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Lehrer-Streik Warnstreik-Welle trifft Jerichower Land

Am Mittwoch folgten rund 180 Lehrerinnen und Lehrer aus dem Landkreis dem Streikaufruf der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Von Simone Pötschke 28.02.2019, 00:01

Genthin/Magdeburg l Der Parkplatz an der Genthiner Grundschule Stadtmitte ist am Mittwochvormittag ungewohnt leer, kein einziges Kind tobt auf dem Schulhof. Nur aus einem einzigen Zimmer des Schulgebäudes dringen Stimme. Zehn Kinder werden hier von einer Fachkraft betreut, die von einer andere Grundschule der Stadt abgeordnet wurde. Die Grundschule Stadtmitte wird zu 100-Prozent bestreikt.

Ann-Sophie Ranft (11) gehört zu dem knappen Dutzend Grundschülern, die trotz des Streiks in die Schule gekommen sind. Ihre Eltern Andreas und Mandy Ranft haben sie vor die Wahl gestellt, zu Hause zu bleiben, oder doch zur Schule zu fahren. Vater Andreas Ranft akzeptiert den Streik der Lehrer und bringt dafür Verständnis auf, wenn auch mit einer gewissen Skepsis. Dieser Streik reihe sich ein in Streiks des Öffentlichen Dienstes, der Piloten und der Lokführer. „Ich habe das Gefühl, dass sich diese Reihe immer wiederholt und werde dessen, ehrlich gesagt, schon etwas überdrüssig.“ Dabei würden die Leute vergessen, die mit weniger Geld auskommen müssen und mit Mindestlöhnen abgespeist werden.

Wie Jan-Henrik Ranft, der ältere Bruder von Ann-Sophie, ist auch der Achtklässler Marten Chris Mund auf Grund des Streikes der Sekundarschule Am Baumschulenweg ferngelieben. „Die Lehrer nutzen ihr Streik-Recht, das ist so und das muss man akzeptieren“, sagt dessen Mutter Daniela Mund. Das sieht auch Christian Hering nicht viel anders. Auch die Mappe von Leon, der Sohn seiner Lebenspartnerin, der auch die Sekundarschule am Baumschulenweg besucht, blieb am Mittwoch unberührt. „Ich kann die Anliegen der Lehrer zwar nachvollziehen, aber andererseits ist es natürlich schade, dass Unterrichtsstunden ausfallen“, sagt er.

Keiner der insgesamt 250 Schüler der Sekundarschüler ist am Mittwoch zur Schule erschienen. Schulleiterin Monika Reinhold überrascht das nicht. Das Ministerium habe den Schülern eingeräumt, am Streiktag nicht zum Unterricht zu kommen. Dreiviertel des Lehrerpersonals seien in den Streik getreten, ihr Ausfall werde durch Krankheit und Weiterbildungen verstärkt. „Trotz-dem könnten wir die Betreuung der Schüler gewährleisten“, sagt Reinhold. Die, die ihren Dienst angetreten haben, würden trotzdem keine ruhige Kugel schieben. „Hier gibt es immer etwas zu tun“, meint die Schulleiterin.

So ähnlich lautet auch das Motto rund 55 Kilometer weiter in Magdeburg. Etwas tun – gegen die zwei wenig erfolgreichen Tarifrunden, die hohe Arbeitszeit, die Lohnungleichheit zwischen den Schulformen, den Beamten und angestellten Lehrern und den Bundesländern. Mit Fahnen, Pfeifen, Ratschen und viel Wut im Bauch zeigen sich rund 2300 Mitglieder der Gewerkschaften verdi, GEW und der Gewerkschaft der Polizei vor den Toren des Finanzministeriums kämpferisch. Von der GEW Jerichower Land sind rund 180 Lehrerinnen und Lehrer mit Bussen angereist. Darunter auch Gabi Kegel, Lehrerin an der Sekundarschule Elbe-Parey.

„Wir gehen auch für bessere Unterrichsbedingungen auf die Straße, das ist hier teilweise wie im Mittelalter“, ärgert sich die Pädagogin. In vielen anderen Schulen seien Tablets für den Unterricht und schnelles Internet längst Schulalltag. Auch ihr Kollege Henning Felsche, seit 2015 an der Sekundarschule, unterstützt die Anliegen der GEW. „Das Problem ist der fehlende Lehrernachwuchs“, so der Lehrer. Dieser wandere in Bundesländer mit einer höheren Besoldungsstufe ab.

Das griff auch Eva Gerth, Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt bei ihrer Kundgebung auf. „Es geht um faire Bezahlung für Beschäftigte“, erklärte sie direkt zu Beginn. Sechs Prozent, aber mindestens 200 Euro mehr Lohn fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst in der dritten Tarifrunde. Ähnlich äußerte sich auch verdi-Landesbezirksleiter Oliver Greie. „Gute Leute, die gute Arbeit machen, haben gutes Geld verdient.“ Das unterstützen auch Babett Mebes, Kathleen Witte, beide von der Grundschule Gerwisch, und Verena Frank sowie Dorette Krehl von der Grundschule Wörmlitz. „Wir haben mit den Kindern über den Warnstreik gesprochen, zumindest die Älteren verstehen das, sie haben einen guten Sinn für Gerechtigkeit“, erklärt Babett Mebes.

Für die Schüler bedeutet der Warnstreik aber auch – Unterrichtsausfall. An allen Schulen sei die Aufsicht gewährleistet, auch wenn nur wenige Schüler den Weg dorthin fanden. So hatte das Genthiner Gymnasium sich auf den Streik so vorbereitet, dass der Unterricht personell abgesichert war und auch, wie Schulleiter Volker Schütte sagte, weitestgehend durchführt wurde. Allerdings blieben viele Gymnasiasten - was das Ministerium für zulässig erklärt hatte - dem Unterricht fern.