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Kinofilm Burg im Barbie-Fieber?

Nostalgie-Hit „Barbie“ mit einer Prise Gesellschaftskritik. Wie kommt der feministische Kassenschlager beim Publikum in Burg an?

Von Katharina Schwanz 26.08.2023, 10:01
Schauspielerin Margot Robbie (Barbie),  in einer Szene von Barbie, mit Blick auf das Barbie-Land. Auch im Kino in Burg, war der Film ein Hit und wurde sogar, unüblicherweise, verlängert.
Schauspielerin Margot Robbie (Barbie), in einer Szene von Barbie, mit Blick auf das Barbie-Land. Auch im Kino in Burg, war der Film ein Hit und wurde sogar, unüblicherweise, verlängert. Foto: Warner Bros. Pictures via AP

Burg - Das kleine Kino in Burg wurde im Jahr 1911 errichtet und besetzt damit Platz eins der ältesten und bis heute durchgängig betriebenen Kinobauten Deutschlands. Klein aber oho und natürlich nicht zu alt für die neusten Film-Trends wie beispielsweise den Streifen „Barbie“, der am 10. August Einzug ins Burger Kino hielt. Die Nachfrage war hoch und bei zehn oder sogar elf Vorstellungen in der Woche, freute sich der Kino-Geschäftsführer Jochen Frankl über rund 500 Besucher im kleinen Kino, woraufhin der Hit sogar verlängert wurde.

Pink in den Kino-Saal

Viele Frauen, aber auch Männer zog es im quietsch-pinken Outfit in die Kinos. So auch beim Publikum in Burg zu beobachten. Das größtenteils weibliche Publikum, erzählt Jochen Frankl, hat sich dem pinken Trend angeschlossen und die rosa Outfits passend zur Barbie-Welt aus den Schränken gekramt.

Waren doch viele der Kinogänger auf entspanntes und humorvolles Amüsement, dass hier und da die Männer aufs Korn nimmt, eingestellt, wie die Reporterin vor Ort erfahren konnte. Viele erzählten aber auch, sie hätten keinerlei Erwartungen gehabt – außer gut unterhalten zu werden. Konnte der Film halten, was das Burger-Publikum sich erhoffte?

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Das sagt das Burger Publikum

Die Meinungen gehen hier in der Ihle-Stadt auseinander. Viele der Zuschauer rechneten mit leichter Kost, einem Film für Kinder. Schnell wurde aber den Zuschauern bewusst, es handelt sich hier nicht wirklich um einen klassischen Kinderfilm. Ein Vater besuchte mit seiner Tochter das Kino und gab danach seine Meinung preis: „Der Film ist wirklich gut und die Statements, die hier gesetzt werden, sind klar und wichtig. Leider ist der Film nichts für Kinder, da sie den satirischen Humor gar nicht verstehen.“ Bei seiner Tochter bleiben aber besonders die Tanz- und Gesangsszenen des Films im Kopf.

Der Film ist also tiefgründiger als erwartet, aber den meisten ist die Essenz des Filmes klar, bestätigt auch eine weitere Zuschauerin aus Burg: „Es geht hier klar um Gleichberechtigung, um die Emanzipation der Frau und die Darstellung einer Scheinwelt, in der alle leben wollen.“

Eine andere Zuschauerin spricht den Umschwung an, der momentan stattfinde. Dass es Zeit würde, sich selbst wieder regieren zu wollen und sich auf die Selbstbestimmung zurück zu besinnen. „Solche Filme braucht es mehr auf der Welt“, unterstreicht sie ihre Aussage. Nicht alle Meinungen zum Film sind positiv. Hier und da fallen Schlagwörter wie „oberflächlich“, „platt“, „niveaulos“ und „kitschig“ in seiner Aufmachung mit dem völligen Verfehlen eines tiefgründigen Kerns.

Auf die Frage, welche Szenen vielleicht besonders im Kopf bleiben und zum Nachdenken anregen, beschreibt eine Frau den Moment, als die menschliche Mutter in der Welt der Barbies anfängt, die Sichtweise der Frau darzulegen. Was es eigentlich bedeutet eine Frau zu sein. „Sie beschreibt die alltäglichen Probleme einer Frau und wie sie gesehen werden. Und das hat alles gestimmt“, erzählt sie.

Eine Ode an den Feminismus

„Dass ein Film mit solch gesellschaftlicher Relevanz so einschlägt und den Nerv der Zeit so exakt trifft, habe ich das letzte Mal bei Schindlers Liste erlebt“, stellt Jochen Frankl bewundernd fest. Zum Vergleich: Die Erstausstrahlung des Geschichtsdramas fand im Jahr 1993 statt.

Frankl selbst ist seit 2020 Geschäftsführer des Kinos und sagt, es handele sich bei „Barbie“ um einen der wichtigsten Filme der letzten zehn oder 20 Jahre. Mit diesem würde sogar die „Grande Dame des Feminismus“, Alice Schwarzer, eine deutsche Journalistin und bekannte Feministin, vom Thron gestoßen werden. „Mit diesem Film wurde mehr für den Feminismus getan, als Alice Schwarzer in ihrer gesamten Karriere geschafft hat“, so Jochen Frankl.

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Im Barbie-Film vereinigt die Regisseurin Greta Gerwig Kapitalismuskritik, feministische Statements und eine Menge Schleichwerbung, verpackt in einer Menge Künstlichkeit und Kitsch. Das könnte möglicherweise auch zu viel sein. Jochen Frankl ist der Meinung: „Die Künstlichkeit, die von vielen kritisiert wird, ist hier genau das, was gewollt ist und was Barbie als Spielzeug ja auch ausmacht.“ Die reale Welt sei im krassen Gegensatz zum „Traumland“ der Barbies sehr gut getroffen, ergänzt er.

Was passiert im Barbie-Traumland?

Als die perfekte Welt der Barbies zu bröckeln beginnt, muss diese in der „realen Welt“ wieder repariert werden. Dort angekommen, sitzt der Schock der hübschen Plastikfigur tief. Die ungleiche Stellung der Frau im Gegensatz zum Mann, Unsicherheiten und Unterdrückung von Frauen machen sich in der realen Welt breit. Zu dick aufgetragen?

Für die Zuschauer im Publikum nichts Neues. Regisseurin Greta Gerwig bringt es, Anfang August in einem Interview mit dem Magazin Rolling Stone, auf den Punkt. Sie stellt fest: „Wenn man sich plötzlich in der realen Welt wiederfindet und sich wünscht, man könnte sich verstecken, dann ist das die Essenz des Menschseins.“

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Eine von Männern dominierte Gesellschaft, fehlende Gleichberechtigung und die Lohnlücke zwischen Mann und Frau sind die Realität. All das, dargestellt in einem Film, mit einem Hang zur Überdramatik - ist es vielleicht genau das, was es mal wieder gebraucht hat?