Erziehung Ein Zuhause auf Zeit
Katrin Peter arbeitet in einer Erziehungsfachstelle in Burg. Dort kümmert sie sich um Kinder, die einen schweren Start ins Leben hatten.
Burg l Drei Erziehungsfachstellen gibt es in Burg, Katrin Peter betreibt das „Haus Haribo“ in Trägerschaft der „Häuser unserer Zukunft“. Die Idee dieser Fachstellen beschrieb die 52-jährige Pädagogin im Jugendhilfeausschuss des Kreises.
„Warum Haus Haribo?“, wollten die Ausschussmitglieder wissen. „Weil immer zwei Leute in so einer Fachstelle arbeiten, erklärt Katrin Peter. „Damit die Kinder nicht nur einen Ansprechpartner haben.“ Oft bildet ein Ehepaar eine Fachstelle. „Ich bin aber alleinerziehend, darum habe ich einen Mitarbeiter, der mich halbtags unterstützt.“ Weil dessen Spitzname „Haribo“ ist, heißt auch das Haus so.
Was ist das Konzept der Erziehungsfachstelle? „Diese Arbeit im Rahmen der Jugendhilfe findet zu Hause statt, ähnlich der Pflegefamilie.“ Die Kinder leben quasi wie in einer Familie. Katrin Peter, selbst vierfache Mutter, hat sieben Jahre Pflegekinder betreut, bevor sie sich vor zwei Monaten zur Fachstelle entschloss. Momentan betreut sie in dieser drei Kinder. Im Haushalt lebt auch die jüngste Tochter, die drei erwachsenen Kinder der 52-Jährigen sind bereits aus dem Haus. Katrin Peter, beruflich lange Zeit als Erzieherin und Grundschullehrerin tätig, erläuterte vor dem Ausschuss den Alltag in der Fachstelle. „Wenn die Kinder kommen, beginnt eine Kennenlernphase und die Suche nach Kita- beziehungsweise Schulplatz.“
Alltägliches muss organisiert werden, zum Beispiel müssen viele Kinder erst einmal eingekleidet werden, bringen gar keine oder minderwertige Sachen mit.
Haben die Schützlinge sich eingelebt, beginnt der Alltag. „Ich mache dann quasi alles, was auch Eltern tun. Die Kinder versorgen, fördern, trösten, dazu kommt Hausarbeit und Freizeitbeschäftigung.“ Und Papierkram: Für jedes Kind wird eine Akte angelegt und gepflegt, auch Buchführung über für die Kinder verwendete Finanzen gehört zu den Aufgaben.
„Mein Tag sieht so aus, dass ich vormittags, wenn die Kinder in der Kita sind, Formalien erledige, Wege zu Ämtern mache und mich um den Haushalt kümmere“, erzählt Peter. Der Nachmittag steht dann für die Kinder zur Verfügung, es wird gespielt, Ausflüge stehen an, Hausaufgaben werden gemacht. „Ich suche auch oft Sportvereine oder Musikschulen für die Kinder, um ihre Interessen und Fähigkeiten zu fördern.“
Bevor die Kinder zu Peter kommen, haben sie meistens einen langen Leidensweg hinter sich, der Spuren hinterlassen hat. Behandlungen beim Arzt, Therapien beim Logopäden, Ergo- oder Psychotherapeuten gilt es dann zu organisieren.
Die Voraussetzungen sind unterschiedlich. Von schlechten Zähnen bis zu sprachlichen Defiziten hat Katrin Peter schon einiges erlebt.
Kind sein – das ist paradoxerweise etwas, was nicht jedes Kind kann. „Viele haben sich bereits im Alter von drei Jahren um ihr jüngeres Geschwisterchen gekümmert, weil die Eltern nicht dazu in der Lage waren.“ Trotzdem steht die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern im Zentrum, Ziel ist immer die Rückführung ins Elternhaus.
Wie das für sie ist, wird Katrin Peter gefragt und natürlich sieht man ihr an, dass es oft schwer ist. Doch sie ist Profi und hat eine klare Haltung dazu entwickelt: „Ob die Kinder zu ihren Eltern zurück können, entscheiden unabhängige Experten, nicht ich. Ich bin dann nicht mehr verantwortlich. Aber bis dahin gebe ich alles für die mir anvertrauten Kinder.“ Alles – das bedeutet für Katrin Peter ein „innewohnendes Konzept“.
„Das heißt, ich wohne ständig mit den Kindern zusammen, nehme den Urlaub, der theoretisch für mich eingeplant ist, nur mit ihnen zusammen in Anspruch.“ Dahinter steht die Überzeugung, dass diese Kinder, die einen denkbar schweren Start ins Leben hatten, geregelte Strukturen brauchen, gleiche Abläufe, konstante Ansprechpartner.
Auch nachts, wenn das Erlebte verarbeitet wird. Und die meisten Kinder, die in einer Fachstelle landen, haben einiges erlebt. „Natürlich schlafen sie unruhig, haben Albträume, müssen getröstet werden“, sagt Peter. Mit den Eltern arbeitet ein Familienhelfer. Ein Erziehungsfähigkeitgutachten entscheidet, ob eine Rückkehr der Kinder möglich ist.
Schlechte Worte über die Eltern hört man von Katrin Peter nicht. „Meistens haben sie alle zwei Wochen Umgang mit den Kindern, ich habe viele Eltern kennengelernt. Die meisten lieben ihre Kinder, sie können es einfach nicht besser.“