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Glas halbvoll So gewinnen Pessimisten mehr Zuversicht

Pessimisten richten den Blick auf alles, was schief gehen kann. Doch sie können lernen, sich optimistische Gedanken und damit das Leben leichter zu machen.

Von Sabine Maurer, dpa 26.01.2018, 09:52

Marburg (dpa/tmn) - Schon die Definition im Duden klingt traurig. "Lebensauffassung von Menschen, die alles von der schlechten Seite betrachten", heißt es dort unter dem Stichwort Pessimismus. Besonders glücklich wirken Menschen mit einer solchen Einstellung tatsächlich nicht. 

Pessimisten trauen sich nur wenig zu, hadern lange mit Niederlagen. Das macht das Dasein zwar scheinbar sicherer, doch auch deutlich schwerer. Denn Pessimisten befinden sich in einer verhängnisvollen Spirale. Weil sie sich wenig zutrauen, haben sie eher schlechtere Jobs und unbefriedigende Beziehungen. Das macht sie noch unzufriedener und bestätigt sie letztlich in ihrer trostlosen Auffassung vom Leben. "Hinzu kommt, dass sie auch für körperliche Krankheiten anfällig sind", erklärt der Psychologe Hans Onno Röttgers aus Marburg.

Allerdings ist die Unterteilung in Optimisten und Pessimisten nicht ganz einfach. Man müsse sich am besten eine Skala vorstellen, rät Röttgers. Auf der einen Seite ist die Depression, auf der anderen zum Beispiel die Manie - solche Menschen kennen überhaupt keine realistischen Grenzen mehr. Beide Extreme sind krankhaft. Gesunde Menschen bewegen sich im mittleren Bereich der Skala, und zwar je nach Persönlichkeit im optimistischen oder pessimistischen Bereich.

Fachleute sind sich einig, dass der Pessimismus nur sehr wenige Vorteile hat. "Sie sind vorsichtiger, bereiten sich besser auf mögliche Gefahren vor oder meiden diese von vornherein", erklärt der Diplom-Psychologe Rolf Merkle aus Mannheim. Allerdings bringen sich Pessimisten damit auch um die Vorfreude. Die Nachteile dieser Lebensanschauung überwiegen also bei weitem.

Aber warum gibt es überhaupt Menschen, die mit einer negativen Einstellung durchs Leben gehen? Die Gründe sind vielfältig und zum Teil komplex. Es gibt Studien, nach denen eine Veranlagung zum Pessimismus vererbbar sein könnte. "Aber ganz entscheidend sind natürlich die Lebenserfahrungen in der frühen Kindheit", sagt Röttgers. 

Ein wichtiger Begriff ist hier die erlernte Hilflosigkeit. Das Kind erfährt, dass es keinen Einfluss hat. Bei Erwachsenen sitzen solche prägenden Erfahrungen aus der Kindheit tief. Auch übertriebene Warnungen der Eltern oder anderer Bezugspersonen vor möglichen Gefahren des Lebens bleiben haften. 

Doch jeder Mensch ist in jedem Alter lernfähig - und Optimismus kann gelernt werden. "Gut ist es, in seine Gedankenwelt erstmal Neutralität reinzubringen", rät Coach und Achtsamkeitslehrerin Elke Nürnberger aus Altdorf. Es hilft auch sehr, in der Gegenwart zu leben - also sich nicht Horrorszenarien für die Zukunft auszumalen oder schlechte Erlebnisse immer wieder im Kopfkino zu wiederholen.

Wer in der Gegenwart lebt und sich immer mal wieder fragt: "Wie ist jetzt gerade, in diesem Moment, meine Situation?" wird oft zu der Antwort kommen: "Gut." Zudem hilft es, bei beängstigenden Gedanken an die Zukunft auch immer an das Gegenteil zu denken.

Eine weitere gute Möglichkeit ist es, sich Verhaltensweisen von Optimisten abzuschauen. Diese sind zum Beispiel gut darin, mit Niederlagen umzugehen. Solche haken sie schnell ab. Ihre Erfolge würdigen sie dagegen ausgiebig. "Sie denken, dass sie das gut gemacht haben", erklärt Röttgers.

Außerdem sollten pessimistisch veranlagte Menschen die Gesellschaft von Pessimisten besser meiden. Denn sie bestätigen sich gegenseitig in ihrem Denken, das macht Änderungen der Sichtweise unnötig schwer.