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Betreuer Erich Ulrich und Leiterin Ilona Haberland stellen Tagesstätte für Suchtkranke vor "Adrome ist wie ihr kleines Zuhause"

Von Gesine Biermann 22.03.2012, 04:09

Nur 8 der 18 Plätze in der Adrome-Tagesstätte für suchtkranke Menschen sind derzeit belegt. In einer Infoveranstaltung zeigten die Verantwortlichen Mitarbeitern anderer sozialer Einrichtungen die Möglichkeiten der "Brücke" auf.

Gardelegen l Wer täglich hierherkommt, "dem ist in seinem Leben schon viel kaputt gegangen", sagt Ilona Haberland. Die Leiterin der Adrome-Tagesstätte "Die Brücke" hat vor allem ein Anliegen, als sie sich in ihrer kleinen Ansprache an die Vertreter verschiedener Einrichtungen wendet, die mit Suchterkrankten zu tun haben, wie sie. "Wir wollen Ihnen unserer Tagesstätte vorstellen." Kliniken, Wohnheime, "all das ist vielen ein Begriff, was aber ist eine Tagesstätte?"

Nun, sie ist zunächst einmal ein Anlaufpunkt. Und zwar ein regelmäßiger, erzählt Haberland. Täglich von 7.30 bis 16 Uhr steht die Tür der "Brücke" Menschen offen, die nach einer Sucht seelisch erkrankt sind, aber - oft nach Heimaufenthalt - bereits in eigener Wohnung leben. Dort erwartet sie ein strukturierter Tagesablauf, eine sinnvolle Beschäftigung wie die Hilfe bei der Stadtreinigung, die eine oder andere gemeinsame Unternehmung, aber auch Hilfe bei Behördenangelegenheiten. Eigentlich also Alltägliches, und dennoch "für viele lebenswichtig", wie Haberland betont. Denn wer hier Einlass finden wolle, "muss sich zumindest ordentlich anziehen und kämmen" - für viele Suchterkrankte sei das längst nicht selbstverständlich - und er muss vor allem trocken bleiben.

"Nein", stellt die Einrichtungsleiterin klar, "das gelingt nicht allen." Doch auch nach Rückfällen sei eine Rückkehr in die Gruppe möglich. Ein Wille zur Abstinenz müsse aber klar zu erkennen sein. Wer partout nicht will, muss gehen, versichert Haberland.

Doch das passiere nicht oft. Im Gegenteil. Für die Besucher sei Adrome "wie ihr kleines Zuhause", erzählt Mitarbeiter Erich Ulrich. Er ist in der Woche täglich der regelmäßige Ansprechpartner für die Männer und Frauen, die die "Brücke" besuchen. Er schilderte gestern den Besuchern kurz den Tagesablauf und die "Highlights", wie Tagesausflüge, die kleine Geburtstagsfeier, die dort für jeden Teilnehmer abgehalten wird oder einfach das tägliche gemeinsame Mittagessen. "Ansonsten würden sie allein zu Hause hocken", sagt Ulrich. Und so sei die "Brücke" für viele der Betreuten tatsächlich eine Brücke zurück ins Leben. Die Zahlen, die er nennt, geben ihm recht. Immerhin 8 der insgesamt 36 Betreuten konnten seit Gründung der Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zurückkehren, etliche andere hätten zumindest ihr Leben wieder im Griff, erzählt Ulrich.

Einer von ihnen ist Karl-Heinz Kausche. Auch er ist gestern gekommen, um den Gästen die "Brücke" näher zu bringen. Seit 2003 sei er trockener Alkoholiker, gibt Kausche unumwunden zu. Nach einer Entgiftung und stationärer Betreuung im Adrome-Heim in Siems kehrte er nach zwei Jahren ins selbständige Leben zurück, meistert es bis heute selbständig und ohne einen Tropfen Alkohol. Das, so Kausche, sei nur mit starkem Willen möglich gewesen "und durch die Tagesstätte". Denn: Allein "bleibst Du nicht lange trocken", sagt er.

Bevor Haberland, Ulrich und Adrome-Geschäftsführer Detlef Reps die Besucher schließlich durch die Räume der "Brücke" und auch durch eine der angrenzenden Wohnungen führen, die ein Betreuter den Gästen freundlicherweise öffnet, erläutert Ilona Haberland noch die Zugangsvoraussetzungen, die vorliegen müssen, wenn eine Betreuung in der Tagesstätte möglich sein kann. So müsse der Antragsteller abstinenzbereit sein, eine Engiftung hinter sich haben und - und das ist für Haberland nicht nachvollziehbar - entweder eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder Grundsicherung beziehen. Damit würden "unterschiedliche Maßstäbe an Menschen angelegt, die eine Hilfe wie diese ganz dringend benö- tigen", gab Ilana Haberland zu bedenken.