Etwa 50 Besucher verfolgten die erste Vorstellungsrunde im Nedlitzer Feuerwehrgerätehaus Bürgermeisterkandidaten wollen die Verantwortung der Ortschaftsräte stärken
Wer sind die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl der Einheitsgemeinde Gommern und welche Pläne verfolgen sie? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der ersten Vorstellungsrunde der Bewerber für das Bürgermeisteramt, die im Saal der Nedlitzer Feuerwehr ausgetragen wurde.
Nedlitz l Während der etwa zweistündigen Vorstellungsrunde, die von etwa 50 Bürgern aus Nedlitz sowie der Umgebung besucht wurde, trat Bürgermeister Wolfgang Rauls (FDP) als Moderator auf. Zu Beginn des ersten Aufeinandertreffens der drei Bewerber für das Bürgermeisteramt Jedem gewährte er Torsten Kahlo (50, SPD), Matthias Fickel (44, CDU) und Jens Hünerbein (38, parteilos) jeweils Zeit, sich persönlich sowie die Ziele als möglicher Bürgermeister der Einheitsgemeinde Gommern vorzustellen. Überschneidungen gab es dabei etwa in den Vorhaben, die Rolle und Verantwortung der Ortschaftsräte zu stärken und die Jugendarbeit auszubauen.
Im Anschuss an die Ausführungen hatten die Anwesenden die Möglichkeit, sich Fragen von den Kandidaten beantworten zu lassen, deren Inhalt an dieser Stelle auszugsweise präsentiert werden sollen.
Gabriele Stottmeister (Nedlitz, CDU-Stadträtin): Unser Jugendclub bräuchte etwas frischen Wind. Herr Fickel, bitte erläutern Sie, wie man die Jugendarbeit wieder anschieben könnte.
Matthias Fickel: Der Streetworker der Stadt ist im Februar ausgeschieden. Meine Vorstellungen gehen dahin, einen Stadtsozialarbeiter einzusetzen, der den Streetworker ergänzt, um in den Jugendclubs und Jugendräumen der Stadt und den Ortschaften Angebote zu schaffen. Er müsste maximal 30 Jahre alt sein, um die Jugendlichen zu erreichen. Die Beschäftigungsmaßnahme, die derzeit tätig ist, reicht mir nicht. [...]
Jens Hünerbein: Die Notwendigkeit einer vernünftigen Jugendbetreuung ist unstreitig. Leider steht dem das unsägliche Personalentwicklungskonzept, welches im Rahmen der Haushaltskonsolidierung Neueinstellungen nicht gewährt, gegenüber. [...] Ich setze auf eine Zusammenarbeit mit freien Trägern. Es gibt eine Schulsozialarbeiterin an der Sekundarschule. Dort wird weiteres Personal benötigt, das sich mit Hilfe von freien Trägern gewonnen werden kann. Ich gehe fest davon aus, dass in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und freien Trägern Lösungsmöglichkeiten gefunden werden.
Torsten Kahlo: Früher oder später müssen wir uns personell verstärken. Wie das aussehen kann, muss erst einmal geklärt werden. Wir wissen um das Personalentwicklungskonzept, aber das ist auch nicht starr.[...] Ein anderer Aspekt ist, dass auch soziale Probleme in Bezug auf ältere Menschen vorhanden sind. Daher muss auch überlegt werden, wie die Sozialarbeit kombinierbar und über Förderungen umsetzbar ist. Jugendliche können vieles alleine bewerkstelligen, benötigen aber Obhut. [...]
Otto Müller (Nedlitz): Welche Investitionen sind geplant, damit Arbeitsplätze geschaffen werden? Denn Sparerei kann auch dazu führen, dass man sich kaputt spart.
