Shisha-Bar Spaß oder Gefahr?

Shisha-Bars liegen voll im Trend. Bundesweiten Forderungen nach stärkeren Kontrollen sieht der Burger Thomas Koch gelassen entgegen.

Von Marco Hertzfeld 04.07.2018, 01:01

Burg l „An diesem Punkt entscheidet sich viel. Es braucht jede Menge Feingefühl.“ Lucas Rehfeld schichtet bedächtig den Tabak in den Keramikkopf. „Das ist Yakuza. Viele Leute mögen diese oder eine andere fruchtig-süße Sorte“, sagt der 22-Jährige und lässt den neuen Gast kurz an der feuchten Masse schnuppern. Thomas Koch schiebt derweil die Shisha, Inbegriff der orientalischen Gastfreundschaft, auf den Tisch. Einige Minuten später rauchen sie gemeinsam Wasserpfeife. Die jungen Männer bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Im Bauch des Gerätes blubbert es. Der weiße Qualm kriecht durch Nase und Mund. Nikotin und Gesundheitsgefahr? Beide winken ab. Kohlenmonoxid-Alarm und bauliche Mängel? Sie lehnen sich auf der Couch entspannt zurück, bei ihnen kein Thema.

Koch ist stolz auf seinen Laden mitten im Herzen Burgs, die „Anubis-Lounge“ soll die Gastronomie-Szene in der Kreisstadt bereichern.. Fast auf den Monat genau vor einem Jahr hat die Shisha- und Cocktailbar eröffnet. „Die Gäste sollen sich wohlfühlen, relaxen.“ Edel und familiär zugleich soll es zugehen und sich von der Konkurrenz im nahen Magdeburg ja unterscheiden. „Qualität ist wichtig und Beratung ebenfalls.“ Die Idee haben die Freunde aus einem Ägyptenurlaub mitgebracht, ein ägyptisch-iranischer Kumpel unterrichte, der arabische Nachbar an der Schartauer Straße vertiefte ihr Handwerk. Das Material in scheinbar schier unendlichen Nuancen kommt aus Berlin, der Hauptstadt der deutschen Shisha-Raucher. „Wir holen den Menschen ein schönes Stück große weite Welt ins Jerichower Land.“

Der Inhaber begrüßt weitere Gäste, lacht und wird ernst. „Kohlenmonoxidvergiftung in Shisha-Bar“, „Frau in Shisha-Bar kollabiert“ oder „Frau bricht beim Shisha-Rauchen zusammen“ - der 23-Jährige kennt diese und weitere Schlagzeilen. Wo Wasserpfeifenkohle quasi rund um die Uhr verbrannt wird, steigt die Gefahr. Besucher ab 18 Jahre sind sonntags bis donnerstags zwischen 16 Uhr und Mitternacht willkommen, freitags und samstags sogar bis 2 Uhr. „Wir haben bei uns zwei fette Lüftungen eingebaut, eine hätte auch schon gereicht. Natürlich werden wir auch regelmäßig von den Ämtern kontrolliert, vielleicht auch einmal öfter, weil wir junge Leute sind.“ Nein, fahrlässig handele in der „Anubis-Lounge“ niemand. „Das hier ist meine Existenz, die setze ich doch nichts aufs Spiel.“

Der 23-Jährige ist gelernter Einzelhandelskaufmann und hat einige Semester Betriebswirtschaft vorzuweisen. „Natürlich war die Skepsis am Anfang groß, auch bei der Familie.“ Die Kreisstadt sei schließlich kein ganz einfaches Terrain für „Multikulti“, was die Bar ja auch irgendwie sein möge. „Burg und Umgebung sollen zu Großvaters Zeiten mal mehr als 100 Kneipen und Gaststätten gehabt haben. Heute werden ab 17 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt.“ Koch und seine rechte Hand Rehfeld, ebenfalls ein waschechter Burger, der momentan in Magdeburg wohnt und in Bernburg BWL studiert, wollen die gastronomische Szene in der Kreisstadt bereichern, ja ein Stück weit aufmischen. Vieles haben sie sich selbst beigebracht, anderes abgeschaut, Koch hat für das Cocktailmixen extra Kurse absolviert.

„Eine Opiumhöhle sind wir deswegen noch lange nicht“, meint Rehfeld und lacht. „Der Rauch entsteht nicht zuletzt durch das Glycerin. Viele ältere Menschen denken bei einer Wasserpfeife gleich an Drogen.“ Koch schüttelt den Kopf und fügt hinzu: „Eine Shisha soll auch der Einstieg zur Zigarette sein und ähnlich schädlich wirken. Dabei verwenden wir nur Kräutermischungen, Nikotin spielt keine Rolle“, beteuert der junge Mann gegenüber der Volksstimme. Dass sich an der Wasserpfeife dennoch die Forschermeinungen spalten, wissen beide, Nikotin hin, Nikotin her. „Wir beantworten gern alle Fragen und freuen uns auch auf Interessierte, die keine 20 mehr sind und nicht auf Hip-Hop stehen.“ Besucher können in größerer Runde chillen oder auch nur mit sich und ein paar Freunden sein.

Von Tabak für eine Wasserpfeife will Koch am liebsten gar nicht reden. Das verwirre nur. „Die Mischungen und Aromen, mit Melasse versetzt, sind vielfältig.“ Kiwi-Erdbeer, Zitrone-Minze und Zimt gehören zu den Klassikern. Eine Eigenkreation darf auch nicht fehlen. „Was genau wir dafür verwenden, ist natürlich ein Betriebsgeheimnis.“ Bislang habe nur eine Person die Bestandteile herausgeschmeckt. „Sie ist mir ein wenig unheimlich“, meint der Bar-Chef und schmunzelt. Ein zweites Standbein will sich der 23-Jährige erst einmal nicht schaffen, die eine Bar sei ein gelebter Traum genug. Am 1. September wird der rote Teppich ausgerollt, was man ruhig wortwörtlich nehmen dürfe. Dann wird die Lounge, benannt nach dem altägyptischen Gott Anubis, auf den Tag genau ein Jahr alt sein. Zwischen Wasserpfeife und Cocktail spielt Discjockey DNS aus Magdeburg auf.