1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Logistik der Zukunft: Einmaliges Apotheken-Projekt in Dessau: Medikamente per Drohne - was das mit Lostau, Peking und Berlin zu tun hat

Logistik der Zukunft Einmaliges Apotheken-Projekt in Dessau: Medikamente per Drohne - was das mit Lostau, Peking und Berlin zu tun hat

Wenn in der Zukunft Medikamente von Drohnen gebracht werden, dann steckt dahinter auch ein kluger Kopf aus dem Jerichower Land: der Lostauer Tim Fischer.

Von Thomas Pusch Aktualisiert: 07.08.2023, 12:40
Die Drohne ist speziell für den Transport entwickelt. Mit einem Kilogramm Fracht kann sie bis zu 20 Kilometer zurücklegen.
Die Drohne ist speziell für den Transport entwickelt. Mit einem Kilogramm Fracht kann sie bis zu 20 Kilometer zurücklegen. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Burg/Lostau/Berlin - Alles Gute kommt von oben. Das könnte bald zumindest für die Lieferung von Medikamenten gelten. Jüngst ist ein Projekt abgeschlossen worden, mit dem untersucht wurde, ob Dohnen zum Transport von Arzneien eingesetzt werden können. Mit dabei war Tim Fischer aus Lostau.

Im Video: Medikamente per Drohne - Erstes Projekt in Dessau

 
In Dessau wird die Medikamentenlieferung per Drohne getestet .(Bericht: Anna Lena Giesert)

Er ist Chef der Berliner Firma Diaven, die er zusammen mit Juri Bieler und Kolja Klein gründete. Als ihre Mission verstehen sie, das Leben mit luftgestützten Produkten und Systemen einfacher und effizienter zu machen. Diaven stellt Drohnen und die dazugehörige Software her, will so die Systeme für Menschen in aller Welt bereitstellen.

Kontakte nach Vietnam, Thailand und Singapur

Darin war das Unternehmen auf einem guten Weg, als durch Corona ein krasser Schnitt erfolgte. Es gab bereits Kontakte nach Asien, Vietnam, Thailand und Singapur sind Beispiele.

„2018 haben wir an der Robotchallenge in Peking teilgenommen“, erzählt er im Gespräch mit der Volksstimme. Das ist eine Art Weltmeisterschaft. Fischer und seine Mitstreiter waren da noch Studenten an der TU Berlin. Sein Team gewann den Wettbewerb im autonomen Fliegen. „Wir schafften in zehn Minuten 56 Runden, der Vorjahressieger hatte es auf acht gebracht“, macht er die Überlegenheit des von ihm mitentwickelten Systems deutlich.

Der Lostauer Tim Fischer mit dem von seinem Unternehmen Diaven entwickelten Drohnenmodell Lab-Fly, mit dem Medikamente zugestellt werden können.
Der Lostauer Tim Fischer mit dem von seinem Unternehmen Diaven entwickelten Drohnenmodell Lab-Fly, mit dem Medikamente zugestellt werden können.
Foto: Diaven

Flüge werden von Berlin aus überwacht

Und das präsentierte er auch 2019 auf der Hannover-Messe. Dort knüpfte er auch Kontakte zu Vertretern von TDG, der Translationsregion für digitale Gesundheitsversorgung. Als 2021 das Apotheken-Projekt startete, erinnerten sie sich an Diaven und holten ihn mit ins Boot. Während der Corona-Zeit steckte dahinter die Idee, Medikamente kontaktlos zuzustellen.

Kooperationspartner sind die Apotheke am Bauhaus in Dessau, die Hochschule Anhalt und die Universitätsmedizin Halle. Auch der Flugplatz Cochstedt ist beteiligt. Hier hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein Forschungszentrum für das Verkehrsmanagement unbemannter Luftfahrzeuge (Drohnen) errichtet.

