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RS-Virus und Co. Diese Infekte treffen Kinder besonders häufig

Das kindliche Immunsystem braucht Training. Erst der Kontakt mit Erregern verschiedenster Art macht es robust - hier gibt es einiges nachzuholen. Zum Leidwesen der Kleinen und ihrer Eltern.

Von Tom Nebe, dpa Aktualisiert: 07.10.2021, 08:55
Gefühlt läuft das Näschen den ganzen Winter. Gerade im ersten Kitajahr machen Kinder viele Infekte durch.
Gefühlt läuft das Näschen den ganzen Winter. Gerade im ersten Kitajahr machen Kinder viele Infekte durch. Silvia Marks/dpa Themendienst/dpa-tmn/Illustration

Dresden/Berlin - Mütter und Väter wissen: Gerade im Kindergartenalter läuft die Nase der Kleinen gefühlt den ganzen Winter. Manchmal haut es sie richtig um. Mit Husten, hohem Fieber, Ohrenschmerzen, Erbrechen oder Durchfall. Unschön, aber normal.

„Im ersten Kindergartenjahr haben die Kleinen durchaus 10 bis 15 Infekte, die teilweise bis zu vier Wochen dauern können“, sagt der Berliner Kinder- und Jugendarzt Jakob Maske. Doch je länger das Kind die Kita und später die Schule besucht, desto mehr läuft sich diese Anfälligkeit aus. Weil das kindliche Immunsystem immer mehr Erreger kennengelernt hat und deswegen zunehmend robuster auf sie reagiert.

Nur der vergangene Winter war anders. Durch die strengen Corona-Regeln gingen auch andere Infektionen kaum um, die Kinder waren selten krank. Doch es zeigt sich schon jetzt: Die Infekte kommen zurück und die Kinder holen das „Verpasste“ nach - das bedeutet: Sie werden krank, teilweise recht heftig.

Kein Kontakt, keine Immunität

„Das war und ist unsere große Sorge: Dass vor allem kleine Kinder bis zwei Jahre, die relativ wenige Infekte hatten, jetzt davon eingeholt werden“, sagt der Kinder- und Jugendmediziner Professor Reinhard Berner. Aber es betreffe durchaus auch etwas ältere Kinder.

Insbesondere zwei Erreger machen dem Fachmann für Infektionskrankheiten vom Uniklinikum Dresden Sorgen: das RS-Virus und das Influenzavirus. „Diese Infekte werden uns beschäftigen, weil sie sich enorm verbreiten und auf eine Population von Kindern treffen, die einen Winter gar keinen Kontakt damit hatten und deren Immunsystem deshalb keine Immunität aufbauen konnte“, sagt Berner.

Das RS-Virus: Meist harmlos, manchmal gefährlich

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) geht normalerweise in den Monaten kurz vor und nach dem Jahreswechsel um. Doch diesmal ist das anders: Mediziner beobachten schon seit einigen Wochen viele Infektionen mit dem Erreger.

„Der macht erstmal nur harmlose Erkältungsinfekte. Gerade kleinere Kinder mit Vorerkrankungen und Frühgeborene können aber stärker erkranken“, sagt Kinderarzt Maske.

Manchmal müssen die Kinder dann ins Krankenhaus. Bei Reinhard Berner in der Dresdner Klinik lagen in der letzten Septemberwoche nach seinen Angaben mehr als ein Dutzend Kinder mit RSV-Infektion auf der Normalstation, drei Kinder bekamen Beatmung auf der Intensivstation. Berner sagt: „Wir haben innerhalb von wenigen Tagen mehr Kinder mit RS-Virus aufgenommen, als in 18 Monaten Pandemie Kinder mit Covid-19-Erkrankung.“

Wann müssen Eltern sich Sorgen machen? Vor allem, wenn die Kinder Probleme mit dem Atmen haben. „Wenn die Kinder schwere Luftnot haben oder die Atmung die Babys beispielsweise so sehr anstrengt, dass sie nicht mehr richtig trinken“, sagt Berner. Die Kleinen sind häufig durch die Luftnot panisch und sehr unruhig.

