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Ehrenamt Da sein für Menschen auf ihrem letzten Weg

Joanna Zerneke ist ehrenamtliche Begleiterin im ambulanten Hospizdienst in Gardelgen. Dafür bekommt sie den Volksstimme-Blumenstrauß.

Von Gesine Biermann 12.08.2017, 03:00

Gardelegen/Eigenthum l Sie gehört zu den Begleitern der ersten Stunde. Ende der 1990er Jahre, als sie in der Zeitung die ersten Artikel über ambulante Sterbebegleitung liest, die das Hospiz in Stendal anbietet, ist sie von dem Gedanken derart angetan, dass sie sich spontan zum ersten Kurs für Begleiter anmeldet. Der allerdings ist da schon belegt. Sie kommt auf die Warteliste und nimmt schließlich im Folgejahr an einem Kurs teil.

Seither ist Joanna Zerneke ehrenamtliche Begleiterin. Mittlerweile arbeitet sie im ambulanten Hospizdienst in Gardelegen mit, geht regelmäßig zu den Gruppentreffen. Die, so sagt sie, sind wichtig. Zum Herunterkommen, um Erfahrungen auszutauschen, und sie selbst kann – nach zahllosen Begleitungen – gerade den neuen Ehrenamtlichen auch schon mal Tipps geben. Denn eine Begleitung ist immer völlig individuell.

Doch was hat sie dazu gebracht, vor 17 Jahren, diese Herausforderung anzunehmen? Joanna Zerneke zögert keine Sekunde: „Ich war von der Idee völlig beeindruckt“, sagt sie rückblickend. „Tod? Das ist doch eigentlich etwas, was man immer wegschiebt. Und jetzt soll es da Leute geben, die sind da ganz nah dran?“ Im Hospizgedanken werde der Tod, das Sterben, eben „nicht einfach weggestellt, sondern in den Mittelpunkt gerückt!“, sagt Zerneke. Ein Gedanke, den sie ebenso wichtig wie unterstützenswert fand.

Seither war die heute 56-Jährige schon sehr viele Male bei Todkranken, bei Sterbenden und deren Angehörigen zu Gast, um ihnen ihre Zeit zu schenken.

Dabei seien die Erwartungen so unterschiedlich, wie die Menschen selbst. „Jedesmal ist es neu, man kann sich nicht darauf vorbereiten.“ Mit dem einen kann sie noch plaudern, über alte Zeiten zum Beispiel, über die Hobbys oder über die Familie. Andere mögen es, wenn sie etwas vorliest, wieder anderen kann sie helfen, indem sie nur da ist, mal streichelt, mal die Hand hält. Und manchmal nimmt sie diejenigen, die sie begleitet, oder auch die Angehörigen einfach spontan in den Arm.

Sie sei überzeugt davon, dass man „Menschen einen schönen Tod schenken kann“, sagt Zerneke. Denn eigentlich wollten doch fast alle Menschen zu Hause sterben. Und es sei ein Geschenk, vor allem von den Angehörigen, ihnen das zu ermöglichen.

Aber besonders vor jenen, die gehen müssen, hat die mehrfache Mutter viel Respekt. „Es ist doch die letzte große Leistung im Leben, dass man loslassen muss“, sagt sie. Manchmal sogar schon vor der Zeit. Denn es sind nicht immer nur alte Menschen, die die ausgebildete Lehrerin begleitet.

Deshalb liegt ihr auch viel daran, sich noch an einem weiteren Projekt des ambulanten Hospizdienstes Gardelegen zu beteiligen. Kürzlich hat sie einen Weiterbildungslehrgang für das Projekt „Hospiz macht Schule“ gemacht. Im kommenden Schuljahr soll dann in der evangelischen Grundschule ein einwöchiges Projekt mit Grundschulkindern starten (wir berichteten), mit dem schon die Jüngsten auf das Thema vorbereitet werden sollen und bei dem sie dabei sein wird.

All das macht Joanna Zerneke, neben ihrer Arbeit als pastorale Mitarbeiterin in der Pfarrei Sankt Hildegard, wo sie für viele organisatorische Aufgaben innerhalb der vier Gemeinden zuständig ist, und neben ihren Aufgaben als Ehefrau, Mutter und Tochter einer ebenfalls pflegedürftigen Mutter.

Doch zu viel wird es ihr nicht. „Es ist so, dass man wirklich auch für sich aus jeder Begleitung immer etwas mitnimmt“, versichert sie. Nicht eine Stunde ihrer ehrenamtlichen Arbeit wolle sie missen.

Denn auch für sie selbst, so betont Zerneke, sei ihre ehrenamtliche Arbeit ein Geschenk, etwas, das ihr Leben um einiges bereichert hat.

Kennen auch Sie, liebe Leser, einen Menschen, der immer zuerst an andere denkt, der sich einbringt und zupackt, wo es notwendig ist, ohne etwas dafür zu erwarten? Dann schlagen sie ihn doch unter Tel. 03907/80 69 23 oder per E-Mail unter redaktion.gardelegen@volksstimme.de für den nächsten Blumenstrauß des Monats vor.