Beziehungstipp Neues zulassen: So meistern Paare Veränderungen
Verändert sich der Partner nach einem einschneidenden Erlebnis, ist das für die Beziehung eine Herausforderung. Denn für den anderen bedeutet das oft: Die Person ist nicht mehr der Mensch, in den er sich verliebt hat. Wie lässt sich das positiv nutzen?
Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Ein neuer Job, der Verlust eines Angehörigen, eine Krankheit oder ein Unfall – manche Ereignisse im Leben verändern einen Menschen gravierend. Das wirkt sich oft auch auf seine Beziehung aus, erklärt die Paartherapeutin Sylvia Mosler.
"Wer sich für einen anderen Menschen als Partner entscheidet, tut das, weil der andere mit seinen Eigenschaften bestimmte Bedürfnisse erfüllt", sagt Mosler. Verändert sich der Partner, kann es sein, dass die Bedürfnisse nicht mehr erfüllt werden.
War der Andere beispielsweise immer besonders selbstbewusst und hat so ein Gefühl von Sicherheit gegeben, ist es eine große Umstellung, wenn er durch eine Krankheit geschwächt oder durch einen Jobverlust verunsichert wird und plötzlich weniger Stärke ausstrahlt. "Das Beziehungsgefüge, wie man es kannte, kommt dann ins Ungleichgewicht", sagt Mosler.
Eine solche Veränderung zu meistern – das ist eine Herausforderung für jedes Paar, meint Dana Urban, Sozialpädagogin bei der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Trotzdem ist es wichtig, dem Partner zuzugestehen sich zu verändern: "Jeder entwickelt und verändert sich im Laufe des Lebens und auch innerhalb einer Beziehung." Dabei sollte man versuchen, daran teilzunehmen, was der Partner erlebt: "Um eine Beziehung zu erhalten, sollte man sich Zeit nehmen, dem Partner offen gegenübertreten und immer wieder nachfragen, was dem anderen durch den Kopf geht, was ihn beschäftigt, ihm Sorge oder Freude bereitet."
Auch, wenn der Partner beispielsweise im neuen Job gestresst oder nach einem Verlust niedergeschlagen ist, sollte die Botschaft lauten: "Ich nehme eine Veränderung wahr, und ich will dich bei dem, was dich beschäftigt, verstehen und unterstützen." Gleichzeitig sei es wichtig zu akzeptieren, wenn der andere nach einem einschneidenden Erlebnis erstmal Zeit für sich braucht um das Erlebte sacken zu lassen, sagt Urban. "Als Partner kann man ein offenes Ohr und seine Unterstützung immer wieder anbieten – aber eben nicht aufzwingen."
Wenn sich zwei Menschen in einer Beziehung unterschiedlich entwickeln, kann es hilfreich sein, eine gemeinsame Basis beizubehalten, empfiehlt Urban: "Ein geteiltes Hobby oder eine regelmäßige gemeinsame Unternehmung erhalten die Nähe zum Partner und schaffen eine gewisse Kontinuität."
Veränderungen sind generell nichts Negatives, meint der Psychologe Marcus Rautenberg. Wer das Gefühl hat, in der Partnerschaft laufe etwas anders als vorher, sollte sich zunächst fragen, welche Erwartungen er an den Partner hat und ob diese Erwartungen noch erfüllt werden. "Wenn der Partner zum Beispiel weniger Herzlichkeit zeigt und auch Zuhause eine Führungsposition einnimmt, seit er befördert wurde, dann muss ich mich fragen, ob mein Bedürfnis nach Herzlichkeit noch erfüllt wird", sagt Rautenberg. Ist das nicht der Fall, sollte man den Partner unbedingt darauf ansprechen.
Dabei wirft man dem anderen besser nicht vor, nicht mehr "der Alte" zu sein, warnt Rautenberg. Stattdessen gilt es, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche neutral mitzuteilen. "Es geht nicht darum, sofort auszuführen, was sich der Gegenüber wünscht. Aber wer merkt, dass der Partner die eigenen Bedürfnisse nicht mehr erfüllt, kommt irgendwann zu dem Punkt, an dem er sagt: "Ich möchte die Beziehung retten – oder nicht."" Haben beide das gemeinsame Ziel, die Beziehung aufrechtzuerhalten, ist es oft gut, sich Hilfe bei einem neutralen Vermittler zu suchen - etwa bei einem Freund oder einem Therapeuten.
"Die beste Chance so eine Veränderung zu bewältigen, hat ein Paar, wenn in der Beziehung ohnehin eine offene Gesprächskultur gepflegt wird", sagt Paartherapeutin Mosler. "Dann fällt es leichter, auch unangenehme Dinge anzusprechen." Deshalb ist es gut, immer im Gespräch zu bleiben – auch in Zeiten, in denen es beiden gut geht. Der Punkt, an dem man sich für oder gegen die Partnerschaft entscheiden muss, sei erreicht, wenn das Positive in der Beziehung nicht mehr dauerhaft überwiegt, meint Mosler. "Natürlich darf es Durststrecken geben, in denen man zurückstecken muss. Aber diese Zeiten sollten begrenzt sein."
Trotzdem gilt: "Für die Paargeschichte kann eine solche Phase etwas Positives sein", sagt die Therapeutin. Denn eine Krise gemeinsam zu überwinden, ist eine Erfahrung, auf die ein Paar stolz zurückblickt und eine Ressource, aus der ein Paar in der Zukunft Kraft schöpfen kann.