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Ortschaftsrat Deponie sorgt für Streit

Weil ein Flächennutzungsplan erstellt werden soll, ist der Reesener Ortsrat gespalten. Grund ist die Deponie.

Von Bettina Schütze 06.02.2019, 00:01

Reesen/Burg l Otto Voigt, Ortsbürgermeister von Reesen, hat schon ruhigere Tage durchlebt. Ist der siebenköpfige Ortschaftsrat sonst eine gemeinschaftliche Truppe, die das Dorf seit Jahren voranbringt, zeigt sich das Gremium jetzt zutiefst uneins. Grund ist ein dicker Wälzer, von dem sonst kaum ein „normaler“ Bürger Notiz nimmt – der Flächennutzungsplan, der für die Ortschaft nach der Ehe mit Burg im Jahr 2009 angepasst werden soll und der anschließend die Grundlage dafür ist, dass die Deponie am Rande der Gemeinde perspektivisch erweitert werden kann.

Während die einen Ortsräte unter anderem steigende Staubbelastungen ins Feld führen, die dörfliche Idylle in Gefahr sehen und eine Unterschriftenaktion gegen den Flächennutzungsplan initiierten, sehen andere keine Belastungen für die Dorfentwicklung und verweisen darauf, dass bei künftigen Genehmigungsverfahren ohnehin dafür gesorgt werden muss, dass alle Vorschriften und Formalien eingehalten werden müssen. Befürworter und Gegner werden heute Abend in Burg auf der gemeinsamen Sitzung von Ortschaftsrat sowie Wirtschafts- und Bauausschuss aufeinander treffen und über die eingegangenen Stellungnahmen beraten. Ortsrat Florian Kottler befürchtet Staub und Dreck und hält das Auslegungsverfahren für den Flächennutzungsplan für viel zu kurz. Für Otto Voigt ist dagegen klar: „Wir müssen nicht einer Meinung sein, das ist Demokratie. Aber hier muss jeder die Fakten zur Kenntnis nehmen.“

Um ebensolche Fakten geht es auch Heiko Neumann aus Burg. Der Chef einer Unternehmensgruppe hat den Standort bei Reesen nach und nach entwickelt – mit Sandabbau, einer Recyclinganlage für Beton und Asphalt, einer Deponie und der Mitteldeutschen Schlacke-Union (MDSU) mit Lagerplatz und einer Aufbereitungsanlage in einer geschlossenen Produktionshalle. Die Aufstellung eines Flächennutzungsplanes, um in Zukunft möglicherweise auch die Deponie zu erweitern, ist für ihn eine „logische betriebswirtschaftliche Konsequenz für die Zukunft“. Zwar betrage die Laufzeit der derzeitigen Deponie noch rund 24 Jahre, „aber um Investitionssicherheit zu haben und weitere mineralische Abfälle lagern zu können, müssen wir Jahrzehnte voraus denken“, sagt Neumann. Und überhaupt: Mit einem genehmigten Flächennutzungsplan sei noch längst keine Zusage für eine solche Deponie verbunden. Dies setze zusätzlich gesonderte planungsrechtliche Verfahren voraus.

Das bestätigt auch die Stadtverwaltung. Pressesprecher Bernhard Ruth versichert, dass sich der zuständige Fachbereich bei der Beurteilung an die gesetzlichen Regeln und Vorschriften zu halten habe. Im Falle einer möglichen Deponieerweiterung sei es aus städtebaulicher Sicht nachvollziehbar, dass das Unternehmen weitere Flächen vorhalten wolle. „Der Flächennutzungsplan liefert für die eigentliche Deponieerweiterung aber noch keinen Rechtsanspruch“, so Ruth. Laut Stadtverwaltung seien auch Einflüsse wie Staubbelastungen für die Einwohner von Reesen „im erforderlichen Umfang“ geprüft worden.

Das bestätigt auch ein Gutachten der IFU GmbH aus Frankenberg (Sachsen), das die Neumann-Unternehmensgruppe in Auftrag gegeben hat und auch der Volksstimme vorliegt. Die Fachleute kommen zum Ergebnis, dass es zu keiner Überschreitung des so genannten Immissions-Jahreswertes der Technischen Anleitung (TA) Luft für die Schwebstaubkonzentration (…) kommt. Auch der Immissionstageswert werde „mit hinreichender Sicherheit“ eingehalten. Mit anderen Worten: Die Möglichkeit, dass die Terrassenbänke oder Autos mit Staub von Äckern bedeckt werden, ist ungleich höher. „Schon deshalb“, erläutert Heiko Neumann, „weil die Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen nicht trocken verarbeitet, sondern feucht angeliefert wird und dann umgehend in der nachweislich innovativen Aufbereitungsanlage gewaschen wird“. Auf diese Weise entstünden nur ganz geringe Mengen an Staub. Darüber hinaus würden alle Transporte über die B1-Zufahrt laufen und nicht durch den Ort. Zugute komme dem Unternehmen auch die Tatsache, dass an den meisten Tagen – laut Gutachten 95 Prozent – im Jahr der Wind aus Richtung Westen kommt, also von Reesen weg. Das geht aus den Aufzeichnungen der Wetterstationen Genthin und Magdeburg hervor.

Alle diese Daten und Analysen könne jeder Interessierte genauso einsehen wie die Produktionsabläufe kennenlernen, versichert Neumann. „Wir haben nichts zu verbergen, sind transparent und jeder interessierte Bürger ist schon immer bei uns willkommen.

Ortschef Otto Voigt wünscht sich derweil, dass die Emotionen nicht Überhand nehmen. „Ich hoffe, dass wir wieder konstruktiver miteinander umgehen.“