Inkontinenz bei Männern Eine kleine Schlinge kann für Trockenheit sorgen
Ein unfreiwilliger Harnverlust ( Inkontinenz ) bedroht nicht das Leben. Er kann aber die Lebensqualität erheblich einschränken. Millionen Bundesbürger sind betroffen. Viele leiden im Stillen, weil sie aus Schamgefühl nicht darüber mit dem Arzt sprechen. Das gilt insbesondere für Männer. Doch es gibt Hilfsmöglichkeiten.
Magdeburg. Unfreiwilliger Harnverlust ist ein Thema, das leider viele Menschen betrifft. Bei Babys gilt das Einnässen als normal. Sie müssen erst noch lernen, die Blasenentleerung bewusst zu steuern. Inkontinenzstörungen können allerdings auch im fortgeschrittenen Alter auftreten. " Je älter man ist, desto größer ist das Risiko, inkontinent zu werden ", sagt Dr. Uwe-Bernd Liehr, kommissarischer Direktor der Urologischen Uniklinik in Magdeburg. Das gilt für Frauen ebenso wie für Männer. Die Gründe sind jedoch bei beiden Geschlechtern andere.
" Bei Frauen ist die Inkontinenz häufig mit einer Gebärmuttersenkung als Ursache kombiniert ", so Dr. Britta Hosang, Oberärztin an der Universitätsfrauenklinik Magdeburg. " Männer werden nicht selten durch Prostataerkrankungen inkontinent ", ergänzt Dr. Liehr. Manchmal ist das Tragen spezieller Inkontinenzeinlagen notwendig. Sie fangen den Urin auf und verhindern Infektionen und Entzündungen, indem sie den Intimbereich trocken halten. Wenn die medizinische Notwendigkeit vom behandelnden Arzt bestätigt wird, erstatten die Krankenkassen die Inkontinenzeinlagen anteilsmäßig. Je nach Notwendigkeit und Hüftumfang gibt es verschiedene Formen. Die Auswahl sollten Patienten mit dem Arzt oder den Mitarbeitern in Sanitätshäusern und Apotheken besprechen, raten die Mediziner.
Manchmal ist der tägliche Einsatz von Inkontinenzeinlagen aber so groß, dass man nach Alternativen zu Einlagen und Windeln suchen sollte. Gerade bei Männern wird dann oftmals an einen Dauerkatheter gedacht. Dessen Nachteile sind das erhöhte Risiko für aufsteigende Harnwegsinfektionen und Einschränkungen der Mobilität. " Deshalb sollte ein Dauerkatheter nur am Ende aller Therapieversuche als letzte Konsequenz stehen ", meint der Urologe Dr. Liehr.
Wichtig ist es, die Ursache der Inkontinenz und die Schwere der Beeinträchtigung festzustellen. Ursache können beispielsweise neurologische Erkrankungen ( zum Beispiel Demenzen, Parkinson oder die Folgen eines Schlaganfalls ) sein. Bei Männern ist an Veränderungen der Prostata, bei Frauen hingegen an Gebärmuttersenkungen zu denken. Erst wenn eine genaue Diagnostik erfolgte, sollten sich die Ärzte zusammen mit dem Patienten für eine mögliche Therapie entscheiden, rät Dr. Liehr.
Der Harnverlust hat
verschiedene Ursachen
Medizinisch ist zwischen verschiedenen Formen des unfreiwilligen Harnverlustes, zum Beispiel der häufigen Drang- oder Stressinkontinenz, zu unterscheiden.
Bei einer Dranginkontinenz, die meist durch ein krankhaftes Zusammenziehen der Blasenmuskulatur oder Störungen der Blasendehnungsfähigkeit verursacht wird, haben sich ein kontrolliertes Trink- und Toilettenverhalten sowie medikamentöse Therapien bewährt.
Bei einer Stressinkontinenz, die zu einem unfreiwilligen Harnverlust bei Anstrengungen ( zum Beispiel Niesen und Heben ) führt, können eine Beckenbodengymnastik oder operative Maßnahmen helfen. Bei der Beckenbodengymnastik wird die An- und Entspannung der Muskeln trainiert. Zahlreiche Kliniken bieten sie an.
Ist damit keine Hilfe möglich, können Operateure mit einem bioverträglichen Netzband aus Polypropylen die Harnröhre etwas anheben, um den Harnverlust zu senken.
Bei Frauen wird die von Medizinern der schwedischen Universität von Uppsala entwickelte Methode bereits seit einigen Jahrzehnten angewendet.
Mittlerweile kommt sie aber auch bei Männern zum Einsatz – jedoch nicht immer mit dauerhaftem Erfolg. " Männern, die eine sehr ausgeprägte Stressinkontinenz als Folge einer Prostatakrebs-Operation hatten, halfen die bisherigen Bänder leider nicht dauerhaft ", so Dr. Andreas Janitzky von der Urologischen Uniklinik. Das Problem war, dass die kurz nach der OP eingestellten Bänder langfristig nicht zu verändern waren.
Das hat sich auf Grund des medizinischen Fortschritts inzwischen verändert. Neuester Trend sind nachjustierbare Bänder. Innerhalb von zwei Tagen nach der Operation haben die Mediziner die Möglichkeit, die Abdichtung des Urinabgangs zu optimieren. Die Einstellung erfolgt nach Tests, in denen der Patient den unfreiwilligen Harnabgang durch Husten provoziert. Dafür ist keine weitere Operation notwendig. Wenn alles gut verläuft, bleibt der Patient trocken.
Aber auch Nachregulierungen nach Monaten sind mit einem kleinen Engriff möglich – sogar mehrfach, wenn erforderlich. Die nahe Zukunft liegt darin, die Spannung des Bandes später ohne einen offenen Bauchschnitt zu regulieren, zum Beispiel mit magnetischen Reglern.
Aber auch die bislang zur Verfügung stehenden Methoden der Inkontinenztherapie können die Lebensqualität verbessern.