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Bildung und Freizeit Kreismusikschule in Burg bei Magdeburg hat viele Schüler und nur wenige Musiklehrer

Ob Flöte oder Klavier oder E-Gitarre und Schlagzeug: In der Kreismusikschule Burg wird gespielt, was gefällt. Die Förderung der Musiktalente stößt an ihre Grenzen.

Von Marco Papritz 12.07.2023, 10:02
Musiklehrerin  Christine Lange (Zweite von links) übt in der Kreismusikschule in Burg mit Erik, dessen Mami Nadine und Schwesterchen Maria ein Lied, während Oma Ute Büchner aufmerksam dem Spiel lauscht.
Musiklehrerin Christine Lange (Zweite von links) übt in der Kreismusikschule in Burg mit Erik, dessen Mami Nadine und Schwesterchen Maria ein Lied, während Oma Ute Büchner aufmerksam dem Spiel lauscht. Foto: Marco Papritz

Burg - Ob klassische Instrumente wie Flöte oder Klavier, oder rockig an einer E-Gitarre sowie am Schlagzeug - musikalische Talente werden im Jerichower Land in der Kreismusikschule „Joachim a Burck“ in Burg gefördert. Die Einrichtung an der Magdeburger Straße genießt einen großen Zuspruch und wird Ziel von Abwerbungsversuchen staatlicher Schulen.

„Es kann auch Queen sein – und das ganz laut. Wichtig sind Spaß und Freude, mit denen man dabei ist“, sagt Rainer Voß. Der Leiter der Kreismusikschule „Joachim a Burck“ ist in diesen Tagen ein gefragter Mann. Zum Schuljahresende stehen die Prüfungen an, die für die Musikschüler über ihre Zukunft entscheidend sein können. Fünf befinden sich in der Studienvorbereitung. „Wir haben schon einige Talente fördern und begleiten können, die heute in den großen Häusern spielen und mit der Musik ihr Geld verdienen“, erklärt Voß mit Stolz. Da brauche sich die Musikschule vom Jerichower Land nicht hinter anderen Einrichtungen verstecken.

Gute Grundlage für erfolgreiche Entwicklung

Oft ist sie die Anlaufstelle, wenn Eltern das musische Talent ihrer Kinder unterstützen möchten. 350 Musikschüler zählt die Einrichtung, etwa 100 davon in der musikalischen Frühförderung, die in Kindertagesstätten in Burg und Theeßen angeboten wird. Es gibt einen Nebeneffekt, von dem Kinder beispielsweise in der Schule profitieren können. Wie wissenschaftliche Studien belegen, regt Musizieren die neuronale Vernetzung von Gehirnregionen an, die für viele positive Eigenschaften zuständig sind: mehr Aufmerksamkeit, besseres Erinnerungsvermögen, mehr Kreativität, höhere Resilienz (Fähigkeit, Krisen zu überstehen) und bessere Lesefähigkeiten.

Beide Gehirnhälften würden trainiert, und das überkreuz, so Voß: „Wir beobachten immer wieder, dass Schüler, die ein Instrument lernen, keine Probleme in den Hauptfächern der Schule haben. Im Gegenteil.“ Ein Schüler vom Roland-Gymnasium, der sein Abitur mit der bestmöglichen Note von 1,0 abgeschlossen hat, hat die Kreismusikschule über mehrere Jahre besucht. Zufall? Für Rainer Voß nicht. Der Leiter stellt lieber soziale Kompetenzen wie das gemeinsame Musizieren mit anderen (neudeutsch Teamfähigkeit) sowie die Stärkung des Selbstbewusstseins „etwa durch die Fortschritte beim Erlernen eines Instruments oder durch die Auftritte, bei denen sich die Schüler präsentieren können“ in den Vordergrund.

Auf durchschnittlich 60 bis 70 öffentliche Auftritte wie Konzerte bringt es die Kreismusikschule pro Jahr, an denen sich die Schüler beteiligen können. Generationenübergreifend ist die hauseigene Bigband aktiv, deren Mitglieder eine Altersspanne von 12 bis 65 Jahren abdecken.

Freiwillig lernt es sich besser

Für Nadine Büchner geht es in erster Linie darum, ihre Kinder mit Instrumenten vertraut zu machen. „In unserer Familie ist Musik ein Thema, wir singen zum Beispiel sehr viel“, so die zweifache Mutter während eines Schnuppertags an der Kreismusikschule. Katharina Lanatowitz besuchte selbst einst eine Musikschule. Mit ihrer Tochter wolle sie herausfinden, „ob das auch etwas für sie ist. Ganz ohne Druck. Es soll ihr Freude bereiten.“

Die scheint es im Haus an der Magdeburger Straße offensichtlich zu geben. Mittlerweile ist es so, dass ehemalige Schüler ihre Kinder in die Hände der Kreismusikschule geben. Der Pluspunkt sei die Freiwilligkeit: „Schüler kommen zu uns, weil sie es möchten. Die staatliche Schule ist hingegen Pflicht“, sagt Rainer Voß. Dieser innere Antrieb, ein Instrument spielen zu wollen, ist die nötige Grundlage für das Gelingen. Dieser Ehrgeiz sei wichtig, „um mit Rückschlägen umgehen zu können. Es braucht eben auch Geduld so Voß schmunzelnd. Also etwas, was in der heutigen, schnelllebigen Zeit oft fehlt.

Abwerbungsversuche durch staatliche Schulen

Apropos Druck: Der lastet in gewisser Weise auch auf der Schule. Stichwort Fachkräftemangel. Im Januar konnten etwa 50 Interessierte nicht aufgenommen werden, weil schlicht die Lehrkräfte fehlen. „Das ist ein Trauerspiel: Das Interesse ist da, kann aber nicht bedient werden“, wie Rainer Voß die Problematik umschreibt.

Acht festangestellte Lehrkräfte sowie fünf Honorarkräfte sind aktuell für die Kreismusikschule tätig. Immer häufiger komme es vor, dass staatliche Schulen versuchen würden, Lehrkräfte abzuwerben. „Leider ist es so, dass wir zusehends konkurrieren, da insgesamt immer weniger Musiklehrer ausgebildet werden“, so Rainer Voß.

Damit sich auch jeder interessierte Schüler – der älteste der Musikschule zählt 85 Jahre – seinen Wunsch nach einer Ausbildung an der Einrichtung auch finanziell leisten kann, gibt es Unterstützung. Über das Jobcenter kann für die Ausbildungsgebühren beispielsweise ein Bildungsgutschein eingesetzt werden. Für Nachfragen stehen die Kreismusikschule sowie das Jobcenter Jerichower Land zur Verfügung.

Namensgeber, Instrumente, Kurse

Die Musikschule ist unter einem Dach mit der Volkshochschule in der Magdeburger Straße 24 in Burg zu finden. Sie wird in Trägerschaft des Landkreises Jerichower Land geführt. Namensgeber ist Joachim a Burck, ein Komponist. Er wurde 1546 in Burg geboren und galt als Wegbegleiter der evangelischen Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts.

Ihn hätte es sicherlich gefreut, dass in der nach ihm benannten Einrichtung auch Tasteninstrumente wie Klavier und Orgel angeboten werden. „Klavier und Gitarre sind im Haus der Renner“, nennt Rainer Voß die Kurse, welche das größte Interesse auf sich ziehen. E-, Konzert-, Akustik- und Bassgitarre sind möglich. Der Bereich Schlagzeug umfasst auch das Xylofon. Blasinstrumente können ab einem Alter von zwölf Jahren, wenn die zweiten Zähne ausgebildet sind. Saxofon, Violine und Flöte runden das Angebot ab.