Europas größtes Nagetier Jäger wollen Schutz des Bibers lockern
Als der lange fast völlig verschwundene Biber in Deutschland nach Ansiedlungsprojekten wieder Fuß fasste, war die Freude groß. Einige Jahrzehnte später hat sich der anpassungsfähige Riesennager bundesweit ausgebreitet. Das stößt nicht überall auf Begeisterung.
Berlin (dpa) - Den einst in Deutschland fast ausgerotteten Bibern geht es gut, die Nager sind in vielen Regionen auf dem Vormarsch. Das belegen Zahlen des Deutschen Jagdverbandes (DJV).
So wurde Europas größtes Nagetier in Brandenburg im Jahr 2015 bereits in 41 Prozent der Reviere beobachtet, teilte ein DJV-Sprecher in Berlin mit. Noch 2006 seien es nur 14 Prozent der Reviere gewesen.
Biber sind derzeit streng geschützt und unterliegen nicht dem Jagdrecht. Künftig müsse es möglich sein, flexibler auf positive Bestandsentwicklungen zu reagieren und den Schutzstatus zu senken, forderte der DJV. "Sonst ist die Akzeptanz für den Artenschutz in der Bevölkerung der ländlichen Räume in Gefahr", sagte DJV-Vizepräsident Volker Böhning. "Wenn in Regionen wie Brandenburg der Biber regelmäßig Deiche unterhöhlt und Flutgräben staut, gibt es dort kaum noch Verständnis für den strengen Schutz."
Die Frühjahrskonferenz der Umweltminister von Bund und Ländern habe vergangene Woche im brandenburgischen Bad Saarow den Bibern einen sogenannten günstigen Erhaltungszustand bescheinigt, so DJV-Sprecher Torsten Reinwald. "Die Population kann sich damit aus eigener Kraft erhalten", erklärte er. "Der Biber droht nicht mehr auszusterben."
Zu den Kerngebieten der anpassungsfähigen Baumeister gehört nach den Ergebnissen des Wild-Monitorings der Nordosten Deutschlands. Auch Niedersachsen zählt dazu. Vor allem entlang der Flüsse Elbe, Havel, Spree, Oder, Peene, Recknitz, Elde, Ems und Uecker sowie ihren Nebenarmen fühlen sich die Pelzträger wohl. In Baden-Württemberg sind es Gebiete entlang der Donau und den Ausläufern der Regnitz. Von den großen Flüssen breitet sich der Biber laut DJV ins Umland aus und zeigt dabei wenig Scheu vor dem Menschen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wiederansiedlung der Biber vorangetrieben - in Bayern schon 1966, andere Bundesländer folgten. Bundesweit wird der Bestand heute auch vom WWF auf mindestens 30 000 Tiere geschätzt, rund 20 000 leben allein in Bayern. Dort richten sie hohe Schäden an, fällen Bäume, untergraben Böschungen und setzen Felder unter Wasser. Weit mehr als tausend Biber werden deshalb alljährlich mit Sondergenehmigung der Behörden geschossen. Ein niedrigerer Schutzstatus könnte langfristig eine Bejagung des Bibers erleichtern.
Zu den Biberhochburgen gehört auch Baden-Württemberg mit etwa 3500 Tieren. "In Brandenburg leben derzeit 3000 bis 3500 Biber", sagte Christiane Schröder, Geschäftsführerin des dortigen Nabu-Landesverbands. In Sachsen-Anhalt seien es ähnlich viele. Der Bauernbund Brandenburg fordert schon länger, die Biber zur Jagd freizugeben. Der Verband spricht von einer Plage und beklagt Schäden in Millionenhöhe. Seit Mai 2015 ist dort der Abschuss in begründeten Fälle erlaubt. "Die Sicherheit des Menschen geht natürlich vor", sagte Schröder. "Wenn es größere Schäden etwa in Wäldern oder beim Hochwasserschutz gibt, muss man eingreifen. Auch an Bahndämmen hat der Biber nichts zu suchen", sagte sie. "Wo immer möglich, sollten aber Präventionsmaßnahmen durchgeführt werden, um ein konfliktarmes Miteinander zu erreichen."
Im Saarland wurden die Nager 2015 laut DJV bereits in gut einem Drittel der Reviere (35 Prozent) gesichtet, gefolgt von Sachsen-Anhalt (33 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (22 Prozent) und Baden-Württemberg (21 Prozent). Für das vom DJV betreute Wildtier-Informationssystem der Länder (WILD) wurden Angaben aus rund 24 000 Revieren ausgewertet, das sind etwa 40 Prozent der Fläche Deutschlands. Der Landesjagdverband Bayern war nicht beteiligt. "Wir haben den Biber fast in jedem Gewässer", sagte Verbandssprecher Thomas Schreder. "Damit finden sich die Tiere abgesehen vom Hochgebirge flächendeckend in den Revieren Bayerns". In den vergangenen fünf Jahren hätten die Schadensmeldungen zugenommen.