Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Mit Video: Kaum Geld - Von der Studentin zur Finanzchefin
Anja Mulkau ist Finanzchefin der Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg. 35 Jahre Deutsche Einheit brachten für sie viele Veränderungen.

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Hier Anja Mulkau, Finanzchefin der Magdeburger Wohnungsbaugesellschaft Wobau:
Als die Wende 1989 Deutschland auf den Kopf stellt, steckt Anja Mulkau mitten in ihrer Teenagerzeit. Sie erinnert sich an eine Phase, „in der Dinge passierten, für die man sonst Jahrzehnte gebraucht hätte“. Für die Magdeburgerin war es eine Zeit tiefgreifender Veränderungen – und doch überwiegt für sie bis heute ein Gefühl: Optimismus.
Video: Serie 35 Jahre Deutsche Einheit: Anja Mulkau, Wobau
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„Ich habe die Wende für mich persönlich als sehr positiv erlebt“, sagt die Prokuristin und Abteilungsleiterin der Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg (Wobau). Bis zum Mauerfall hat sie kaum Berührung mit dem Westen. Nur Großonkels, die gelegentlich zu Besuch kamen – etwa zur Jugendweihe – geben einen kleinen Einblick. „Mir kam es so vor, als würden sie aus einer anderen Welt stammen“, erinnert sie sich.
Fasziniert von Reise nach London
Zu DDR-Zeiten schafft sich Anja Mulkaus Familie ihre eigene kleine Welt. Sie ist eng verbunden, hält zusammen, ist tief verwurzelt in Magdeburg. Der Rest der Welt wird größer – und das Kind von einst schaut über den Tellerrand. „Ich erinnere mich an eine London-Reise 1990, noch vor der Währungsunion“, erzählt die WOBAU-Prokuristin. „Wir hatten kaum Geld, waren völlig überwältigt von den Eindrücken. Noch wenige Monate zuvor wäre London für uns so unerreichbar gewesen wie der Mond.“
Arbeitslosigkeit und Studium prägen die Zeit
Anja Mulkau ist neugierig, sammelt Erfahrungen, reist und kehrt doch immer wieder zurück an die Elbe. 1993 beginnt sie in Magdeburg ihr Studium. „Ich wollte nicht wegziehen, sondern lieber hier in meiner Heimat etwas bewegen“, sagt sie.
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Ein leichter Start ist das nicht. Die Aufbruchstimmung der frühen Wendejahre ist vielerorts verflogen. Die Arbeitslosigkeit steigt, Ausbildungs- und Studienplätze sind begrenzt. Doch Anja Mulkau bleibt und stellt früh die Weichen für ihre Zukunft vor Ort. Für sie ist Weggehen nie eine Option. „Es hat sich für mich hier sehr viel gut zusammengefügt“, sagt sie rückblickend.
Job gefällt, aber neue Pläne
Nach dem Studium ist sie zunächst für den genossenschaftlichen Prüfungsverband der Wohnungsgenossenschaften in Sachsen-Anhalt unterwegs. Sie sieht viele Orte, lernt die Immobilienbranche von Grund auf kennen. Der Job gefällt ihr, dennoch hat sie andere Pläne – möchte „lieber selbst in einem Unternehmen etwas gestalten, als andere zu prüfen“.
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2017 wechselt sie zur WOBAU, übernimmt die Leitung der Geschäftsstelle Nord – ein Heimspiel: Sie ist ein Kind des Kannenstiegs. Mit Engagement und Blick fürs Machbare entwickelt sie den Standort weiter. Später wechselt die wissbegierige WOBAU-Zweigstellenleiterin in die Zentrale, wo sie heute als Leiterin der Abteilung Finanzen tätig ist und als Prokuristin Verantwortung übernimmt.
Große Projekt wie neue Wohnungen im Domviertel
Ihr beruflicher Wunsch hat sich erfüllt: Anja Mulkau gestaltet. Die Wobau prägt das Gesicht der Ottostadt seit den Nachwendejahren entscheidend mit. Stadtplanerinnen und Stadtplaner denken in großen Linien und setzen Visionen um. Projekte wie das Domviertel stehen beispielhaft für die städtebauliche Transformation Magdeburgs. „Ohne Visionen kann man diesen Job nicht machen“, ist Anja Mulkau überzeugt. Heute sind es andere Ideen, die den Takt vorgeben: der Wiederaufbau von Teilen der Altstadt auf dem Prämonstratenserberg, moderne Lückenbebauung, die Pflege und Entwicklung des eigenen Wohnungsbestands.
Hundertwasserhaus und viele weitere Highlights
Wenn sie durch Magdeburg geht, sieht die Wobau-Verantwortliche mehr als nur Fassaden. Sie sieht Vergangenheit und Zukunft. „Ich vergleiche oft die Bilder von heute mit denen aus meiner Kindheit – Magdeburg hat sich in so vielen Bereichen positiv entwickelt. Die Stadtteile, das Hundertwasserhaus – es gibt viele Highlights“, sagt sie.
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Und auch: „Ohne die Wende wäre vieles anders gekommen.“ Vielleicht wäre sie Lehrerin geworden für Russisch und Englisch, wie sie es sich als Kind erträumte. Sie ist überzeugt: „Es ist gut so, wie es jetzt ist. Ich mag, was ich tue, habe mich immer weiterentwickelt und Herausforderungen angenommen.“
Und auch für ihre Stadt hat sie eine klare Perspektive: „Magdeburg wird sich weiter positiv wandeln. Als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort sind wir schon gut aufgestellt. Jetzt wünsche ich mir, dass noch mehr Unternehmen kommen, die junge Leute mitbringen. Dann wird Magdeburg noch vielfältiger, als es ohnehin schon ist.“