Volksstimme-Telefonforum Private Vorsorge für Berufsunfähigkeit ist für junge Menschen dringend nötig
Auskunft zur Berufsunfähigkeit gaben gestern am Volksstimme-Telefon Jutta Noack
und Udo Plum von der
Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft, Stephan Gelhausen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sowie Cathrin Prinzke von der Deutschen
Rentenversicherung Mitteldeutschland. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Frage : Wann habe ich überhaupt Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ?
Antwort : Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn Sie insgesamt fünf Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben und in den letzten fünf Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben. Medizinisch muss festgestellt werden, ob eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gezahlt wird.
Frage : Ich überlege, eine private Berufsunfähigkeits-Versicherung abzuschließen und habe dabei gemerkt, dass der Beitrag mit der Rentenhöhe steigt. Was empfehlen Sie, wie hoch die Rente sein sollte ?
Antwort : Die Monatsrente sollte in jedem Fall ausreichen, all Ihre fixen Kosten zu decken. Es gibt eine Faustformel : Rund zwei Drittel Ihres Nettoverdienstes sollten mit einer Berufsunfähigkeits-Rente abgesichert werden. Wichtig bei der Entscheidung über die Rentenhöhe ist natürlich auch Ihre finanzielle Belastbarkeit. Unabhängig davon sollten Sie vor Festlegung einer Rentenhöhe an Hand der Renteninformation Ihres gesetzlichen Versicherungsträgers prüfen, wie hoch Ihre Ansprüche bei Erwerbsminderung sind.
Frage : Ich bekomme seit meinem Arbeitsunfall Geld über die Krankenkasse. Was passiert, wenn die sechs Wochen vorüber sind und ich noch krank geschrieben bin ?
Antwort : Nach einem Arbeits- oder Wegeunfall haben Sie Anspruch auf das Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft. Sie erhalten das Verletztengeld nach der sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber und solange Sie nach dem Arbeitsoder Wegeunfall arbeitsunfähig sind. Das Verletztengeld ist sozusagen das Krankengeld der Berufsgenossenschaften und wird über die Krankenkassen ausgezahlt – ebenfalls maximal 78 Wochen. Es beträgt 80 Prozent Ihres entgangenen regelmäßigen Bruttoentgelts einschließlich anteiliger Einmalzahlung. Das Verletztengeld darf nicht höher sein als Ihr regelmäßiges Netto. Abgezogen davon werden noch die Beitragsanteile zur Rentenund Arbeitslosenversicherung.
Frage : Ich habe jetzt Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente gestellt. Gibt es darauf Abschläge ? Entfallen diese, wenn ich dann später mit 65 Altersrente bekomme ?
Antwort : Nein. Zunächst : Wenn Sie vor Vollendung des 63. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente erhalten, müssen Sie Abschläge hinnehmen. Das sind für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme 0, 3 Prozent – maximal aber 10, 8 Prozent. Beginnt Ihre Rente nach Vollendung des 63. Lebensjahres, ist sie abschlagsfrei. Unabhängig davon gilt dann auch für eine sich anschließende Altersrente : " einmal Abschlag – immer Abschlag ". Das heißt, die Abzüge bleiben lebenslang bestehen.
Frage : Ich beziehe demnächst eine Verletztenrente der Berufsgenossenschaft. Wird diese mir auch noch gezahlt, wenn ich in ein paar Jahren Altersrente beziehe ?
Antwort : Nach derzeitiger Rechtslage werden Verletztenrenten der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen lebenslang gewährt. Wenn Sie Altersrente bekommen, beziehen Sie die Leistung der Berufsgenossenschaft unvermindert weiter. Allerdings wird die Verletztenrente auf die Altersrente angerechnet. Das heißt, die Altersrente fällt dann in der Regel unter Berücksichtigung von Freibeträgen geringer aus. Jedoch ist die kombinierte Summe beider Renten trotz Anrechnung immer noch höher als die Zahlung beim Bezug von nur einer Rente.
Frage : Ich wurde 2006 arbeitslos, im Anschluss daran habe ich Arbeitslosengeld II bezogen. Stimmt es, dass ich dadurch meinen Anspruch auf Erwerbsminderungs-Rente
verloren habe ?
Antwort : Nein, das stimmt nicht. Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente besteht generell, wenn Sie mindestens fünf Jahre versichert waren und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung wenigstens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben. Das war bei Ihnen durchgehend der Fall. Denn bereits für den Bezug von Arbeitslosengeld wurden für Sie Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt. Das Arbeitsamt überweist für Hartz-IV-Empfänger pauschal einen Beitrag zur Rentenversicherung. Diese Zahlung gilt als Pflichtbeitrag.
Frage : Ich bin angestellter Maurermeister und kann aus gesundheitlichen Gründen in meinem Beruf nicht mehr weiterarbeiten. Wie komme ich an die Rente aus meinem privaten Versicherungsvertrag ?
