1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Grüne zeigen Landkreis Jerichower Land an

Vorwürfe  Grüne zeigen Landkreis Jerichower Land an

Der Kreisverband der Grünen hat Anzeige gegen den Landkreis Jerichower Land erstattet. Es geht um die Vehlitzer Tongrube.

Von Stephen Zechendorf 16.11.2017, 05:00

Vehlitz l Der Landkreis habe seit dem Jahr 2015 keine Maßnahmen getroffen, um den Austritt von kontaminiertem Sickerwasser zu verhindern, sagt Nils Rosenthal, Vorstandsmitglied des Kreisverbandes der Bündnis-Grünen. Es geht um die Anlage, die sich direkt vor der Vehlitzer Tongrube befindet. Sie wurde zur Vermischung und Herstellung eines Verfüllguts aus geschredderten hausmüllähnlichen Siedlungs- und Gewerbeabfällen mit hohem Organikanteil genutzt, welches dann in den Tontagebau eingebracht wurde.

2008 wurde dies aufgedeckt, das Jerichower Land hatte seinen „Tongrubenskandal“. Seither suchen Gerichte nach den Schuldigen, das Land investiert Millionen Euro, um die verseuchten Tongruben zu sichern und abzudecken.

Die vorgelagerte BImSchG-Anlage fällt jedoch in den Verantwortungsbereich des Landkreises. „Der Landkreis als Verantwortlicher für die Anlage verstößt gegen das Bundesnaturschutzgesetz, eventuell auch gegen das Baugesetz“, begründet Nils Rosenthal die Anzeige: „Obwohl schon vor 2015 die hohe Belastung des Schutzgutes Wasser bekannt war und noch einmal durch das vorliegende Gutachten aus 2015 bestätigt wurde, sah sich der Landkreis nicht verpflichtet, etwas in der Sache zu unternehmen.“

Auf dem weitläufigen Gelände der Anlage hatte der ehemalige – inzwischen Insolvente – Betreiber, die Sporkenbach-Ziegelei (Es handelt sich nicht um den Baumarkt Sporkenbach) etliche Blöcke als Trennwände für Schüttgüter aufgebaut. Diese Blöcke bestehen aus einem verpressten Ton-Gemisch, welches ebenfalls einen hohen Anteil an geschreddertem Müll aufweist. Auch die Betriebsstraße sei mit diesem Müllbeton gebaut worden. Dieses Material verrottet nach und nach und wird ausgewaschen. Das Sickerwasser sammelt sich unter anderem in den benachbarten, abführenden Vorflutern der Ehle, so die Sorge von Nils Rosenthal.

In einem vom Landkreis in Auftrag gegebenen Gutachten aus dem Jahr 2015 ist von einer deutlichen Phenolbelastung des Sickerwassers die Rede. Die Grenzwerte würden bis um das 100-fache überschritten, heißt es da. Auch Grenzwerte anderer umweltbelastender Stoffe würden um das Mehrfache überschritten.

Was die Bündnis-Grünen ärgert: Ihnen wurde das besagte Gutachten wohl erst am zurückliegenden Montag vorgestellt. „Uns ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit über die Gefahren informiert ist“, so Nils Rosenthal am Mittwoch zur Volksstimme. „Es besteht eine starke Toxizität gegenüber Organismen, die im Wasser leben oder von dem Wasser trinken. Damit einhergehend ist auch das Schutzgut Boden gefährdet“, heißt es in der Anzeige.

Dem Landkreis war gestern nicht bekannt, dass seitens des Kreisverbandes Bündnis 90/Die Grünen eine Strafanzeige vorliegt, erklärte Landkreissprecherin Claudia Hopf-Koßmann. Daher halte man sich in Erwartung eines Ermittlungsverfahrens mit Antworten auf Detailfragen zurück: „Der Landkreis hat ein Gutachten zur Gefährdungseinschätzung in Auftrag gegeben, das mittlerweile vorliegt“, bestätigte Hopf-Koßmann: „Darin wird grundsätzlich ausgeführt, dass von den dort lagernden und verbauten, verfestigten Abfällen keine Gefährdung für Menschen und Grundwasser ausgeht. Allerdings enthält das anstehende Sickerwasser Schadstoffe, sodass grundsätzlich Handlungsbedarf besteht.“

Da der Insolvenzverwalter sich dazu nicht in der Lage sehe, müsse der Landkreis diese Gefahrenbeseitigung vornehmen. „Mögliche technische Varianten wurden von der Kreisverwaltung geprüft und mit der Landesanstalt für Altlastenfreistellung sowie dem Landesamt für Geologie und Bergwesen besprochen“, hieß es am Mittwoch.

Demnach soll die Anlage mit Spundwänden und geschlossener Abdeckung verkapselt werden. Die etwa 2,4 Millionen Euro teure Maßnahme wurde in den Haushaltsplan aufgenommen und soll im Jahr 2018 umgesetzt werden. Danach sei der Austritt von Sickerwasser nicht mehr gegeben und die Gefährdung von offenen Gewässern ausgeschlossen. Dies soll über mehrere Jahre kontrolliert werden. „Dort sonst noch lagernde oberirdische Materialien, von denen keine akute Umweltgefährdung ausgeht, werden in einem Kostenrahmen von etwa 180 000 Euro, beginnend im Dezember 2017, abtransportiert und fachgerecht entsorgt“.

Den Vorwurf, man habe lange nicht informiert weist der Landkreis zurück. Über das Ergebnis des Gutachtens und die weitere Verfahrensweise seien Mitglieder der örtlichen Bürgerinitiative sowohl bei einer Besprechung vor Ort als auch in der Kreisverwaltung informiert und das Gutachten übergeben worden. „Im Rahmen der Vorbereitung der Haushaltssatzung wurden Mitglieder des Kreistages in Kenntnis gesetzt, die ersten Informationen zur genannten Thematik gab es bereits im September 2016 im Kreisausschuss“, so Hopf-Koßmann.