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Gottesdienst Eine Tankstelle für die Seelen der Helfer

Erstmals in dieser Form hat in Friedensau ein Blaulichtgottesdienst für alle Einsatzkräfte und Helfer im Jerichower Land stattgefunden.

Von Stephen Zechendorf 21.09.2020, 06:00

Friedensau l Erstmals richtete sich ein Gottesdienst an alle Mitarbeiter und Mitglieder in den ehrenamtlichen und professionellen Rettungsdiensten. Und wäre da nicht Corona gewesen, dann hätten zumindest theoretisch fast alle diese Engel in blau, rot, lila und schwarz in die riesige Arena des Friedensauer Zeltplatzes hineingepasst.

Etwa 1500 ehrenamtliche Feuerwehrleute gibt es im Jerichower Land, so die Schätzung von Landrat Steffen Burchhardt (SPD). Hinzu kommen rund 200 Mitglieder im Rettungswesen und etwa 30 Mitglieder des Technischen Hilfswerks. Sie alle und dazu noch alle Polizisten sowie etwa 20 Notfallseelsorger im Landkreis waren zu der Veranstaltung in der Friedensauer Arena eingeladen.

„Dass in diesen Monaten das Leben geregelt und sicher weitergehen kann, liegt in besonderem Maße auch an den Kollegen von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Leitstelle, Katastrophenschutz, THW und Notfallseelsorge. Es ist daher höchste Zeit, dass wir in dieser stressigen Zeit in einem Moment der Stille und des Dankes zusammen sind“, so begrüßte Christian Menn als Mitorganisator des Gottesdienstes die Teilnehmer im großen Rund der Arena.

Es waren etwa 130 Besucher der Einladung zu dem Blaulichtgottesdienst gefolgt, darunter aber auch viele Bürger aus Friedensau und den umliegenden Orten.

„Hoffentlich verschwinden die Bilder schnell wieder aus dem Kopf“, zitierte die evangelische Superintendentin Ute Mertens Gedanken, die wohl manch ein Helfer hat, wenn das Blaulicht nach einem Einsatz ausgeht und alle Helfer wieder abrücken. Sie, der Friedensauer Pastor Stefan Burton-Schnüll und der evangelische Pfarrer Peter Gümbel gestalteten den Gottesdienst und zogen das biblische Bild des geschwächten Elias heran, dem in der Wüste ein Engel wieder zu Kraft und Stärke verhilft.

„Wir brauchen Tankstellen für die Seele, damit die Seele nicht krank wird. Wir brauchen kurzfristige Kraftmomente, in denen uns Engel beiseite stehen“, so Ute Mertens.

„Wir halten die ersten Stunden mit den Betroffenen gemeinsam aus“, so Notfallseelsorger Thomas Menzel in der Fürbitte: „Gott, gib uns einen wachen Geist, die Bedürfnisse der Menschen in ihrer Not wahrzunehmen.“ Und Pfarrer Gübel ergänzte: „Wir brauchen einander, jeder in seinem Dienstbereich ist wichtig und für den anderen unersetzlich.“

Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Friedensau hatten aus den Steckleitern ihres Einsatzfahrzeuges ein großes Kreuz errichtet und an der Wand der Arena aufgestellt. Stellvertretend für die Einsatzkräfte hingen Einsatzwesten und -jacken von Feuerwehr, Polizei, Technischem Hilfswerk, Rettungsdienst und Notfallseelsorge an dem Kreuz.

Manch einer der Akteure war an dem Tag in Mehrfachfunktionen unterwegs, so etwa Friedensaus Pastor Stefan Burton-Schnüll. In Feuerwehr-Einsatzkleidung spielte er den Bass in der Friedensauer Band. An der Orgel saß mit Cornelia Frenkel auch ein Mitglied des Kreis-Notfallseelsorgeteams.

In gleicher Funktion war Lutz Brillinger aus Magdeburg nach Friedensau gekommen, er ist Polizeiseelsorger.

Ebenfalls vertreten waren an dem Nachmittag Soldaten des Kreisverbindungskommandos. „Die Bundeswehr kann in besonderen Situationen von den zivilen Rettungskräften um technische, logistische oder personelle Hilfe gebeten werden“, erklärt der Beauftragte der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit und Leiter des Kreisverbindungskommandos, Oberstleutnant der Reserve Herr Joachim-Friedrich von Witten.

Im Rahmen des Gottesdienstes wurden zwei neue Mitglieder in das Notfallseelsorgeteam im Jerichower land aufgenommen: Christan Menn und Benjamin Bahr.

Die Fürbitte gestalteten Vertreter der verschiedenen Nothelfer und Einsatzkräfte gemeinsam. Das Schlusswort nach dem Gottesdienst hielt Landrat Burchhardt: „Dass Menschen für andere Menschen da sind, ist in unserer heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich. Sie opfern nicht nur ihre Freizeit, sondern bringen sich auch für andere Menschen in Gefahr und sind jederzeit verfügbar. Immer auf Abruf zu sein, bedeutet Kraft tanken müssen während des Weitermarschierens.“

Bei Gegrilltem und Getränken klang der Abend mit Gesprächen vor der Arena schließlich aus.