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Premiere für die "Alte Kantine" im Nordharzer Städtebundtheater Realsatire mit Original-Meldungen

Von Hans Walter 26.11.2011, 04:21

Halberstadt l Das Nordharzer Städtebundtheater hat seit Donnerstag eine neue Spielstätte: Die "Alte Kantine", ein aus eigener Kraft für 30 Personen geschaffener Spielraum für szenische Lesungen. Der junge Schauspieldramaturg Sebastian Fust hatte die Idee für die monatlich geplante Reihe. Er nutzte sie, um einzugreifen in die aktuelle Diskussion um die Zukunft des Städtebundtheaters. Mit der Textcollage "Wuppertal zum Beispiel" wollte er auf die Situation des Hauses aufmerksam machen und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren.

Fust untersuchte anhand von Original-Meldungen aus regionalen und überregionalen Medien im Print- und elektronischen Bereich die Anatomie des Theatersterbens. Die Schauspieler Julia Siebenschuh, Markus Manig und Benedikt Florian Schörnig trugen sie vor.

Kürzung der Zuschüsse für die Kultur, Abwicklung einzelner Sparten, Kürzung der Gehälter bis hin zu neuer Fusionierung oder Theaterschließung - das Szenario ist überall immer gleich: Die Intendanz wird von der Politik gezwungen, selbst die Streichungs- und Kürzungs"arien" zu singen. Das Ergebnis ist Realsatire: Die Argumente der Politiker sind gleich! Es gibt keine weit aufgespannten Rettungs-"Schirme" wie für Griechenland oder Portugal oder Spanien. Zeitungsartikel, Interviews und Internet-Kommentare machen deutlich, dass Theater immer auf Zuschüsse angewiesen sein wird. Oder sterben wird. In Halberstadt nach 200 Jahren Geschichte, nachdem es durch alle Kriege und Notzeiten gerettet wurde. Armes Deutschland anno 2011.

Fust beleuchtet die Rolle der Politiker wie die Lage der Theatermacher. Er entwickelt sogar Verständnis für die Zwänge der Politik - und endet düster mit Heines "Nachtgedanken". Da wird vermutlich kein Weib kommen, schön wie der Morgen, um die deutschen Sorgen fortzulächeln.