Häuserkauf im Jerichower Land Wertsteigerung oder Wertverlust? So entwickeln sich die Immobilienpreise nahe Magdeburg und Berlin
Ob Doppelhaus, Einfamilienhaus oder Wohnung: So haben sich die Immobilienpreise im Jerichower Land entwickelt. Experten geben Prognosen ab, ob und wo sich der Kauf in Großstadt-Nähe jetzt finanziell lohnt.

Burg. - Auch im Jerichower Land träumen viele Menschen von einem eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung. Wie sind die Preise bis 2024 gestiegen? Und wie sieht die potenzielle Wertsteigerung von Objekten im Jerichower Land bis 2035 aus? Wir haben alle Zahlen zu Gründstückswerten analysiert und Experten gefragt, wie die Zukunft am Immobilienmarkt im Jerichower Land aussieht.
Es ist ein Traum, der wohl alle Generationen vereint: Am Lebensabend im eigenen Haus mit Garten sitzen. Im Idealfall in einer Immobilie, die abbezahlt ist. Sorgen über den vermeintlichen Spagat zwischen kleiner Rente und Mietzahlen adé! Doch immer mehr Menschen müssen diesen Lebenstraum begraben – auch im Jerichower Land. Weil die Kaufpreise gestiegen, die Krisen zu groß und die Unsicherheiten gewachsen sind.
Dramatischer Einbruch der Kaufzahlen
Allein bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften im Jerichower Land sind die Kaufzahlen nach Angaben des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr um 37 Prozent eingebrochen. Wurden 2022 noch 115 Objekte verkauft, waren es 2023 nur 73. Bianca Hedwig, seit 2015 Immobilienmaklerin in Burg, ist alles andere als verwundert. „Die Zahlen sind noch harmlos“, sagt die 46-Jährige. „Die Menschen sind komplett verunsichert, was die Zukunft angeht und überlegen sich bei hohen Zinsen dreimal, ob sie sich ein Haus kaufen.“
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Interessant dabei: Der durchschnittliche Kaufpreis bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften liegt seit 2021 durchschnittlich konstant zwischen 120.000 und 130.000 Euro. Wenn es am Preis also nicht liegt, woran dann? „Die Menschen sind generell einfach verhaltener geworden“, sagt Steffen König, der seit 2017 als Immobilien-Verwalter bei „KH Immobilien“ arbeitet. Die Immobilienvermittlung hat sowohl Standorte in Burg als auch Magdeburg und Leipzig. „Vor allem bei sanierungsbedürftigen Häusern gibt es Skepsis, weil die Baustoffpreise hoch und Handwerker schwer zu bekommen sind“, so König.
161.000 Euro für Ein- oder Zweifamilienhaus
Bei freistehenden Ein- und Zweifamilienhäusern müssen Käufer hingegen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Lag der durchschnittliche Kaufpreis 2021 noch bei 139.000 Euro, wurden Anfang des Jahres bereits 161.000 Euro fällig – eine Steigerung von 15 Prozent. Dementsprechend hält die Talfahrt bei den Kaufzahlen an. 219 Objekte wurden im vergangenen Jahr gekauft – 2022 waren es noch 270. Von Januar bis April dieses Jahres wurden bisher 68 Objekte gekauft.
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Wichtig bei der Kaufentscheidung: das Zinsniveau. „Die Menschen müssen sich wieder daran gewöhnen, dass es Immobilienkredite nicht mehr zum Null-Zins-Tarif gibt“, so König.
Die Frage ist nun, ob die große Wende ins Haus steht, nachdem die Europäische Zentralbank die Zinssätze gesenkt hat. Gut möglich, dass es Immobilienkredite bald wieder zu besseren Bedingungen gibt. Bis Ende des vergangenen Jahres waren die Bauzinsen in die Höhe geschossen. Auch deshalb sagt Hedwig: „Das Bauen ist aktuell komplett tot.“ Doch auch Hausbesitzer, die ihre Immobilie renovieren wollen, kommen derzeit oft an ihre Grenzen. „Ich habe in meiner Arbeit noch nie so viele Menschen weinen gesehen wie aktuell“, sagt Hedwig. „Die Menschen können sich die Renovierungen nicht mehr leisten.“ Hedwigs Vater war früher selbst Immobilienverkäufer mit 60 bis 70 Abschlüssen pro Monat. Die goldenen Zeiten sind lange vorbei. „Mittlerweile sind vier bis fünf Abschlüsse über mehrere Monate gesehen schon gut“, so Hedwig, die „hedwig.haus“ seit 2015 leitet und Objekte in Berlin und im Jerichower Land anbietet.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Kaufentscheidung: Lage und Anbindung. „In Biederitz und Möser sind durchaus deutliche Ausstrahlungseffekte des Grundstücksmarktes von Magdeburg zu verspüren“, sagt Cordula Jäger-Bredenfeld, Präsidentin des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt und Mitglied im Gutachterausschuss. Gleiches gilt für Genthin. „Dabei profitiert Genthin von seiner Nähe zu Berlin, aber vor allem von seiner direkten Bahnanbindung, die ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellt.“ Und genau in diesem Punkt sieht Hedwig noch viel Potenzial für Burg. „Ein ICE-Halt wäre halt immobilientechnisch hier viel interessanter“, so die Maklerin, die bereits mit 19 ihr erstes Haus in Berlin verkaufte.
Wertverlust bei Immobilien?
Und wie sieht’s bei Eigentumswohnungen aus? Nachdem die Preise hier 2022 um zirka sechs Prozent zurückgingen (60.000 Euro durchschnittlich), stiegen die Preise 2023 wieder deutlich – auf 70.000 Euro. Aktuell müssen Käufer im Schnitt 77.000 Euro überweisen. Doch taugt die Eigentumswohnung als Wertanlage? „Das kommt darauf an, wo die Immobilie liegt und vor allem wie sie gepflegt wird“, so König. Laut Postbank-Wohnatlas, den das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) jährlich veröffentlicht, werden die Preise für Eigentumswohnungen in rund 40 Prozent aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte bis 2035 fallen. Für das Jerichower Land wird ein Preistrend von knapp minus zwei Prozent prophezeit. Ob das wirklich eintrifft, weiß niemand. Klar ist aber: Der Immobilienkauf als Lebenstraum wird f immer schwerer zu realisieren.