Jens Hünerbein: Wir sind leider nicht mehr in dem Zeitalter, in dem Investoren und Unternehmen Neugründungen in Größenordnungen wie etwa Voith Turbo umsetzen. Wir müssen eine Bestandspflege der vorhanden Unternehmen betreiben und fortführen, damit sie auch weiterhin hierbleiben und das Potenzial, welches sie haben, entwickeln. [...] Im Rahmen der Ansiedlungspolitik sollte man versuchen, Synergien zu erreichen, dass die vorhandenen Unternehmen Partner finden, die sich erweitern möchten und sich hier bei uns ansiedeln. Eine acht Hektar große Gewerbefläche ist vorhanden, die genutzt werden kann. [...] Wir müssen dranbleiben und den Wirtschaftsstandort aktiv vermarkten. [...]
Matthias Fickel: Ich bin auch der Meinung, dass die Besiedlung der Gewerbeflächen in großen Größenordnungen utopisch erscheint. Wenn wir von Bestandspflege sprechen, können wir aber nicht einen Automatismus in der Erhöhung der Gewerbesteuer vornehmen. Deshalb habe ich als Einziger von uns im Stadtrat dem Haushaltskonsolidierungskonzept nicht zugestimmt, weil dort festgeschrieben ist, in einem Automatismus ständig die Gewerbesteuer zu erhöhen. [...]
Torsten Kahlo: Gewerbe siedelt sich dort an, wo es interessant ist. Und darin liegt unsere Vorarbeit: Wir müssen uns interessant machen. Daher setze ich mich für eine aktive Wirtschaftsförderung ein. Der Bürgermeister hat sich dies zur Chefsache zu machen. Er muss einen engen Kontakt zu den Unternehmen haben. [...] Die Hanomag Härtol Lohnhärterei in Gommern, die ich besucht habe, hat beispielsweise innerhalb der vergangenen zwei Jahre die Mitarbeiterzahl verdoppelt. Und das lässt hoffen. Denn solch ein Betrieb zieht auch andere nach. Davon können auch die kleineren Handwerksbetriebe profitieren und Mitarbeiter einstellen. Dies geschieht dann zwar nur in kleinerem Rahmen, aber der ist für uns auch wichtig. [...] Wie es Voith Turbo heute geht, weiß ich nicht genau. Ich hoffe, dass es dort keine Rückschläge geben wird und die Bauvorhaben, die vor Jahren angemeldet wurden, umgesetzt werden können. Aber dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir sind in der glücklichen Lage, das bieten zu können. [...]
CDU-Stadtrat und Ortschaftsratmitglied Gunnar Hildebrand aus Nedlitz monierte während der Veranstaltung die Gefahr, dass sich das politische Geschehen künftig nur in Gommern abspielen werde. "Ich habe die Befürchtung, dass Nedlitz als ein Randgebiet abgedrängt wird", so Hildebrand. Ortsbürgermeisterin Margrit Peters aus Menz wies die drei Kandidaten darauf hin, dass "wir im Jahr viele Satzungen beschließen, aber niemand übernimmt die Kontrolle, ob die Regelungen auch eingehalten werden."
Ingo Hartmann (Nedlitz): Wie sieht die finanzielle Unterstützung des Sportvereins in den kommenden Jahren aus?
Torsten Kahlo: Als zweiter Vorsitzender von Eintracht Gommern geht mir bei dem Thema "Sportvereine" das Herz auf. [...] Wir sind im Stadtrat mit der Beteiligung der Sportvereine an den Betriebskosten einen Weg gegangen, der nicht falsch ist. Denn dabei wird der verantwortliche Umgang mit den Ressourcen gefördert. Aber bei der Höhe der Beteiligung ist das Ende der Fahnenstange erreicht: Dass eine prozentuale Regelung getroffen wurde, zeigt, dass auf die Vereine weitere Kosten in Hinblick auf die steigenden Betriebskosten hinzukommen. Dem stehe ich sehr kritisch gegenüber. Zur Förderung im Allgemeinen: Ich denke, die Stadt tut sehr viel für den Sport wie etwa die Bereitstellung der Sportanlagen. [...] Ich weiß, dass es Probleme in den Ortschaften etwa beim Rasenmähen und der Pflege gibt. Das übernehmen sie in eigener Regie. Da gilt es sich zu unterhalten, wo und wie die Vereine unterstützt werden können. Aus meiner Sicht ist die prozentuale Beteiligung an die Betriebskosten eine Gefahr für die Vereine. [...]
