Denkmalschutz Modern statt museal

Denkmalschützer Axel Thiem erläutert, was ihn an seinem Beruf so reizt. Sein Fachgebiet ist für ihn eine Bereicherung.

Von Thomas Pusch 12.09.2020, 01:01

Burg l Der Treffpunkt ist nicht zufällig gewählt. Karl-Marx-Straße 37 in Burg. Dort wo einst in der Fabrik von August Voigt Schuhe produziert worden sind, entstehen nun Wohnungen. Die Fassade des zwischen 1912 und 1920 entstandenen Industriekomplexes wurde restauriert, die Firmeninschrift anhand alter Postkarten wiederhergestellt. Für Axel Thiem von der Unteren Denkmalschutzbehörde ist das ein Beispiel für besonders gelungenen Denkmalschutz. Er ist mit der Volksstimme verabredet, um anlässlich des Tages des offenen Denkmals über die Bedeutung von Denkmalschutz, positiven und negativen Umgang zu sprechen

Während manche den Denkmalschutz als behindernd empfinden mögen, ist er für Thiem eine Bereicherung. „Mit Hilfe des Denkmalschutzes kann das historische Erbe in Bezug auf die Geschichte und die städtebauliche Entwicklung von Ortschaften bewahrt und erhalten werden“, lautet seine Überzeugung. Ortschaften, die sich dieser Tatsache bewusst seien, würden durch den Tourismus immer stärker frequentiert, was wiederum den Kommunen und dem Landkreis zu Gute komme. Auf der anderen Seite habe die Instandsetzung von Denkmalobjekten auch eine wirtschaftliche Komponente. Immer mehr Firmen spezialisieren sich auf dem Gebiet der Denkmalpflege und lehren alte Handwerkstechniken oder wenden diese wieder an.

Thiem hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. „Denkmalschutz hat mir irgendwie schon immer am Herzen gelegen“, erzählt er. Zu DDR-Zeiten war er Mitglied im Kulturbund Denkmalpflege. Nach der Wende wurde beim Landkreis die Untere Denkmalschutzbehörde eingerichtet, seitdem ist er dort tätig und mit viel Herzblut bei der Sache.

Neben der Schuhfabrik Voigt fallen ihm noch andere Positivbeispiele ein: das Berufsschulzentrum in der ehemaligen Schuhfabrik Conrad Tack oder auch das Barbysche Gutshaus in Loburg, in dem inzwischen ein Restaurant und ein Café betrieben werden. Für Denkmalschützer ist jedes Denkmalobjekt, was vor dem Verfall gerettet werden kann und wieder eine Nutzung bekommt, ein positives Beispiel. Da würden dann auch Kompromisse eingegangen. „Das ist uns doch lieber, als wenn etwas Schützenswertes verfällt, weil kein Kompromiss gefunden wurde“, betont Thiem. Es sollen ja keine Museen erhalten werden.

Aber es gibt eben auch die Negativbeispiele. „Leider sind noch viele Objekte dem Verfall preisgegeben und werden in absehbarer Zeit wegen der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgebrochen werden müssen“, bedauert er. Ein Beispiel ist das Geburtshaus der Schriftstellerin Brigitte Reimann in der Bahnhofstraße in Burg, aber auch die Kabelkrananlage und die Ziegelei in Parey oder das leer stehende Fabrikgebäude der ehemaligen Burger Bekleidungswerke in der Bahnhofstraße, die Gebäude der Industriemühle in Gommern, das Umspannwerk in der Niegripper Chaussee in Burg und die Wassertürme, die keine Funktion mehr haben.

Keine Funktion mehr, das kann für viele Objekte das Aus bedeuten, ebenso Erbstreitigkeiten. Kann es nicht verkauft werden, dauert es nicht lange und durch die Vernachlässigung der Erhaltungspflicht gehen immer mehr denkmaltypische Eigenschaften verloren. „Wir nennen das ein Bau-und Kunstdenkmal auf dem Weg zum Bodendenkmal“, erklärt Thiem.

Erfreut stellt der Denkmalschützer aber auch fest, dass das Bewusstsein in der Bevölkerung dafür gestiegen ist, dass mit dem Verlust von Kulturdenkmalen immer mehr Identität verloren geht. So würden mit viel Liebe und Engagement Häuser wieder hergerichtet. Das macht Axel Thiem Mut, auch in Zukunft die Vergangenheit zu erhalten.