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Schaupflügen Blühstreifen für Insekten

Pflügen wie zu Großvaters Zeiten: Zum Schaupflügen trafen neun Pferdegespanne in Kämeritz ein und pflügten einen Blühstreifen für Insekten.

Von Petra Hartmann 31.03.2019, 16:24

Kämeritz l Ein warmer Sonnabendmorgen, Frühlingsluft, trockenes Wetter, traumhafte Bedingungen zum Pflügen. Heute wollen die Gespannführer den Insekten etwas Gutes tun. Allerdings: Es gibt bereits Insekten auf der Fläche. Und mit Bienen ist nicht zu spaßen. Die Interessengemeinschaft Zugpferde hatte zum Schaupflügen auf die Streuobstwiese nach Kämeritz eingeladen, und neun Gespannführer sind zusammen mit ihren Pferden und Helfern auf das Gelände gekommen. Ein Einsatz, der einem guten Zweck dient: Auf der idyllischen Streuobstwiese, unter Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäumen soll ein Blühstreifen entstehen. Das Ganze ist eine Aktion für den Insektenschutz, vor allem die bedrohten Bienen sollen hier etwas zum Essen und zur Honigproduktion finden. Und Wolfgang Sender von der Naturparkverwaltung weist stolz auf die grünen Bienenkästen, die ein Imker bereits hier aufgestellt hat.

Gegen 10.30 Uhr gibt Organisator Tino Fehse das Startsignal. Die erste Furche auf dem vorbereiteten, einen Morgen großen Feld, zieht Walter Heuer mit seinem Haflinger-Gespann. Der amtierende Landesmeister im Pflügen hat ein routiniertes Duo eingespannt: Stern (15) tritt hochkonzentriert in die von Fehse gezogene Mittelfurche, Satan hat seinen Kumpel gut im Blick, die Furche wird sauber und gerade. Nach und nach kommen die anderen Gespanne auf das Feld. Die Stimmung ist heiter, die Fahrer entspannt, sie freuen sich vor allem darüber, dass mit Dieter Bösche und Harald Schüler zwei erfahrene Jury-Mitglieder dabei sind, die den Pflügern Tipps zu den Einstellungen ihrer Geräte und zur Technik geben. Vor allem Harald Schüler ging in seiner aktiven Zeit der Mythos voraus, seine Pferde könnten sogar lesen und schreiben.

Doch dann, nach der Kurve passiert es. Die ersten Pferde sind bereits auf der Gegengeraden, als es in der Luft zu surren und zu brummen beginnt. Die vielen Leute, die heftigen Erschütterungen des Bodens haben die Bienenvölker aufgebracht. Sie beginnen zu schwärmen, umkreisen Pferde und Gespannführer, setzen sich in Mähnen, auf Köpfe, wimmeln immer aggressiver in der Luft. „Aufpassen, bevor noch etwas passiert“, ruft ein Gespannführer. Dann stechen die Tiere zu. Betroffen ist das Gespann von Walter Heuer. Zum Glück kann der Routinier aus Brunau die beiden Haflinger trotz ihrer Nervosität unter Kontrolle halten. Er spannt seine Tiere aus und lässt sie in einiger Entfernung hin und her gehen, bis sie sich wieder beruhigt haben. Auch Gespannführer Wolfram Kiefer, der mit seinen beiden Friesenstuten Mareike und Veres in den Schwarm der erregten Honigbienen geriet, hat es erwischt, ebenso eine Zuschauerin, die am Feldrand Fotos machte.

Ansonsten blieb das Publikum laut Tino Fehse von den erbosten Bienen verschont. „Da hatten wir nun ein Sicherheitskonzept, aber damit hat keiner gerechnet“, sagt der Organisator. Am Ende wurde das Pflügen des vorbereiteten Land-Morgens nach der Hälfte der Arbeit abgebrochen. Tino Fehse rief den zuständigen Imker an, der seine Tiere am Abend in die Kästen einsperrte. So konnte Fehse mit seinem Gespann die andere Hälfte am Sonntagmorgen umpflügen. In der kommenden Woche sollen nun Blumensamen ausgesät werden. Für Schmetterlinge und Käfer, Honigbienen und Wildbienen. Offenbar nimmt von den Gespannführern keiner die Attacke der Streifeninsekten krumm. Und so wird die Landschaft bei Kämeritz wieder um ein paar Tiere reicher. Sehr gefreut haben sich die Pflüger – außer heimischen Gespannführern waren auch Teilnehmer aus Schwerin, Lüneburg und anderen Städten angereist – über die vielen Tipps der beiden Juroren Bösche und Schüler. Am Nachmittag gab es etwas entfernt vom Bienenstandort ein Pflügen unter Wettkampfbedingungen, und die Teilnehmer erhielten eine Menge Hinweise zu den Einstellungen der Ackergeräte. „Es war ein richtig gelungener Tag, und die gute Resonanz gibt uns Recht“, fasst Tino Fehse am Abend zusammen. Und er freut sich schon auf das nächste Pflügen mit seinen rheinisch-deutschen Kaltblütern Horst und Stina.