Antwort : Wenden Sie sich an Ihren Versicherer und fordern Sie einen Leistungsantrag an. Reichen Sie mit dem ausgefüllten Antrag auch die Unterlagen und die Beurteilung Ihres Facharztes ein. Generell gilt : Private Versicherer zahlen eine private Berufsunfähigkeitsrente, wenn Sie zu mindestens 50 Prozent voraussichtlich für die Dauer von wenigstens sechs Monaten berufsunfähig sind.
Antwort : Ja, das ist möglich, hängt aber vom Einzelfall ab. Es gibt einen Berufskrankheiten-Katalog, in dem alle Krankheiten aufgeführt sind, die der Gesetzgeber als Berufskrankheit anerkennt. Bei Ihnen könnte es sich um eine Berufskrankheit handeln, wenn die Beschwerden ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit, etwa auf jahrelanges schweres Heben und Tragen, zurückgehen. Die Berufsgenossenschaft muss das an Hand medizinischer Gutachten prüfen.
Frage : Wann gilt man für einen Privatversicherer als berufsunfähig ? Gibt es eine Liste, aus der hervorgeht, wann man bei welcher Krankheit nicht mehr arbeiten kann ?
Antwort : Nein, eine solche Liste existiert nicht. Im Gegenteil – jede Gesellschaft verfügt über eigene medizinische Fachabteilungen, die Krankheiten durchaus unterschiedlich bewerten. Bei den privaten Versicherern gilt jedoch meistens : Wer zu mehr als 50 Prozent seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit voraussichtlich wenigstens sechs Monate nicht mehr nachgehen kann, erhält eine private Berufsunfähigkeitsrente. Ob das der Fall ist, wird individuell ermittelt.
Frage : Ich hatte vor eineinhalb Jahren einen Freizeit-Unfall und kann jetzt nicht mehr richtig laufen, komme nicht einmal zu meiner Arbeitsstelle. Wie geht es für mich weiter ?
Antwort : Zunächst ist zu prüfen, ob durch Rehabilitationsmaßnahmen beziehungsweise durch Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Erwerbsfähigkeit wieder hergestellt werden kann. Können Sie überhaupt nicht mehr berufstätig sein, dann haben Sie, sofern die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen erfüllt sind, einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Frage : Ich bin Jahrgang 1954 und war jetzt 15 Jahre selbstständig, davor Arbeitnehmer. Ich kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterarbeiten. Wann bekomme ich eine gesetzliche Rente ?
Antwort : Wenn Sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor Krankheitsbeginn keine 36 Monate lang Pflichtbeiträge gezahlt haben, besteht für Sie kein Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Es sei denn, Sie haben sich vor 15 Jahren auf Antrag pflichtversichert oder freiwillig Beiträge weitergezahlt. Andernfalls bekommen Sie eine gesetzliche Rente frühestens mit 65 Jahren und acht Monaten. Kostenlose Beratungen für Selbständige bieten die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung an.
Frage : Mein Sohn ist 34 und psychisch krank. Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt er nicht. Gibt es Alternativen ?
Antwort : Sie können sich nach einer privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherung erkundigen. Das ist eine Absicherung für den Fall, dass er überhaupt nicht mehr arbeiten kann. Bei dieser Police sind die Gesundheitsfragen nicht ganz so streng wie bei einer BU-Police. Möglich wäre auch eine Grundfähigkeitenversicherung, die dann eintritt, wenn er Fähigkeiten wie Hören oder Sehen einbüßt. Der Abschluss einer sogenannten Dread-Disease-Police ist auch möglich. Damit werden bestimmte, genau definierte, schwere Erkrankungen wie Krebs oder Multiple Sklerose abgesichert.
Frage : Ich bin Kassiererin, habe Probleme mit der Halswirbelsäule. Kann das eine Berufskrankheit sein ?
Antwort : Nein. Berufskrankheiten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit und sind im Berufskrankheiten-Katalog vom Gesetzgeber definiert. Als Berufskrankheit sind Wirbelsäulenbeschwerden anerkannt, wenn über viele Jahre hinweg schwere Lasten auf den Schultern transportiert wurden oder schwere Lasten gehoben oder getragen wurden. Ihre Beschwerden sind nicht ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit, sondern auch auf Abnutzungserscheinungen zurückzuführen.
Frage : Kann ich einen Vertrag für die " Riester-Rente " mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung verbinden ?
Antwort : Das ist nur sehr eingeschränkt möglich. Denn der Gesetzgeber lässt nur 15 Prozent der Beitragssumme für eine geförderte Anlage als Zusatzversicherungen zu. Eine Extra-Versicherung ist zu empfehlen – entweder als eigenständige BU-Police oder mit einer Risiko-Lebensversicherung.