Jens Hünerbein: Ich werde an diesem Prozentsatz nicht drehen. Es sei denn, die Kommunalaufsicht zwingt die Einheitsgemeinde dazu. Um es deutlich zu sagen: Es war kein Bestreben des Stadtrates, die Betriebskosten zu erheben. Uns hat die Kommunalaufsicht, die den Haushalt genehmigt und die Einheitsgemeinde handlungsfähig macht, in diese Richtung gestoßen. Es war ein zäher Handel, dass wir bei acht Prozent gelandet sind. In anderen Gemeinden ist der Satz wesentlich höher. [...] Ich denke auch, dass bei der Pflege Synergielösungen möglich sind. [...]
Matthias Fickel: Der Prozentsatz birgt natürlich die Gefahr, dass bei den Erhöhungen der Kosten für Wasser, Abwasser und Strom die Beträge für den Verein steigen. Mir schwebt vor, dass Pflegeverträge mit privaten Unternehmern angestrebt werden, die diese Aufgaben übernehmen. [...]
Mario Sämisch (Karith, Stadtrat für die FDP): Herr Fickel, wie genau wollen Sie die Position der Ortschaftsräte stärken?
Matthias Fickel: Meiner Meinung nach ist es laut Gemeindeordnung möglich, eine Summe in den Haushalt der Stadt einzustellen, über die der Ortschaftsrat verfügen kann. Um beispielsweise Anschaffungen zu tätigen oder Reparaturen vornehmen zu lassen. Diese Summe könnte etwa bis zu einer Höhe von 10 000 Euro festgelegt werden. Durch diese Maßnahme würde auch die Verwaltung entlastet werden, wenn eben Ortsbürgermeister oder Räte die Angebote einholen. [...] Ein anderer Punkt ist die Kontrollfunktion, die von den Ortschaften übernommen werden könnte. [...]
Mario Sämisch: Herr Hünerbein, was waren die Beweggründe aus der SPD auszutreten?
Jens Hünerbein: Eine Bürgermeisterwahl ist nach meiner Auffassung eine Personen- und keine Parteienwahl. Die SPD-Ortsvereine haben einen Kandidaten mehrheitlich nominiert. Diese Entscheidung habe ich respektiert. Anschließend gab es viele Gespräche, in denen ich sehr viel Zuspruch aus Wirtschaft und Gesellschaft erfahren habe, die mich animiert haben, diesen Alleingang zu gehen. Der Parteiaustritt ist dabei streng in den Statuten geregelt.
Mario Sämisch: Herr Kahlo, Sie sprachen in Ihrer Vorstellung an, wie die Versorgung im ländlichen Raum erfolgen könne.
Torsten Kahlo: Der demografische Wandel führte zur Idee der "Tante-Emma"-Läden, die in westdeutschen Gegenden geboren wurde. Auch dort hat man ähnliche Probleme. Daher kam es zu Gebietszusammenschlüssen: Ein aktiver Landrat etwa hat mit Edeka eine Partnerschaft geschlossen, kleine Läden in den Ortschaften zu öffnen. In diesen Läden werden aber nicht nur Lebensmittel angeboten. Zusätzlich ist etwa eine Poststation inte-griert. Die Stelle des Mitarbeiters übernimmt ein Bewohner aus dem Ort, der Ortschaftsrat hat für das Projekt einen Raum zur Verfügung gestellt. [...] Das Konzept, wie es dort umgesetzt wird, trägt sich und kommt der älteren Bevölkerung entgegen. [...]
Die nächste Vorstellungsrunde der Bürgermeisterkandidaten wird Mittwoch in der Begegnungsstätte in Gommern ausgetragen. Beginn ist 19 Uhr. Runde drei erfolgt am Donnerstag in der Leitzkauer Mehrzweckhalle.