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Hochwasserschutz Rammbär drückt Bohlen in den Deich

Bei Schartau werden nun Spundbohlen in die Erde gerammt. Die Arbeiten auf dem Abschnitt bis Blumenthal dauern bis 2020 an.

Von Mario Kraus 12.11.2019, 00:01

Schartau/Burg l Die Erneuerung des Deiches bei Schartau hat einen wichtigen Punkt erreicht: Um das Hinterland noch wirksamer vor einer Flut zu schützen, werden jetzt zusätzlich zur Wasserseite Spundwände auf einer Strecke von 1,5 Kilometern in die Erde versenkt. „Eine Arbeit, die höchste Präzision erfordert und punktgenau vonstatten gehen muss“, erläutert Marco Schirmer. Er ist Leiter des Flussbereiches Genthin des Landesbetriebes für Hochwasserschutz (LHW) und für diesen Abschnitt im Altkreis Burg mit verantwortlich.

Schirmer beobachtet an diesem Tag wie andere Planer und Ingenieure eine Spezialmaschine, die derzeit unweit der Elbe zum Einsatz kommt. Von der Fährstraße aus in Richtung Blumenthal wird ein mächtiger Rammbär gesteuert. Der Koloss ist tatsächlich in der Lage, millimetergenaue Arbeit zu leisten, wird aber trotzdem immer wieder von Menschenhand kontrolliert.

Das Prinzip: Mit den Klauen wird die jeweilige sieben Meter lange Bohle fest eingeklemmt, horizontal in das so genannte Schloss der Nachbarbohle eingeführt und dann mit Hilfe von Druck und Vibrationen langsam ins Erdreich eingeführt. Zwischendurch wird geprüft, ob die Bohle noch im Lot ist. „Man merkt, die Mitarbeiter der Firma haben Erfahrung, das klappt wie am Schnürchen“, zollt Schirmer Respekt.

Knapp fünf Minuten dauert es, bis eine Doppelbohle, die immerhin 1,5 Tonnen wiegt, eingestampft ist. So arbeitet sich der Rammbär auf dem Deich in Richtung Blumenthal Meter für Meter voran. Hochwassersicher ist die Stahlwand auf jeden Fall, sagt der Chef des Flussbereiches. Dafür sorgt unter anderem eine griffige Bitumenschicht, die die Schlösser der Bohlen umschlingt. Die sind überhaupt eine wichtige Voraussetzung für einen möglichen Polder bei Schartau, da das Wasser dann beidseitig des Deiches stehen könnte. Während Schartaus Ortsbürgermeister Hans-Horst Borg (CDU) fest davon ausgeht, dass dieser Polder als Wasserspeicher „garantiert kommt“ und viele Eigentümer im Ernstfall ihre landwirtschaftlichen Flächen zur Verfügung stellen müssten, versichert Schirmer, dass „noch gar nichts entschieden ist. Alles andere sind Gerüchte.“ Ob der Standort wirklich geeignet sei, werde im Rahmen eines Planverfahrens entschieden. Bisher sei noch nicht einmal ein Planungsbüro gebunden. „Wir werden die Einwohner bei allen weiteren Schritten mitnehmen. Daran halten wir fest“, so der Flussbereichsleiter.

Polder sollen im Falle eines Hochwassers als eine Art Speicherbecken dienen. Die Hochwasserwelle würde gezielt gekappt und in das Poldergebiet geflutet werden. Das setzt entsprechende Einlauf-, Auslauf- und Sielbauwerke ebenso voraus wie einen Poldertrenndeich mit der erwähnten Spundwand.

Käme es zu diesem Bau, würden rund 41 Millionen Kubikmeter Wasser zwischengespeichert und so der Elbepegel um mehr als 20 Zentimeter abgesenkt werden. Die Entleerung des Polders soll ungefähr sieben Tagen dauern. Maximal könnten dabei 170 Kubikmeter pro Sekunde abfließen. Die Variante in diesem Gebiet hat laut LHW den größten wasserwirtschaftlichen Effekt und den Vorteil, dass die Kreisstraße zwischen Burg und Blumenthal bei einer Nutzung des Polders weiter befahrbar wäre.

Im Jerichower Land werden für mehrere Millionen Euro Deichsanierungen durchgeführt. Neben dem Deichbau soll den Flüssen grundsätzlich mehr Raum gegeben werden. Das heißt: Deichrückverlegungen und das Schaffen von Überflutungsflächen.

Für Sachsen-Anhalt sind auf knapp 11.000 Hektar bis zu 23 Standorte für solche Bauvorhaben geplant: Fünf Hochwasserpolder und 18 Deichrückverlegungen. Davon wurden zwölf Projekte in das Nationale Hochwasserschutzprogramm „Mehr Raum für unsere Flüsse“ aufgenommen.