Hilfsfristen Rettungsdienst im Jerichower Land bekommt Verstärkung
Höchstens zwölf Minuten darf ein Rettungswagen vom Notruf bis zum Patienten brauchen. Im Jerichower Land klappt das zu 68,15 Prozent. Keine Region ist schlechter.

Burg - Hilfsfristen und deren Einhaltung sind ein Steckenpferd des SPD-Landtagsabgeordneten Rüdiger Erben. In einer Anfrage wollte er von der Landesregierung wissen, wie gut denn die zwölf Minuten vom Notruf bis zum Eintreffen beim Patienten eingehalten werden. Im vergangenen Jahr klappte das bei rund 83 Prozent der Einsätze, das Gesetz sieht 95 Prozent vor. Schlusslicht war das Jerichower Land mit rund 68 Prozent. Der Landkreis hat darauf reagiert.
2016 hatte der Landkreis ein Gutachten über den Rettungsdienst erstellen lassen. Dessen Erkenntnisse flossen in einen neuen Rettungsdienstbereichsplan. Und das sorgte für einige Veränderungen. Neue Rettungswachen entstanden in Drewitz und Möser, zahlreiche andere Wachen wurden an einen anderen Standort verlegt, um eine bessere Position im Raum-Zeit-Gefüge zu haben. „Die Wache in Gommern wurde hinter die Bahntrasse verlegt, durch Hohenseeden musste erst quer durch den Ort gefahren werden, um zur B1 zu gelangen, jetzt ist die Wache direkt an der Bundesstraße“, nannte Landrat Steffen Burchhardt (SPD) im Gespräch mit der Volksstimme zwei Beispiele. Zudem seien deutlich mehr Mitarbeiter im Rettungsdienst beschäftigt.
Aus dem Mittelfeld abgerutscht
Und dennoch hat sich die Hilfsfrist nicht verbessert. Im Gegenteil. Landete das Jerichower Land in den vergangenen Jahren im Mittelfeld, hat es nun die rote Laterne. Zweifelsfrei könne man nicht sagen, was der Hauptgrund ist, aber die Verwaltung habe Ursachenforschung betrieben. Als Erstes führte der Landrat an, dass durch die Schließung des Krankenhauses Genthin die Wege weiter geworden seien. Nicht alle Patienten könnten ins Burger Krankenhaus gefahren werden, so müssten auch Stendal, Brandenburg/Havel, Magdeburg und Schönebeck angesteuert werden. In den vergangenen Jahren sei es zudem häufiger vorgekommen, dass mehrere Notrufe aus demselben Gebiet gekommen seien. Und durch die Pandemie seien die Hygieneanforderungen größer geworden, es dauere länger, bis ein Rettungswagen wieder einsatzbereit ist.
Zudem habe es im Jerichower Land sehr viele Baustellen gegen, zunehmend würden die auch nicht mehr mit einer halbseitigen, sondern mit einer Vollsperrung betrieben. Durch Verkehrsbehinderungen auf der A2 gebe es außerdem ein höheres Verkehrsaufkommen, vor allem in Burg, Möser, Gerwisch und Heyrothsberge. Und die 112 werde zunehmend gewählt, obwohl es sich gar nicht um einen Notfall handele, so wie viele die Notaufnahme im Krankenhaus aufsuchten, ohne lebensbedrohlich erkrankt zu sein.
Neue Rettungswache auf der Kippe
Die Analyse führte zu einem neuen Rettungsdienstbereichsplan, der im März vom Kreistag verabschiedet wurde. Darin enthalten ist, dass der zweite Rettungswagen in Genthin von 18 auf 24 Stunden heraufgestuft wird, in Burg ein zweiter Rettungswagen bereitgestellt wird, der auch Krankentransportfahrten übernimmt, außerdem ein weiteres Krankentransportfahrzeug für zwölf Stunden bereitsteht, um den Rettungswagen nicht zu blockieren. Außerdem ist der Neubau einer Rettungswache in Heyrothsberge vorgesehen.
Der Landkreis ist verantwortlich für den Rettungsdienst. Mit den Aufgaben betraut ist das DRK. Finanziert wird der Rettungsdienst von den Krankenkassen. Diese drei Partner setzten sich zusammen, und der Landkreis konnte nur einen Teilerfolg am Verhandlungstisch verbuchen. Der Aufstockung in Genthin stimmten die Kassen ebenso zu wie dem zweiten Rettungswagen in Burg. Beide sind ab 1. Juli im Einsatz. Keine Zustimmung fanden allerdings der weitere Krankentransportwagen in Burg und der Neubau der Wache in Heyrothsberge. „Dafür soll erst ein weiteres Gutachten angefertigt werden“, erklärte Martina Ede, Leiterin des Amtes für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen.
Und es sind auch in der Leitstelle durch Schulungen Verbesserungen vorgenommen worden. „Die Zeit, die wir hier rausholen, haben die Rettungswagen dann mehr zur Verfügung“, sagte sie. Landrat Burchhardt warnte aber davor, die Lage zu dramatisieren. Natürlich gehe es bei einem Notfall um Sekunden, es werde aber statistisch nicht erfasst, wieviel länger der Rettungswagen gebraucht hat. Bei den Notärzten liege die Quote bei 90 Prozent und die seien häufiger als Erste vor Ort. Diese Quote hält Ede auch bei den Rettungswagen für erreichbar: „Wir bräuchten nur die Grenze von 15 Minuten“.