin als auch die Serie vielfach ausgezeichnet worden. Bei den Golden Globes wurde "The Handmaid's Tale" als beste Drama-Serie gefeiert, Hauptdarstellerin Elisabeth Moss gewann als "Beste Schauspielerin". Auch bei den Emmys regnete es in den vergangenen Jahren Preise. 14 goldene Trophäen konnte die "The Handmaid's Tale"-Crew mit nach Hause nehmen. Neben Moss, die Fans auch aus der Serie "Mad Men" kennen, finden sich auch Sternchen anderer erfolgreicher TV- und Streaming-Produktionen. Unter anderen wirken Alexis Bledel ("Gilmore Girls") und Samira Wiley ("Orange is the new black") als Emily und Moira mit.

Nicht nur die Idee, sich plötzlich einem neuen Staat beugen zu müssen, löst Unbehagen aus. "The Handmaid's Tale" geizt auch nicht mit Blut und Gewalt. Gruppenmorde, Erhängungen, Misshandlungen und Vergewaltigungen ziehen sich durch die gesamte Serie. Die Macher der Serie haben keine Hemmungen, das Ausmaß der Gewalt zu zeigen.

Die erfolgreiche Serie folgt dem gleichnamigen dystopischen Roman der kanadischen Erfolgsautorin Margaret Atwood, der erstmals 1985 erschien und 1990 von Volker Schlöndorff als Spielfilm ("Die Geschichte der Dienerin") verfilmt wurde. 1985 hatten viele das Werk Atwoods für realitätsfern gehalten. Doch der Aufstieg autoritärer Regierungen hat die Vision der Kanadierin heute näherrücken lassen.

Sie sehe sich nicht als Prophetin, sagte Atwood kürzlich dazu. Sie sei nur eine gute Beobachterin. "1985 haben die Leute das auch schon gesagt. Sie (die Politiker) sprachen darüber, was sie in den Vereinigten Staaten tun würden, wenn sie die Macht hätten. Und jetzt haben sie die Macht." Mittlerweile hat die Autorin eine Fortsetzung geschrieben. "Die Zeuginnen", kürzlich erschienen, spielt 15 Jahre nach Ende des ersten Romans. Die Serie könnte heute nicht relevanter sein. In den USA tragen Demonstrantinnen auf Demonstrationen gegen neue Abtreibungsgesetze die blutroten Roben der Mägde.