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Odysseus "Fack Ju Göhte"-Chantal spielt Theater

Schauspielerin Jella Haase war die Chantal in "Fack Ju Göhte". Nun steht sie an der Berliner Volksbühne Fahne schwenkend auf einem Panzer.

13.09.2019, 23:01

Berlin (dpa) l Hätte die Chaosklasse aus "Fack Ju Göhte" griechische Sagen lesen müssen, wäre das vielleicht so ausgegangen: "Herr Müller, was macht der Odysseus da, dieser Geisterkranker?" Millionen Menschen haben die Schulkomödien mit Elyas M'Barek im Kino gesehen und sich auch über Jella Haase amüsiert. Die Berlinerin spielt dort die Chantal mit blauem Lidschatten und Selfiestick.

Mittlerweile hat sie auch andere Filme wie "Die Goldfische" gedreht. Nun versucht die 26-Jährige etwas Neues. An der Berliner Volksbühne war sie am Donnerstagabend in ihrer ersten Theaterrolle zu sehen – und um eins vorwegzunehmen: "Eine Odyssee" hat auch ein wenig was von Unterrichtslektion, aber dazu gleich mehr.

Haase steht in der eher kurzen Szene Fahne schwenkend auf einem Panzer – mit einer Korsage aus Verbandsmaterial und Goldkettchen vor dem Gesicht. Sie spielt die Helena aus der griechischen Mythologie, also die Tochter von Zeus und angeblich schönste Frau überhaupt. Ihre Entführung führte dem Mythos zufolge zum Trojanischen Krieg, von dem Odysseus nur nach jahrelanger Irrfahrt zurückkommt.

Der isländische Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson versucht, die Geschichte ins Heute zu übersetzen. Vor allem der Anfang hat Wucht. Die Schauspieler sprechen im Chor zu viel Musik die Kriegserzählungen nach und verschwinden im Nebel. Später nimmt eine Videosequenz die Zuschauer mit auf ein Hochseeschiff und es schweben ein nachgebauter Elefant und Pappfiguren nackter US-Präsidenten auf die Bühne.

Arnarsson ist neuer Schauspieldirektor der Volksbühne und nimmt Homers Epos auf mehreren Ebenen auseinander. Von Odysseus sind im Grunde alle genervt. Sein Sohn kann die Heldengeschichten nicht mehr hören, seine Mutter ist enttäuscht und seine Frau Penelope kurz vorm Nervenzusammenbruch. Ach so, und Zeus ist auch verärgert.

Die Inszenierung hat viele starke Passagen, überraschende Momente und holt Zuschauer ab. Arnarsson spielt auch auf neuere Kriege an und fügt etwa Briefe eines Afghanistan-Veteranen ein. Wenn aber alle Kriege vergangener Jahrhunderte aufgezählt werden, wirkt das eher platt. Das hätte es nicht gebraucht, um die immer wiederkehrende Brutalität von Geschichte zu zeigen. Das hat zu sehr etwas von Unterrichtslektion.

Und wie schlägt sich Jella Haase? Nach Angaben ihres Managements ist es ihre erste Theaterrolle an einer großen Bühne. Interviews gab sie vorab nicht. Haase steht anfangs im Chor und später dann in der Szene als Helena auf der Bühne. Ihr Mann Menelaos beschwert sich, dass sie schlechte Haut und eine Erkrankung gehabt habe. Haase spielt die anfangs unterwürfige Figur amüsant, dann versucht sie etwas Emanzipation und fordert Gerechtigkeit, auch in der Geschichtsschreibung.

Haase macht das ordentlich. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich das neue Ensemblemitglied in den nächsten Stücken entwickelt. Im Publikum saß auch ihre Schauspielkollegin Katja Riemann – die in "Fack Ju Göhte" die Direktorin Frau Gerster spielt. Nach rund vier Stunden gibt es Applaus und keine Buhrufe im Saal. Das kann an der Berliner Volksbühne auch ganz anders enden.