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Religion im Jerichower Land Neue Pfarrerin in Biederitz bringt Bewegung in die Kirche

Mit Henrike Kant zieht viel Lebenserfahrung in das Pfarrhaus ein. Die Pfarrerstochter erzählt von ihrem Beruf, ihrer Herkunft und einer Reise nach Palästina.

Von Raphael Irmer Aktualisiert: 17.07.2023, 18:18
Die neue Pfarrerin Henrike Kant (33) vor der Evangelischen Kirche in Biederitz. Die Gottesdienste finden hier unter ihrer Leitung regelmäßig alle zwei Wochen statt.
Die neue Pfarrerin Henrike Kant (33) vor der Evangelischen Kirche in Biederitz. Die Gottesdienste finden hier unter ihrer Leitung regelmäßig alle zwei Wochen statt. Foto: Raphael Irmer

Biederitz - Mit einem herzlichen Lächeln öffnet sie die Türe des evangelischen Pfarrhauses in Biederitz: die neue Pfarrerin Henrike Kant. Die 33-Jährige ist die Nachfolgerin des ehemaligen Pfarrers Johannes Henke. Das Pfarrhaus, das zuvor seit über elf Monaten verwaist gewesen war, ist mit ihr nun wieder bewohnt.

Anfang April 2022 wurde sie in der Biederitzer Mehrzweckhalle begrüßt und eingesegnet. Zahlreiche Kirchenmitglieder, Ortsbürgermeister und Gäste waren damals zu dem Begrüßungsgottesdienst nach Biederitz gekommen. In der Volksstimme wurde sie seit dem noch gar nicht richtig vorgestellt. Zeit, das zu ändern.

Neugierde, Offenheit und Geduld wichtig

Den Beruf Pfarrerin habe Kant aus der „Freude an den Gestaltungsmöglichkeiten in einer Gemeinde“ gewählt: „Mir ist es ein Anliegen, den Glauben zu leben, ihm in meinem Alltag Raum zu geben und anderen zu ermöglichen, dafür Raum zu haben“, sagt sie. Der Glaube, so Kant, durchziehe ihr Leben. Er sei wie eine grundlegende Lebenshaltung.

Als Pfarrerin übernimmt sie die geistliche Gemeindeleitung für den zuständigen Pfarrbereich. In den dazugehörigen acht Gemeinden hält sie regelmäßig Gottesdienste, alle zwei Wochen in der Evangelischen Kirche von Biederitz. Aber das ist nicht ihre einzige Aufgabe. Sie organisiert regelmäßig Treffen der Konfirmanden, führt Tauf- und Traugespräche oder macht Aussegnungen und Beisetzungen. Das ganze existenzielle Spektrum des menschlichen Lebens – von der Geburt bis zum Tode.

„Für diese Arbeit braucht man vor allem Neugierde, Offenheit und Geduld“, erzählt Kant. Die besten Voraussetzungen dafür bringt die 33-Jährige selbst aus ihrer Kindheit mit. Henrike Kant ist nämlich als Kind von Pfarrern aufgewachsen. In Röcken (Burgenlandkreis) und Wernigerode (Harz) waren ihre Eltern Pfarrer. Sie ist mit ihren Schwestern „mitten im Gemeindeleben“ aufgewachsen.

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Schon zu Schulzeiten als Jugendliche sei in ihr dann der Wunsch aufgekommen, ebenfalls eine Pfarrerin zu werden. Bevor sie sich dem inneren geistlichen Leben widmen sollte, ging es nach dem Abitur erst noch einmal raus in die Welt. Sie bereiste über 20 Länder: „Am aufregendsten waren, neben Palästina, die Reisen auf den anderen Kontinenten. Argentinien und Bolivien. Tansania, Togo, Tunesien. Aber inzwischen hat mich auch ein bisschen die Flugscham erwischt“, sagt sie.

Zeit in Palästina bleibt unvergesslich

Die Zeit in Palästina ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Bei meinem Freiwilligen Sozialen Jahr in Palästina war ich in einer Schule mit angeschlossenem Mädcheninternat plus Gästehaus. Das Interessante da war, dass man dort Jungs und Mädchen gemischt unterrichtete, und außerdem Muslime und Christen gemeinsam.“ Jüdische Kinder hätten natürlich auch kommen können, so Kant, aber dann hätten die jeden Morgen durch den Checkpoint rüber in das Westjordanland gemusst, erklärt die Pfarrerin.

An der Schule hat sie eine 7. Klasse, die sich auf das deutsche Abitur vorbereitete, in Deutsch unterrichtet. Und sie hat auch im Gästehaus mitgeholfen: „Ich erinnere mich gut daran. Ich habe im Service mitgeholfen, aber auch viele interessante Menschen kennengelernt. Es gab vor allem palästinensische, israelische, deutsche und englische Gäste“, erzählt sie.

Anschließend studierte sie Theologie in Leipzig und dann in Halle. In den Jahren hat sie Latein, Altgriechisch sowie Althebräisch gelernt. Aber nur das Übersetzen: „Das sind ja alles tote Sprachen“, kommentiert sie. „Am leichtesten fiel mir Hebräisch, weil ich ja kurz vorher Arabisch in Palästina gelernt und gesprochen hatte“, fügt sie hinzu.

Ihr Vikariat absolvierte die 33-Jährige bei der Domgemeinde in Magdeburg, 2021 legte sie ihr zweites Examen ab. Im Mai 2022 wurde sie im Dom zu Magdeburg durch den Landesbischof Friedrich Kramer zur Pfarrerin ordiniert. In dieser Zeit seien auch ihre ersten Kontakte nach Biederitz zustande gekommen.

Wer sie noch nicht kennt und einen Eindruck von ihr bekommen möchte, kann sich auch vergangene Youtube-Beiträge des „Offenen Kanal Magdeburg“ ansehen. Dort war sie im Rahmen ihrer Gottesdienste mehrmals zu Gast. Henrike Kant ist aber nicht immer Pfarrerin, sondern manchmal auch einfach nur „Mensch“, geht Bouldern, liest Bücher von Juli Zeh, besucht Poetry Slams oder radelt in Magdeburg der Elbe entlang.