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Einbruchsserie Ein Handy, ein Foto, ein Haftbefehl

Christoph Neubauer war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und handelte. Er half eine der perfidesten Einbruchsserien im Land aufzuklären.

Von Tobias Dachenhausen 23.10.2015, 10:30

Genthin l Es war der 22. August als Christoph Neubauer aus dem Haus seiner Eltern im Genthiner Stadtteil Süd V ein Auto beobachtete, in dem eine Frau wartete. Instinktiv machte der 17-jährige Schüler ein Foto mit seinem Handy. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt: Er fotografiert die Lebensgefährtin des späteren Beschuldigten, die auf ihn bei einem Einbruch wartet. „Das Auto hat praktisch vor unserer Haustür geparkt. An dieser Stelle hat in den vergangenen zehn Jahren kein Fahrzeug gestanden, darum kam es mir sehr komisch vor“, begründet Christoph. Zudem habe die Frau einen sehr nervösen Eindruck gemacht. „Sie hat ständig geraucht“, konkretisiert der 17-Jährige.

Wenig später sah er einen Mann mit einer Tasche, der in das Auto einstieg. Am späten Nachmittag war die Polizei bereits vor Ort und sicherte den Tatort. „Ich habe den Zivilbeamten gesagt, dass ich vielleicht etwas gesehen habe und ihnen das Foto zur Verfügung gestellt“, erzählt der Schüler. Dieses Foto sollte der Polizei wenig später dabei helfen, den Dieb im „Trauerkarten-Fall“ zu fassen.

Insgesamt wurden dem Täter vier Einbrüche allein im Jerichower Land zur Last gelegt, unter anderem in Genthin und Tucheim. Insgesamt sollen es 26 Fälle sein, wo er die Häuser der Opfer aufgesucht hat, während diese ihre Angehörigen auf dem Friedhof beisetzen ließen. „Dass jemand gezielt so eine Situation ausnutzt, ist hier so noch nicht vorgekommen. Moralisch verwerflicher geht es ja kaum“, betont Polizeisprecher Thomas Kriebitzsch.

Einbrüche seien in der Nachbarschaft von Christoph Neubauer in den vergangenen Monaten allerdings keine Seltenheit gewesen. Darum war er alarmiert und schätzte das fremde Auto mit Wanzleber Kennzeichen auch als verdächtig ein. „Die Beerdigung zur gleichen Zeit war mir nicht bekannt, aber ich wusste, dass aus meiner Nachbarschaft niemand da war, der Besuch empfangen konnte“, erinnert sich Christoph. Angst hatte er nicht, als er das Foto machte. „Ich saß ja im Haus und die Frau sah nicht wirklich gefährlich aus“, erzählt er mit einem Lächeln im Gesicht. Knapp zwei Monate später habe er dann Bescheid bekommen, dass er zur Aufklärung einer Straftat beigetragen habe.

Es sei ein perfektes Beispiel dafür, dass man helfen kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. „Es ist nicht alltäglich, dass wir solche Hinweise bekommen. Vor diesem schnellen Handeln kann man nur den Hut ziehen“, sagt Kriebitzsch. Die Polizei sei auf Bürger angewiesen, die entsprechend helfen. „Sonst würde unsere Aufklärungsquote viel geringer sein“, sagt der Polizeisprecher. „Großartig“, sagt auch Jörg Löffler, stellvertretender Leiter des Genthiner Revierkommissariats. Am Donnerstag übergaben die beiden dem Tippgeber Kinogutscheine, Kugelschreiber und einen USB-Stick als Zeichen des Danks.

Die Vorliebe für Polizeiarbeit hat sich bei Christoph Neubauer schon in Kindheitstagen entwickelt. „Damals habe ich mich mit einer von meiner Oma genähten Warnweste auf die Straße gestellt und die Autos mit einer Kelle angehalten“, kann sich der 17-Jährige noch erinnern. Zurzeit besucht er das Fachgymnasium der Burger Berufsschule. Aber der Berufswunsch steht schon fest. „Polizist“, sagt er.