Steineckerts wunderbare Poesie
Von Claudia Klupsch
Magdeburg l "Wer nicht furchtbar geliebt hat, hat nicht herrlich gelebt." Die Weisheiten der Gisela Steineckert berühren, die Poesie ihrer Verse geht ins Innerste. Lädt die Dichterin zum Leseabend ein, trifft sie auf volle Zuhörerreihen. So auch am Donnerstagabend im Magdeburger Literaturhaus.
Sie sitzt am Vorlesetischchen, rückt die Brille zurecht, blättert in eng beschriebenen Manuskriptseiten. Ganz natürlich ist der Draht zu ihrem Publikum vom ersten Augenblick an da. Plaudereien münden in ihre Texte, die von Liebe und Leben erzählen - in wundervoller Sprache und ehrlichen Herzens. Sie liest kaum ab, sie kennt ihre Worte in- und auswendig, schaut in die Runde, lässt Sätze "Ich bin, wie ich bin" und "Wenn ich mich beobachte, finde ich mich absonderlich" verlauten.
Die Poetin Gisela Steineckert ist agil und produktiv, ungezählt sind ihre Gedichte und Geschichten. Im vergangenen Jahr erschien ihre Autobiografie.
In Magdeburg erzählt sie zunächst eine Geschichte "voller Belehrungen", das Abenteuer einer Reise nach Bulgarien - vor vielen Jahren, in einer anderen Zeit. Die Erlebnisse im bulgarischen Schriftstellerverband mit dem Präsidenten und Funktionären mit gar merkwürdigem Benehmen beobachtet sie voller Ironie, aber auch mit Befremden. Sie wird später im DDR-Schriftstellerverband Funktionärin. "Wir leben und leben und lernen nichts daraus", stellt die heute 80-Jährige (selbst)ironisch fest, um es Augenblicke später zu widerrufen. Gisela Steineckerts Rolle in jener anderen Zeit ist umstritten, ihre heutigen politischen Verlautbarungen sind streitbar.
Die Bulgarien-Geschichte hat Längen, so dass leider nur wenig Zeit für ihre Gedichte bleibt. Stundenlang könnte man der Dichterin zuhören. Atemlos lauscht das Publikum, als sie eindringlich, leise und laut "Atme!" fordert. "Wenn du nicht mehr weiterweißt, atme! Atmen ist eine Art zu lächeln." Wunderbare Poesie entfaltet ihre "Architektur der Rose". Der Nerv ihrer Fans ist getroffen. Sie verabschieden sie am Ende mit einem herzlichen Applaus.