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Lauf Doktorarbeit ist Startschuss für Laufbewegung

Die Laufgruppe der BSG Motor Halberstadt ging offiziell am 30. Januar 1982.

Von Gerald Eggert 22.05.2020, 23:01

Halberstadt l Aber bereits Ende der 70er-Jahr nahm die Laufbewegung in der Stadt an Fahrt auf.

Als Dr. Wolfgang Bartel in den 1970er-Jahren zum zweiten Mal promovierte (diesmal zum Sportarzt), schrieb er in seiner Doktorarbeit über Laufen und Gesundheit. Dafür wollte er aber nicht nur auf Erfahrungen in anderen Städten, sondern auch auf eigene Erkenntnisse zurückgreifen. Ihm lag viel daran, Theorie mit Praxis und umgekehrt zu verbinden. Dieses Vorhaben gilt als die Geburtsstunde der Laufbewegung in Halberstadt, die zunächst Meilenbewegung hieß. Dieser Name wurde seit 1974 auch für andere Sportarten verwendet, nachdem Sportjournalisten die Idee hatten, mit dem Slogan „Eile mit Meile“ die Bevölkerung der DDR zu regelmäßigem Laufen und anderen Ausdauersportarten „meilenweit“ einzuladen.

Am Silvestervormittag 1978 lockte der erste Karpfenlauf rund 50 Halberstädter in das Friedensstadion. Bei eisigem Wind und Schneetreiben ging es durch die verschneiten Spiegelsberge. Im Ziel wurden zehn Karpfen unter den Läufern verlost. Damit war eine sportliche Tradition in Halberstadt geboren, die bis heute fortgesetzt wird. Bei den ersten Karpfenläufen wurden vom veranstaltenden DTSB-Kreisvorstand aktive Läufer mit Anstecknadeln „Meilenläufer“ und Trikots geehrt.

In der Anfangsphase gesellten sich zum Initiator nur wenige Mitstreiter, um gemeinsam nach Feierabend und an den Wochenenden Runden durch die Spiegelberge zu laufen. Doch die Zahl der Interessenten wuchs, eine Laufstrecke wurde vermessen und bereits im Mai 1979 starteten die ersten Halberstädter beim Rennsteiglauf und im Oktober beim 1. Harzgebirgslauf.

Zum Jahreswechsel organisierten Dr. Bartel und der DTSB den zweiten Silvesterlauf, bei dem immerhin schon 110 Läuferinnen und Läufer am Start waren und bei eisiger Kälte durch die Berge liefen. Dr. Bartel hatte vor dem Startschuss durch Heinz Witzler über die gesundheitlichen Vorteile des Laufens gesprochen.

In den folgenden Jahren trafen sich die Freizeitsportler regelmäßig zum Training. Doch jeder entschied selbst, wie oft, wie lange und wie weit er laufen wollte. Die einen suchten Bewegung, die anderen wollten wissen, was in ihnen steckt und bemühten sich sogar, ihre Zeiten zu verbessern. Ein fundiertes Trainingsprogramm fehlte jedoch. Die Gruppe wurde größer und die Teilnahme an regionalen Wettkämpfen nahm zu. Finanzielle Unterstützung gab es zu dieser Zeit von der BSG Motor, da die Läufer im Bereich Freizeit- und Erholungssport organisiert waren.

Dieter Müller, der nicht nur von Anbeginn Begleiter von Wolfgang Bartel in der Meilenbewegung war, sondern überdies aktiv Volleyball spielte, ließ der Gedanke, noch mehr Menschen für das Laufen zu begeistern, nicht los. Und so wurden er und sein Lauffreund Volker Rudolf sowie der ebenfalls im VEB Maschinenbau beschäftigte Paul Brodtrück zu Gründungsmitgliedern der Laufgruppe der Betriebssportgemeinschaft Motor. Etwa 20 Gleichgesinnte zählte man bei der Gründung am 30. Januar 1982, darunter Martin Handrick, Manfred Mau, Siegfried Dietz, Dieter Schirmer und Karl-Heinz Herrmann. Sie trafen sich fortan mittwochs zum Training und starteten an den Wochenenden bei Wettkämpfen wie dem Quedlinburger Waldlauf und dem Harzgebirgslauf.

Am 14. April wurde der erste Stundenlauf im Stadion an der Florian-Geyer-Straße organisiert. 46 Frauen und Männer leiteten damit eine Tradition ein, die über viele Jahre anhielt. Presseveröffentlichungen trugen dazu bei, dass sich die Mitgliederzahl schnell verdoppelte. Im Oktober unterstützte die Laufgruppe aktiv den kreisoffenen Werner-Seelenbinder-Gedächtnislauf.

In der weiter angewachsenen Laufgruppe wurde der Wunsch nach mehr gemeinsamen Unternehmungen nicht nur in Laufschuhen geäußert. Und so traf man sich im Frühjahr zur ersten Faschingsfeier im Sportlerheim und gegen Jahresende zur Winterwanderung, zu der auch Kinder mitgenommen wurden. Auf diesem Wege fanden einige bis dahin nicht laufende Ehepartner zu einer sinnvollen sportlichen Freizeitbeschäftigung.

1983 wurde in der Volksstimme auf die junge Laufbewegung aufmerksam gemacht und geworben, etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Wolfgang Bartel führte in einem Beitrag „Was bedeutet uns die Gesundheit?“ unter anderem den Bewegungsmangel an und nannte die Laufgruppe der BSG als positives Beispiel. Daraufhin zog der nächste Stundenlauf bereits mehr als 100 Teilnehmer an. Im selben Jahr nahmen erstmals Halberstädter an Wertungsläufen der Bezirksrangliste teil, darunter Helfried Dietz, Heiner Buckermann, Rainer Krause und Gerd Lorz. Karl-Heinz Hartmann und Reinhard Hilke erliefen sich zweite Plätze in ihren Altersklassen, Karl-Heinz Herrmann und Otto Schulze sogar erste.

1984 war die Laufgruppe auf 50 Frauen und Männer zwischen 20 und 50 Jahren angewachsen. Es hatte sich herumgesprochen, dass die „Lauferei“ zum Abbau von Alltagsstresses beiträgt und vor allem der Gesundheit gut tut. Inzwischen wurden Läufer immer weniger belächelt bei ihren Aktivitäten.