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Amtsgericht Flüchtiger Dieb oder nur austreten gewesen?

Gardeleger muss sich wegen Verdachts des Diebstahls von Baustoffen von seinem ehemaligen Arbeitgeber verantworten.

Von Ilka Marten 15.06.2016, 03:00

Gardelegen l War er nur kurz im Busch verschwunden oder ist er ein potenzieller Dieb? Dieser Umstand konnte selbst bei einem Fortsetzungstermin am Ort des Geschehens nicht geklärt werden. Verantworten musste sich ein 29-Jähriger aus einem Gardeleger Ortsteil vor dem Amtsgericht wegen Diebstahls von Betriebs- und Werkstoffen aus einem Baucontainer.

Der soll sich vor fünf Monaten auf einem Firmengelände an der Stendaler Chaussee ereignet haben. Gegen einen Strafbefehl in Höhe von 1500 Euro hatte der Mann Widerspruch eingelegt. Der Angeklagte gab im Prozessverlauf zu, dass er dort am Gelände mit seinem Pkw war, „aber er habe dort geparkt“. Weil er zuvor Bier getrunken hatte, musste er laut eigener Aussage austreten. Währenddessen sei ein Polizeiwagen an ihm vorbeigefahren, habe dann gedreht und sich neben ihn auf die Einfahrt des Firmengeländes gestellt.

Weil er ein Zusammentreffen mit den Polizisten, die derweil das Gelände mit Taschenlampen absuchten, vermeiden wollte, setzte er sich in seinen Pkw und fuhr davon, so die Version des 29-Jährigen. Sein Mandant „ist sich sicher, dass er die Container nicht angefasst hat“, betonte sein Verteidiger. Den Beamten wollte er nicht in die Arme laufen, weil er vor der Fahrt Bier getrunken hatte. Ein Test ergab wenig später 0,3 Promille Alkohol. „Ich wollten keinen Zirkus“, so der Angeklagte. Der Richter dazu: „Jetzt haben Sie den Zirkus richtig.“ Aus Sicht der Beamten sah der Vorfall an diesem Januar-Abend gegen 23 Uhr anders aus. Er hätte ein Rascheln im Gebüsch gehört. Gesehen habe er selbst niemanden auf dem Gelände – nur das Auto wegfahren sehen, berichtete ein Polizist.

Den Halter des Pkw hatten die Beamten gleich abgefragt, als sie neben dem Wagen in der Einfahrt gehalten hatten. Am Firmentor seien keine Aufbruchsspuren gewesen, schilderte der Beamte. Sein Kollege berichtete von metallischen Geräuschen, „einem Rackeln“, das aus Richtung der Baucontainer, die auf dem Betriebsgelände standen, kam. Dann habe er gesehen, wie eine Person von den Containern zum Pkw lief.

Mit seinem Kollegen zusammen sei er dann in den Ortsteil gefahren, wo der 29-Jährige gemeldet ist – und traf ihn prompt mit seinem Pkw an. Der Mann habe einer Durchsuchung seines Pkw und einem Alkoholtest zugestimmt, wegen Verdunklungsgefahr nahmen die Beamten den 29-Jährigen zunächst auch mit ins Revierkommissariat.

Warum die Beamten den Pkw prompt durchsuchten, erschloss sich dem Richter nicht. Im Kofferraum befanden sich ein Bolzenschneider und eine Rohrzange. Die hatte der Angeklagte, der mal für die Firma tätig gewesen ist, wo er laut Anklage eingebrochen sein soll, nach eigener Aussage noch von seiner Arbeit am Abend in Stendal im Auto.

Wenig amüsiert reagierte Amtsrichter Axel Bormann auf die Feststellung des einen Polizeibeamten, dass er die Vorkommnisse dieses Abends im Kopf habe und deswegen nicht mehr in den Unterlagen nachgeschaut habe. Auf die Frage, ob er den Angeklagten wiedererkenne, sagte der Polizist nur: „Von der Statur ja.“

Bei einem Vor-Ort-Termin wenige Wochen später sollten vor allem mögliche Laufwege auf dem Gelände abgeklärt werden, da diese von den Polizeibeamten unterschiedlich geschildert worden waren. Und in diesem Zuge schauten sich Richter, Staatsanwältin und Verteidiger vor Ort bis dato nicht berücksichtigte Aufnahmen der Überwachungskameras auf dem Gelände an, die mehrere Personen zeigen. Die Sequenzen müssen nun von der Kriminaltechnik ausgewertet werden – erst danach könnte der Prozess vor dem Amtsgericht von vorn beginnen.