In 80 bis 120 Metern Höhe unterwegs

In 80 bis 120 Metern Höhe schnurren die Drohnen von der Apotheke zum Kunden, werfen die Lieferung aus 15 Metern Höhe ab. „Sie sind nicht lauter als ein Roller“, erklärt der Lostauer. Überwacht wird der Flug von Berlin aus, um Kollisionen im Luftraum zu vermeiden. Noch sind nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, die Projektphase verlief aber durchaus erfolgreich.

„Wir haben mehr als 20 erfolgreiche Testflüge von der Apotheke zu Testpatienten absolviert“, so Tim Fischer.

Als Helfer in Indien gewirkt

Schon früh zeichnete sich Tim Fischers Interesse an seinem späteren Beruf ab. Und das stand sogar in der Volksstimme. „Über mich gab es einen Artikel als Zehnjährigen, für den die Fliegerei alles ist“, erinnert sich der 32-Jährige. Damals flog er noch mit seinem Vater vom Burger Flugplatz Krähenberge mit, machte später selbst den Segelflugschein und der Stendaler Flugplatz Borstel wurde seine Basis.

Nach dem Abitur am Magdeburger Werner-von-Siemens-Gymnasium absolvierte er zunächst einen einjährigen Ersatzdienst als Helfer in Indien. Unter anderem wirkte er an Projekten für Obdachlose und zur Stärkung der Bildung von jungen Frauen mit. „Das war die krasseste Zeit meines Lebens“, blickt er zurück.

Erste Erfahrungen in Kanada

Während seines Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin absolvierte er ein sechsmonatiges Praktikum bei einem kanadischen Start-up, das ein hybrides Luftschiff entwickelt hatte. Damit sollten Medikamente in afrikanische Dörfer transportiert werden. Schon in Toronto stieß Fischer also auf die Idee, mit Drohnen Arzneien auszuliefern.

Juri Bieler (links) und Tim Fischer freuen sich 2018 über den Sieg bei der Robotchallenge in Peking - eine Art Weltmeisterschaft.
Juri Bieler (links) und Tim Fischer freuen sich 2018 über den Sieg bei der Robotchallenge in Peking - eine Art Weltmeisterschaft.
Foto: Diaven

Darin sieht er auch die Zukunft. „Speziell für die Versorgung im Ländlichen Raum, und da denke ich auch an Lostau, werden sie eine wichtige Rolle spielen“, ist er überzeugt. Der Vorteil sei auch, dass dann lokale Apotheken und nicht große Versandapotheken liefern können.

Begeisterung fürs Fliegen weitergegeben

In der Gegenwart kommt der Vater einer dreijährigen Tochter selbst kaum noch zum Fliegen. Wenn aber doch, dann ist die Kleine in Stendal-Borstel dabei. „Sie hat schon Spaß daran, aber im Moment ist das Pony von Mama für sie noch interessanter“, erzählt er schmunzelnd.

Das Unternehmen

Diaven wurde 2019 von Tim Fischer zusammen mit Juri Bieler und Kolja Klein gegründet.

Derzeit sind sechs Mitarbeiter dort tätig. Sie kennen die Materie auch aus der Praxis. Tim Fischer ist stolz darauf sagen zu können, dass jeder von ihnen über mindestens einen Pilotenschein verfügt.

Sitz des Unternehmens ist ein ehemaliges Fabrikgebäude, in dem AEG einst Apparate herstellte, im Berliner Bezirk Wedding.

Aushängeschild des Unternehmens ist die Lieferdrohne Labfly. Das von Diaven für sie eigens entwickelte Lokalisierungssystem ermöglicht einen zuverlässigen Betrieb, sogar innerhalb von Gebäuden. Sie kann vollautomatisiert betrieben werden und auf engstem Raum punktgenau landen.

Mit der Labfly kann ein Kilogramm Fracht über eine Entfernung von 20 Kilometern sicher und verkehrsunabhängig transportiert werden.