1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Musik
  6. >
  7. Kinks-Gitarrist Dave Davies wird 70

"You Really Got Me" Kinks-Gitarrist Dave Davies wird 70

Hits wie "All Day and All of the Night", "Victoria" und "Lola" machen die "Kinks" zu einer der dienstältesten und bekanntesten Rockbands. Legendär wurden sie vor allem durch die Hassliebe zwischen Dave und seinem Bruder Ray. Nun wird der jüngere der beiden Hitzköpfe 70.

Von Uli Hesse, dpa 30.01.2017, 04:06

London (dpa) - The Kinks waren immer eine hochentzündliche Mischung. Chrissie Hynde von den Pretenders verglich die beiden Brüder Dave und Ray Davies sogar mit den berüchtigten Krays-Zwillingen, psychopathischen Gangstern, die das Londoner East End tyrannisierten.

Der drei Jahre jüngere Dave gilt als der "nettere" der beiden, steht aber seit seiner Jugend im Schatten des Kinks-Frontmanns. Nur einmal tritt der Gitarrist und Sänger selbst ins Rampenlicht. Mit "Death of a Clown" landet er 1967 einen Nummer-1-Hit. Am 3. Februar wird Dave Davies 70.

In der "New York Post" erinnert sich Davies an den Moment, als er das erste Mal Platten von Chuck Berry und Buddy Holly hörte: "Es war wie "Star Trek": Wo noch niemand vorher war. Ich war wie in Trance wegen der Macht und akustischen Energie von Rock'n'Roll."

Davies ist erst 17, als sich "You Really Got Me" 1964 mit dem unvergesslich dreckigen verzerrten Eröffnungsriff an die Spitze der Charts setzt, und die nächsten zwei Jahrzehnte verbringt er wild feiernd als Rockstar. Hits wie das ironische "Sunny Afternoon" (1966) verdrängen sogar die Beatles aus den Charts. Doch alles dreht sich um den charismatischen und kontrollierenden Frontmann und Songwriter Ray; das kann Dave ihm bis heute nicht vergeben.

Anfangs fungiert der inzwischen verstorbene Bassist Pete Quaife als Puffer, bis er 1969 die Band verlässt. Dann wird Schlagzeuger Mick Avory der Punching-Ball zwischen den beiden Kampfhähnen. "Wir brauchten immer jemanden zwischen uns, ob es ein Manager oder jemand anderes war", gestand Dave Davies dem Record Review Magazine.

Die Schlägerei im walisischen Cardiff 1965 ist zur Legende geworden. Schon beim Konzert am Vorabend greift Dave Davies Avory an - es endet mit zwei blauen Augen für Davies. Bei ihrem nächsten Auftritt will er sich rächen, beleidigt Avory während des Gigs und kickt sein Schlagzeug auseinander. Avory schlägt ihn mit seiner Fußmaschine auf den Kopf, Dave geht zu Boden. Avory fürchtet, er habe ihn umgebracht und versteckt sich bis er hört, dass Davies ihn nicht anzeigen wird. Seine Kopfwunde muss mit 16 Stichen genäht werden.

Ab Mitte der 80er Jahre spielen die Kinks fast nur noch für ihre Hardcore-Fans und trennen sich schließlich 1996; beide verfolgen ihre Solokarrieren und sprechen kaum mehr miteinander. Regelmäßig gibt es Gerüchte, dass die Kinks wieder auferstehen - doch selbst ihr 50. Bandjubiläum verbringen sie getrennt.

2004 erleidet Dave Davies einen lähmenden Schlaganfall, als er nach einem Interview in der BBC einen Aufzug verlässt - ein Blutstillstand in der linken Gehirnhälfte. Der 57-Jährige verbringt zwei Monate im Krankenhaus und trainiert danach hart in der Reha. Er lernt wieder zu sprechen, zu gehen und Gitarre zu spielen. "Ich hatte meine Momente der Verzweiflung, aber ich fühlte mich immer wohl, wenn ich an den nächsten Tag dachte" sagte Davies der "New York Post". "Ein gesunder Geisteszustand und eine positive Einstellung sind wirklich wichtig."

Der achtfache Vater ist inzwischen zweimal geschieden. In seiner Autobiografie outet sich Dave Davies als bisexuell. Rückblickend sagte er dem "Independent": "Nun, eine wichtige Sache, die ich entdeckte war, dass ich Frauen mehr mochte. Und dass Jungs auch sensibel sind. Ich erkannte, dass man kein Waschlappen sein muss, um empfindsam oder aufgebracht zu sein."

Seit seinem Schlaganfall hat er mehrere Soloalben aufgenommen und bringt die neue Platte "Open Road" mit seinem Sohn Russ im März heraus, bevor er im April in den USA tourt. Und die Gerüchte um eine Wiedervereinigung haben neue Nahrung erhalten: Im Dezember standen Ray und Dave für einen Song wieder zusammen auf der Bühne - natürlich mit "You Really Got Me". 

Offizielle Homepage