Rathaus "Hülle ohne Leben"

Welche Zukunft hat das Burger Rathaus? Die Diskussion um das historische, um 1224 erstmals erwähnte Gebäude ist neu entfacht.

Von Mario Kraus 23.09.2015, 13:00

Burg l „Ich bin (…) für Vorschläge aus der Bevölkerung offen und denke, der Stadtrat ist es ebenfalls“, schrieb Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD) als Antwort auf Facebook, nachdem die Diskussion um einen möglichen Verkauf mit Wiedererwerb des ehrwürdigen Gebäudes im Netz kurzzeitig entbrannt war. Wenig später wurde ein entsprechender Beschlussvorschlag, der solch eine Option prüfen sollte, vor dem Hauptausschuss wieder zurückgezogen. Auch deshalb, weil es dafür wohl keine deutliche Mehrheit im Stadtrat gegeben hätte. „Wenn wir über die Zukunft des Rathauses entscheiden, bedarf es aber eines deutlichen Votums. Dazu ist solch ein Beschluss zu wichtig“, begründete Rehbaum anschließend.

Hinter verschlossenen Türen sollte nämlich darüber befunden werden, das Rathaus zum höchsten Gebot zu veräußern – mit der vertraglichen Regelung, dass ein Dritter das Haus saniert, drei separate Büroeinheiten für andere Nutzer bereitstellt, die Stadt sich wiederum einmietet und zu einem vorab festgelegten Zeitpunkt und Preis das Rathaus wieder zurückkauft. „Das ist zugegeben ungewöhnlich, aber machbar. Und Bestandteil des Konsolidierungsprogramms“, versichert Rehbaum. „Denn der Sanierungsaufwand des Rathauses wird mit jedem Monat größer und die Stadt hat weder heute noch in naher Zukunft die Mittel, um gegenzusteuern und das Gebäude aus eigener Kraft vollends nutzbar zu machen.“ Dazu zählen auch notwendige Arbeiten für den Brandschutz und eine behindertengerechte Nutzung.

Fest steht: Seinem Namen gerecht wird das Haus außer für Eheschließungen schon lange nicht mehr: Sitzungen des Stadtrates und der Ausschüsse werden in der Stadthalle und Alten Kaserne abgehalten, die Fraktionen beraten oft woanders. Lediglich einige repräsentative Empfänge oder Veranstaltungen werden dort noch durchgeführt. Und nach der Landesgartenschau soll auch das Standesamt in die Alte Kaserne ziehen. Im Grunde verwaist das Haus, weil notwendige bauliche Auflagen nicht erfüllt sind. Für den Stadtchef steht außer Frage: „Wenn wir das Rathaus eines Tages wieder voll nutzen wollen, und das ist unser Ziel, müssen wir auch neue Wege gehen, um dieses Ziel zu erreichen.“ Risiken birge allerdings auch dieses Modell. Beispielsweise, dass die Kommune das vereinbarte Geld zum Zeitpunkt des Rückkaufes nicht bereitstellen könnte. Dennoch sei die Verkaufs-Variante mit Festlegung von Kaufpreis, Mietzins und Rückkaufwert tragfähig und kalkulierbar.

Unterstützung leistet dabei die SPD-Fraktion. Für den Vorsitzenden Heiko Jerkowski ist das Haus derzeit „eine Hülle, die nicht mehr lebt“. Mit dem nun zurückgezogenen Beschluss sollte noch nicht endgültig der Verkauf besiegelt werden, sondern die Möglichkeit, Angebote einzuholen. „Zumal es Interessenten gibt.“ Die CDU/FDP/BFW-Fraktion will das Thema noch einmal tiefer erörtern. Vize-Fraktionschef Clemens Engel regte während der Hauptausschusssitzung einen gemeinsamen Lokaltermin im Rathaus an, um die Schäden unter die Lupe zu nehmen und dann noch einmal in die Diskussion einzusteigen. Eine Veräußerung dieses prägenden Stadtgebäudes sehen viele Fraktionsmitglieder skeptisch.

Ähnlich sehen das die Linken. Fraktionschefin Kerstin Auerbach fordert Alternativmöglichkeiten zum Verkauf. „Das Gebäude müsse in städtischer Hand bleiben.“ Noch drastischer sieht das die Fraktion Erben/Dr. Wolffgang: „Ein Verkauf ist undenkbar. Wie kann man nur so blauäugig sein?“, fragte Reinbern Erben. „Dass aber über Nutzungsmöglichkeiten grundsätzlich geredet werden muss, ist unstrittig.“ Ins gleiche Horn stoßen die Freien Wähler-Endert: „Die Stadt hätte schon vor zehn Jahren erste Sanierungen und Investitionen tätigen müssen. Das ist versäumt worden. Reden müssen wir trotzdem über alle Varianten.“

Tatsächlich wird in den Gremien des Stadtrates schon seit Jahren über Sanierungsmöglichkeiten geredet. In Form einer großen Lösung wurde der finanzielle Aufwand mit etwa 900 000 Euro beziffert. Vorgesehen waren dabei notwendige Arbeiten in puncto Fahrstuhl, Brandschutz, Sockel-Trockenlegung, Fassade und Dachaufbau. Auch eine kleinere Lösung wurde vorgestellt. Die könnte aber lediglich den weiteren Verfall aufhalten und sieht Investitionen bei der Trockenlegung, den Dacharbeiten, bei der Fassade und Sockel vor. Eine andere Nutzung als bisher wäre damit nicht verbunden.