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Ehrenamt Verein "Hilfe für Rumänien" löst sich auf

Nach 28 Jahren stellt der Verein "Hilfe für Rumänien" aus Gommern seine Arbeit ein. Doch die Brotpatenschaften werden fortgesetzt.

Von Manuela Langner 01.08.2019, 06:00

Gommern l Für einzelne Familien war es rettend, was der Rumänienhilfeverein geleistet hat. Ob Hütten errichtet, medizinische Behandlungen ermöglicht oder mit Brotpatenschaften ausgeholfen wurde. Mit dem Blick auf das Erreichte will der Verein seine Arbeit einstellen. „Aus Altersgründen“, sagte Karl-Heinz Nickel. Er hatte vor drei Jahren den Vereinsvorsitz von seiner Frau Edeltraud übernommen. Eigentlich sollte es eine Übergangslösung sein, aber aus geplanten zwei Jahren sind drei geworden. Ein neuer Vorsitzender wurde nicht gefunden. Die Vereinsmitglieder, die vielleicht in Frage gekommen wären, hatten plausible Gründe, das Ehrenamt abzulehnen. Die meisten Mistreiter sind auch im (höheren) Rentenalter angekommen. „Als ich sagte, ich höre zum Jahresende auf, kam kein Widerspruch“, berichtete Karl-Heinz Nickel.

Er bereitet die Auflösung des Vereins zum Jahresende vor. Das Geld des Vereins muss laut Satzung an einen Verein übergehen, der gleiche Zwecke verfolgt. Das wird der rumänische Partnerverein sein, mit dem die Gommeraner seit 1995 zusammenarbeiten. Das Geld soll unter anderem für die Weiterführung der Holzspenden - damit die Ärmsten im Winter heizen können - genutzt werden.

Über den Kirchenkreis werden die Brotpatenschaften fortgesetzt. Besonders Bedürftige erhalten jeden Tag ein Brot. Dafür stellt in Deutschland ein Spender jährlich 100 Euro zur Verfügung. Einige Spender kamen von sich aus auf Karl-Heinz Nickel zu, dass sie diese Hilfe auch über das Ende des Vereins weiterleisten möchten. Im September werden alle Spender über die Änderungen informiert. Es können weiterhin Spendenquittungen ausgestellt werden.

Anfang Juli war Karl-Heinz Nickel noch einmal in Zvoristea zu Gast und sah sich an, was durch den Rumänienhilfeverein erreicht wurde. „Wir haben nicht nur Lebensmittel und Kleider gespendet, sondern Hoffnung vermittelt“, sagte der Vereinsvorsitzende. Das sei auch die Einschätzung des Partnervereins. Hilfe zur Selbsthilfe lautete von Anfang an das Motto des Rumänienhilfevereins. „Wir konnten vor Ort nur so viel erreichen, weil wir die Partner hatten, die uns auf die größte Not aufmerksam machen konnten“, betonte Edeltraud Nickel.

Zugleich waren die Partner vor Ort nicht immer in einer beneidenswerten Lage. So wurde der Dolmetscherin kein Brot mehr verkauft, weil sie die wahren Kinderzahlen der Familien genannt hatte. Die Familien hatten nach der einfachen Gleichung gehandelt: mehr Kinder angeben, mehr Unterstützung erhalten.

Noch in der Anfangszeit wurden Fahrräder (dort so begehrt wie Trabis zu DDR-Zeiten) in einer Nacht- und Nebelaktion an Familien verteilt, die besonders weite Wege zurückzulegen hatten. „Die haben die Deutschen verteilt und die sind jetzt weg“, wollte der Pfarrer den Leuten erklären, die kein Fahrrad erhalten hatten.

Die inzwischen etwas verbesserte Lage in den Dörfern hängt auch mit den jungen Leuten zusammen, die ins Ausland gehen und dort Geld verdienen. Andererseits fehlen die Mütter und Väter in den Familien. Nicht nur ihren Kindern, sondern auch den Alten. Pflegeheime gab es bislang kaum.

In Zvoristea wird ein Krankenhaus so umgestaltet, dass auch Pflegebedürftige aufgenommen werden können. Der Rumänienhilfeverein beteiligt sich in seiner letzten Aktion vor Ort daran. Ein kleiner Park wird angelegt, die Wege gepflastert, damit die Senioren auch mit Gehhilfen vorwärts kommen.

Schon im vorigen Jahr hatte der Verein seine Hilfstransporte nach Rumänien eingestellt. Bei mehr als 50 Fahrten ist nie ein Unfall passiert, bei dem Menschen zu schaden kamen. Dabei sind die rumänischen Straßen gerade nicht für ihre Sicherheit bekannt. „Mit Vorliebe überholen in Kurven und auf Bergkuppen.“

Der Unterstützerkreis des Rumänienhilfevereins ging weit über Gommern und das Jerichower Land hinaus. Der Verein hatte nie Sorgen, den nächsten Hilfstransport nicht finanzieren zu können. „Und wir hatten das Glück, dass uns die Stadt das Lager kostenlos zur Verfügung stellte“, setzte Edeltraud Nickel hinzu. Ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement wurde mehrfach gewürdigt. Sie erhielt unter anderem die Ehrenmedaille der Einheitsgemeinde Gommern und den „Du bist spitze!“-Preis der Volksstimme. Das seien Auszeichnungen für den ganzen Verein, betonte die langjährige Vereinsvorsitzende.

Regelmäßig waren neue Helfer mit nach Rumänien gefahren und hatten mit eigenen Augen gesehen, dass Menschen in Europa unter Bedingungen leben, die man sich eigentlich nicht mehr vorstellen kann.

Bis der Rumänienhilfeverein sich endgültig auflöst, werden die Mitglieder noch beim Jurkenmarkt, beim Hoffest der Vereine und auch beim Gommeraner Weihnachtsmarkt mit einem Stand vertreten sein.

Das Abschlussfest beginnt am Freitag, 9. August, um 18 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche St. Trinitatis. Im Anschluss geht es in das Alte Pfarrhaus, wo Karl-Heinz Nickel über das Erreichte berichten wird. Interessierte sind eingeladen.