"Finanztest" befragte alle deutschen Kreditinstitute Dispozinsen liegen zwischen sechs und achtzehn Prozent
Banken und Sparkassen in Deutschland verlangen immer noch zu hohe Dispozinsen, kritisiert die Stiftung Warentest in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift "Finanztest". Im Schnitt liegt der Zins bei rund 12,4 Prozent.
Berlin (rgm). Unter den teuersten Banken ist die Targobank mit 14,7 Prozent (Extra und Classic Konto). Die Volksbank Randerath-Immendorf verlangt satte 18,25 Prozent Dispozinsen von Kunden, die ihr Girokonto überziehen und Geld im Rahmen des eingeräumten Kredits abheben. Das ist der höchste Zins, den "Finanztest" in der Untersuchung der Dispozinsen von 1610 Banken ermittelt hat. Ausgewertet werden konnten letztlich die Daten von über 1000 Banken.
Auf dem zweiten Platz in der Liste der teuersten Banken folgen mit 14,75 Prozent drei Institute: die Kaltenkirchener Bank, die Volksbank Braunlage und die Sparkasse Münden. Auf dem dritten Platz liegt die Targobank. Weitere 20 Banken verlangen mindestens 14 Prozent.
Es geht aber auch anders. Das beweist eine kleine Zahl von Banken. Die Deutsche Skatbank berechnet ihren Kunden für die Kontoüberziehung nur 6 Prozent, die DAB Bank 6,95 Prozent. Nur 4,5 Prozent aller befragten Kreditinstitute verlangen weniger als 10 Prozent für den Dispokredit, das sind 73 Banken.
Für diesen Test bekamen 1610 Kreditinstitute - alle deutschen Banken, die Gehalts- und Rentenkonten anbieten - Post von "Finanztest". Erfragt wurde die Höhe der Dispozinsen und die Regeln, nach denen sie erhöht oder gesenkt werden. Bereits vor einem Jahr hatte "Finanztest" die unverschämt hohen Dispozinsen vor allem der kleinen Banken und Sparkassen angeprangert.
642 Angebote aus dem aktuellen Test konnten die Experten der Stiftung Warentest mit den Daten vom Vorjahr vergleichen. Bei knapp der Hälfte dieser Konten lagen die Zinsen auf dem Niveau des Vorjahres. Für immerhin 174 Konten zahlen Kunden niedrigere Zinsen. Das wertet "Finanztest" als kleinen Erfolg nach seiner langjährigen Schelte.
Immer noch haben viele Banken Angst vor Transparenz. Fast 1000 Institute reagierten nicht auf die Anfrage. Für fast die Hälfte von ihnen konnte "Finanztest" aber die Daten im Internet ermitteln. Alle Banken sind in einer Gesamtübersicht im Internet unter www.test.de/pdf-dispozinsen veröffentlicht - auch die, die keine Auskunft gaben und die ihre Konditionen im Netz nicht klar angeben.
Die für die Entwicklung des Dispozinses maßgeblichen Zinssätze des Kapitalmarktes haben sich im Vergleich zur Vorjahresuntersuchung geändert. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Euribor sind leicht gestiegen. Der EZB-Leitzins beeinflusst das Zinsniveau maßgeblich. Denn zu diesem Satz können sich Banken Geld von der EZB leihen. Der Euribor ist der Zins, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen.
Immerhin hat der Anstieg dieser Zinssätze nicht dazu geführt, dass auch die Dispozinsen gestiegen sind. Der seit dem Jahr 2008 stark gewachsene Abstand zum Leitzins der EZB ist aber unverändert hoch - zu hoch.
Durch den großen Abstand zu den Marktzinsen verdienen die Banken am Dispokredit sehr gut. Die Verbraucherzentrale Bremen hat errechnet, dass die deutschen Bankkunden durch überhöhte Überziehungszinsen von Dezember 2008 bis April 2010 um 777 Millionen Euro geschädigt wurden.
Das eigentliche Problem am Dispo ist wohl, dass man gar nichts tun muss, um diesen Kredit zu bekommen. Bankkunden nehmen ihn nicht als Kredit wahr. Für Kunden mit regelmäßigem Einkommen ist das Geld einfach da. Wie viel der Kredit kostet, fällt vielen Kunden nicht auf - zur Freude der Banken.
Tipp von "Finanztest": Der Dispokredit ist meist der teuerste Kredit von einer Bank. Überziehen Sie Ihr Girokonto deshalb nur im Notfall und für kurze Zeit. Wenn Sie langfristig mehr Geld brauchen, sollten Sie über einen Abruf- oder Ratenkredit nachdenken. Die beste Methode, Ihren Ärger über hohe Dispozinsen zu zeigen, ist ein Bankwechsel. Eine Anleitung dazu gibt es im Internet unter www.test.de/kontowechsel.
Das Oktober-Heft von "Finanztest" ist gestern erschienen, es ist im Handel erhältlich und unter www.test.de.