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Trockenheit Wanderschäfer beklagt Futtermangel

Der Burger Andreas Karwath fürchtet um seine Schafe. Nach dem trockenen Sommer sind die Futtermittelpreise stark gestiegen.

Von Thomas Skiba 16.01.2019, 05:00

Burg l Viel Feind – viel Ehr. Mit diesen vier Worten könnte Andreas Karwath seine Lebensphilosophie zusammenfassen. Denn als Schäfer hat er es mit zahlreichen Gegnern zu tun. Davon gehören manche zu den „berufsbedingten Merkmalen“, wie etwa Schafskrankheiten oder Wettereinflüsse. Einige sind auch erst im Laufe der letzten Jahre dazu gekommen: Wölfe, sinkende wirtschaftliche Erträge aus Wolle und Fleisch und – Menschen in Gestalt von Neidern und Moralaposteln.

Wenn sich Andreas Karwath an seinem Hütestock festhält und über seine knapp 1000 Mutterschafe blickt, zeichnet nicht nur das nasskalte Januarwetter Sorgenfalten in sein Gesicht. „Dass der Wolf da ist und kaum Scheu zeigt“, so der Schäfer, „daran gewöhne ich mich zwar nicht, aber darauf stelle ich mich ein.“ So schaffte er sich vier Hütehunde an. In der Vor-Wolfszeit reichten für Herden dieser Größenordnung zwei.

Doch Wölfe sind intelligente Wesen und laut Karwath gebe es in den Rudeln eine Arbeitsteilung: „Einige Wölfe ziehen die Hunde von der Herde weg und die anderen packen dann zu.“

So idyllisch ein Schäfer mit Hut, Mantel und Brotbeutel, dazu noch mit vier kräftigen Hunden, die ständig die Herde umkreisen, auf den Feldern und Wiesen rings um Burg und Möckern auch aussehen mag, so hat dieses Bild doch seinen Preis. Und den zahlen hauptsächlich der Schäfer und seine „Schäfchen“. Wirtschaftlich näht der gebürtige Thüringer auf Kante: „Zwei Hunde mehr bedeutet doppelt so viel Futter“, und das sprenge schon seine Kalkulation.

Zusätzliche Hütehunde als Schutz vor Nutztierrissen von Wölfen werden vom MULE, dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Sachsen-Anhalts, unterstützt. „Ja, die Anschaffung kann ich mir fördern lassen“, erregt sich Karwath und hat einen programmatischen Vorschlag parat: Besser wäre es, bei der Haltung der Hunde, etwa mit einer Futterpauschale, behilflich zu sein. Denn der Kaufpreis für einen Hund schlägt nicht so sehr ins Kontor wie die Kosten für das tägliche Hundefutter.

Während er seine Fellnasen herzt, kommt Karwath auf das letzte Jahr zu sprechen. Es war ein schlimmes Jahr für die Landwirtschaft im Allgemeinen und für ihn als Schäfer ganz besonders. Einschneidend sei die große Dürre gewesen. Der zweite und dritte Grasschnitt sei praktisch ausgefallen. So sind die Futterpreise stark gestiegen. Auch wenn er es bezahlen könnte, gebe es doch kaum Futter zu kaufen, denn der Markt sei wie leer gefegt. Karwath machte auch schon in anderen Medien auf diese „zum Himmel schreiende Situation“ aufmerksam.

Schafe sind genügsame Tiere, deswegen gelten sie, neben Hunden und Ziegen, als eine der ältesten von den Menschen gehaltenen Haustierrassen. „Aber dennoch brauche ich für meine Herde über den Winter 250 Tonnen Zuckerrübenschnitzel und so manchen Eimer Getreide“, erklärt der Wanderschäfer, „sonst verhungern mir die Tiere in den kommenden Monaten, eins nach dem anderen.“

Froh ist er über die landwirtschaftlichen Betriebe in der Umgebung, „die mich auf ihren Flächen nachweiden lassen“. Er suche auch immer noch Äcker, die er mit seinen Merino-Landschafen, Schwarzkopfkreuzungen und Rhön-Schafen beweiden kann. Das Unterpflügen von Pflanzenresten, in der landwirtschaftlichen Fachsprache als Winterfurche bezeichnet, kann doch auch später erfolgen, appelliert Karwath.

Ein weiteres Problem spricht der Schäfer an: „Niemand in Deutschland kauft jetzt Schafe, ich kann die Tiere nicht einmal abgeben - höchstens für einen Spottpreis.“ Neider und Besserwisser werfen ihm vor, keine finanziellen Rücklagen zu bilden, stattdessen würde er sich mit den Fördermitteln und Hüte-Prämien einrichten. Karwath schüttelt mit dem Kopf. Ein finanzielles Polster bei der sinkenden Nachfrage nach Wolle, Fleisch und Lämmern aufzubauen, sei unmöglich.

Hinzu kommen aus seiner Sicht zusätzliche Ausgaben, die erforderlich sind, um Wolfsangriffe abzuwehren oder dessen Schädigungen auffangen zu können. Auch wenn der wahre Lohn eines Schäfers nicht mit materiellen Dingen aufzuwiegen sei: „Diese Entwicklung führt auf Dauer in den wirtschaftlichen Ruin“, so Karwath.