Erkältungen: Was hilft?

Doch nicht nur das RS-Virus ist unterwegs. Gerade unter Kindern werden sich viele Erkältungsviren diesen Winter wieder stark ausbreiten, prognostiziert Berner. Den Kleinen hilft es dann vor allem, wenn Eltern ihnen viel Ruhe und vor allem auch zu trinken geben, weil das dazu beiträgt, dass zäher Schleim flüssiger wird und so leichter abgehustet werden kann.

Manchmal helfe Inhalation, um die Bronchien zu erweitern, sagt Berner. Wenn das Husten sehr weh tut, was beispielsweise bei einer RSV-Infektion vorkommt, können dem Kind Schmerzmittel verschrieben werden. Ratsam sei außerdem - wie auch sonst immer - frische Luft.

Fieser Schmerz im Ohr

Als Folge einer Erkältung bekommen Kinder oft eine Mittelohrentzündung. Die ist richtig fies. Oft weinen die Kleinen vor Schmerz. Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen lindern - als Zäpfchen oder Saft verabreicht, in altersgerechter Dosierung.

Abschwellende Nasensprays oder das Hausmittel Zwiebelsäckchen helfen womöglich etwas gegen die Entzündung im Ohr. Diese ist Maske zufolge häufig viral bedingt, in dem Fall helfen keine Antibiotika. Anders ist das, wenn die Entzündung von Bakterien ausgelöst wurde.

Magen-Darm-Probleme bei den Kleinen

Bauchweh, Erbrechen, dünner bis wässriger Stuhl und Fieber können auf eine Magen-Darm-Infektion hindeuten. Sie gehört bei Kinder neben Atemwegserkrankungen zu den häufigsten Infekten und kann sowohl von Viren als auch von Bakterien ausgelöst werden.

Anfangs sollten Eltern ihrem Kind am besten nur Flüssiges geben, ohne Kohlensäure und nicht zu warm. Erbricht es nicht mehr, sind etwa Zwieback oder Suppen als erste Kost empfehlenswert.

Wichtig: Gerade bei Säuglingen ist die Gefahr der Austrocknung durch so eine Infektion hoch. Hier ist immer ärztlicher Rat angebracht.

Influenza-Virus: Die Unbekannte dieses Winters

Mit Blick auf die kalte Jahreszeit stellt sich die Frage: Kommt die Grippewelle? Vergangenen Winter fiel sie aus, auch hier dürften - wie bei der geringen Verbreitung anderer Infektionen - die Corona-Regeln der Hauptgrund gewesen sein.

Ob und wie stark die Welle, die meist Anfang des Jahres losrollt, in dieser Saison ausfällt, lässt sich noch nicht sicher sagen. Doch die Sorge, dass es auch bei der Grippe Nachholeffekte und damit weitaus mehr Fälle geben könnte, sei sehr berechtigt, sagt Reinhard Berner.

Er würde kleinen Kindern vorbeugend eine Impfung empfehlen. „Vor allem im ersten und zweiten Lebensjahr sind schwere Verläufe möglich“, erklärt er. Wenn man die Kindergarten-Altersgruppe bei der Impfung einbezieht, sei das vernünftig. „Da sind die höchsten Zahlen und Krankheitslasten.“

Die Grippeschutzimpfung kann ab einem Alter von sechs Monaten verabreicht werden. Alternativ zur Spritze steht für Kinder zwischen 2 und 17 Jahren auch ein Lebendimpfstoff gegen Influenza zur Verfügung, der als Nasenspray gegeben wird.

Empfohlen wird die Influenza-Impfung von der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Kinder mit bestimmten Grunderkrankungen - das heißt aber nicht, dass sie für gesunde Kinder ausgeschlossen ist. Bei ihnen verläuft eine Influenza in der Regel ohne schwerwiegende Komplikationen, so das Robert Koch-Institut (RKI).