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Schönebeck widmet dem 85-jährigen Künstler Christof Grüger eine Ausstellung Im Spektrum von Licht und Schatten

Von Grit Warnat 17.02.2012, 05:21

Christof Grüger spielt mit Glas und Licht. Vor allem in Kirchenbauten hat sich der Künstler damit verewigt und sich deutschlandweit Anerkennung verschafft. Seit zwei Monaten ist Grüger 85 Jahre alt. Nachträglich zum Geburtstag stellt er in Schönebeck aus.

Schönebeck l Im Atelierfenster im Schönebecker Ortsteil Bad Salzelmen steht ein Modell mit Glaslamellen. Sie nehmen das Licht vom Fenster auf und werfen es in den Raum. Das ist das Prinzip des "Gläsernen Kreuzes", das seit 2009 frei über dem Altar der Leinefelder Kirche im thüringischen Eichsfeld hängt. Einfalls- und Ausfallswinkel spielen eine Rolle. Es geht Grüger um das gespiegelte Licht. Es lässt den Korpus leuchten.

Die Arbeiten in der St.-Bonifatius-Kirche sind ein Großprojekt Grügers, ein Gesamtkunstwerk, das aus meterhohen Fensterbändern, Rosetten, der Betonverglasung des Eingangs und der Gestaltung des Kreuzwegs besteht und vom Beginn der ersten planerischen Überlegungen bis hin zur Hängung des Kreuzes zwei Jahrzehnte währte.

Arbeiten für Kirchen beider Konfessionen

Leinefelde steht für die Techniken des Christof Grüger: für Betonglas und Schwarzlotmalerei, für Bleiverglasung, Mosaik und Emaille. Und es steht stellvertretend für seine Arbeitsorte und die christliche Symbolik. Grüger hat Kirchen vor allem in Ost-, aber auch in Westdeutschland bereichert, katholische wie evangelische. Zu zählen sind sie kaum. Eine genaue Zahl hat Grüger nicht parat. "Es sind viele", sagt er bescheiden.

Immer wieder geht es ihm in seinem Werk um Licht, die Uressenz, sagt Grüger. "Des Menschen Leben ist wie das Licht."

Licht und Schatten haben schon früh in seinem Leben eine Rolle gespielt. Er sei noch sehr klein gewesen, erinnert sich der 85-Jährige, der im schlesischen Namslau geboren wurde, weit zurück, in einer Kirche habe er auf dem Fußboden lauter farbige Flecke gesehen, die das Licht durch die Fenster ins Innere des Gotteshauses gezaubert hatten.

"Ich habe versucht, diese Farben zu erwischen, meine Hände wurden dabei blau und rot. Das hat mich erstaunt. So fing es an." Schon mit jungen Jahren kannte Grüger sämtliche Farben. Er hatte eine gute Auffassungsgabe und einen Vater, der Malermeister war. Spielerisch habe er sich mit Farbe beschäftigt, später kam sein Faible für physikalische und chemische Vorgänge hinzu. Er experimentierte viel, auch in Batik und Drucktechniken.

Sein Vater war katholisch, die Mutter evangelisch, beider Glaube prägte den Sohn. Grüger, der an der Hochschule für Architektur und Bildende Kunst in Weimar studierte hatte, zur sozialistisch realistischen Kunst keinen Zugang fand, arbeitete für Kirchen beider Konfessionen. Die waren bis in die 70er Jahre hinein ausschließlich seine Auftraggeber. Er habe sich frei entfalten können. "An der Tür zur Kirche endeten die staatlichen Vorschriften."

Erst eine Arbeit für die katholische Kirche in Meiningen Anfang der 70er Jahre ermöglichte ihm die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR.

Betonglas und Wandteppich: "Meiningen war spektakulär"

Betonglas prägt die Meininger Kirche sowie Grügers Wandteppich, mit mehr als 10 Metern Länge soll er die größte einteilige Batikarbeit der Welt sein. "Meiningen war spektakulär. Die Leute reisten mit Bussen an, auch aus dem Westen", erinnert er sich und schmunzelt, weil sich der Verband dann doch für seine Mitgliedschaft entschieden hatte. Öffentliche Aufträge folgten.

Der Raum, das Licht, das Umfeld beeinflussen immer die Ideenfindung, engen aber nicht ein, sagt der Künstler. "Man entfaltet sich anders, kann ein Gesamtkunstwerk schaffen. Das habe ich immer angestrebt." Kann man Grügersche Kunst erkennen? "Ich glaube ja", sagt er. "Weil sie der Ausdruck eines selbst ist."

Mit der Wende wurde er Rentner, arbeitete aber weiter, bis vor zwei, drei Jahren. Heute, mit 85, ist es ihm nicht mehr möglich, an der Arbeitswand auf der Leiter zu stehen und originalgroße Zeichnungen anzufertigen.

Vor allem Fotos seiner großflächigen Kunst werden jetzt in seinem Heimatort Schönebeck unter dem Titel "Im Spektrum von Licht und Farben" ausgestellt. Wer in der Stadt unterwegs ist, kann auch Originale entdecken: beispielsweise die Wachsbatik "Feuervogel" im Rathaus, das Holocaust-Mahnmal und Bleiglasfenster, Kupferplastik, Wandmosaik in der St.-Marien-Kirche.

Vernissage am Sonntag, 10 Uhr, Stadtwerke, Schönebeck, Ausstellung bis zum 19. März