Wildunfall Was passiert mit totgefahrenem Wild?
Unfallwild darf sich der Jäger aneignen, aber nicht an Dritte abgeben. Wildbret kann er direkt vermarkten oder an den Einzelhandel liefern.
Haldensleben l Beinahe täglich lese sie in der Zeitung von Wildunfällen, doch wo bekomme sie Wildbret zu kaufen? Eine Leserin aus Haldensleben (Landkreis Börde) würde gern einmal einen Rehbraten schmoren, hat aber keine Bezugsquelle für das Fleisch. „Was geschieht eigentlich mit den Waldtieren, die auf Straßen totgefahren werden?“, wollte sie vom Leserobmann wissen.
Sofern es sich bei den Unfallopfern um Tiere handele, die dem Jagdrecht unterliegen, könne sich der zuständige Jäger das jeweilige Tier aneignen, so die Auskunft aus Sachsen-Anhalts Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie. Der Jäger könne das verunglückte Wild zwar für sich behalten, dürfe das Fleisch aber nicht in den Verkehr bringen. „Sogenanntes Unfallwild darf nicht an Dritte abgegeben werden“, betont Ministeriumssprecherin Sabine Iwanowski. In der Regel werde es durch den Jäger von der Straße geborgen und in seinem angrenzenden Jagdrevier vergraben. Nimmt ein Jäger sein Aneignungsrecht nicht wahr – es besteht keine Aneignungspflicht, liegt die Entsorgung in der Verantwortung des Straßenbaulastträgers.
Der Statistik zufolge wurden im Jagdjahr 2015/2016 (1. April 2015 bis 31. April 2016) bei Verkehrsunfällen in Sachsen-Anhalt knapp 6000 Rehe, 1140 Wildschweine, 188 zum Damwild und 85 zum Rotwild gehörende Tiere, 1257 Hasen und fast 2000 Füchse, aber auch weit über 800 Dachse, ebenso viele Waschbären, 270 Marderhunde und 114 Nutria getötet. Hinzu kommen als Opfer des Straßenverkehrs weitere Wildarten mit einem nur geringen Anteil an Unfallwild, wie ein Luchs im Landkreis Harz.
Ganz andere Größenordnungen weist die Statistik für die nach jagdrechtlichen Vorschriften erlegten Tiere auf. Beim Schalenwild hatten Sachsen-Anhalts Jäger im Jagdjahr 2015/2016 (aktuellere Zahlen liegen erst zum 1. Juni 2017 vor) fast 96.000 Stück Schalenwild erlegt, darunter mehr als 50.000 Rehe, fast 34.000 Wildschweine, 5769 Stück Rot-, 4819 Stück Dam- sowie 595 Stück Muffelwild. Das Fleisch erlegter Tiere, das sogenannte Wildbret, kann grundsätzlich jeder Jäger direkt vermarkten oder an den Einzelhandel abgeben. Rechtliche Voraussetzung dafür ist, dass er sich ausreichend auskennt mit Körperbau, Lebensfunktionen, normalem und abnormem Verhalten, krankhaften Veränderungen des Wildes sowie den hygienischen Anforderungen im Umgang mit Wild. Bei Waidleuten, die nach dem 1. Februar 1987 die Jägerprüfung nach dem Bundesjagdgesetz bestanden, wird vermutet, dass sie in diesem Sinne ausreichend geschult sind.
Von Jägern, die Wild an zugelassene Verarbeitungsbetriebe abgeben, wird zudem die Qualifikation als „kundige Person“ nach EU-Vorschrift verlangt. Eine solche „kundige Person“ führt die Erstuntersuchung des Tierkörpers und der Eingeweide durch und dokumentiert diese. Bei unauffälligem Befund ersetzt dies die tierärztliche Untersuchung. Fleisch von Wildschweinen, Dachsen, Nutria und anderen Tieren, die Träger von Trichinen sein können, darf jedoch erst an Verbraucher oder den Handel abgegeben werden, wenn es amtlich auf Trichinen untersucht wurde.
Ebenso ist es verboten, Wild unausgeweidet an Verbraucher abzugeben, betont Sabine Iwanowski. Die Anzahl der in Sachsen-Anhalt erlegten Tiere dürfte zur Erhaltung gesunder Wildtierpopulationen zunächst ausreichend sein, schätzt sie ein. Ausschlaggebend für die Regulierung der Wildtierpopulationen sei die Forderung des Bundesjagdgesetzes, „den Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben“.
Bei der Umsetzung dieser und der Forderung des Landeswaldgesetzes, dass die natürliche Verjüngung des Waldes sowie die Entwicklung einer typischen Bodenvegetation ohne Zaunschutz gegen Wildschäden möglich sein soll, gebe es „regional zum Teil noch Defizite“.