Lüchow-Dannenberger bereiten sich vor Das bange Warten auf die Flut hat begonnen
Salzwedels Nachbarkreis Lüchow-Dannenberg rüstet sich für das Elbe-Hochwasser. Rund 2000 Helfer sind im Einsatz. Sie wollen 1,2 Millionen Sandsäcke befüllen. Derweil bereiten sich die ersten Elbeanrainer auf ihre Evakuierung vor.
Hitzacker/Salzwedel l Rotraud Busse aus dem Elbdörfchen Wussegel bei Hitzacker blickt sorgenvoll über ihren Gartenzaun: Sie wird wohl evakuiert werden, obwohl die als Schwachstelle geltende Mauer in Wussegel hinter ihrem schmucken, reetgedeckten Fachwerkhaus erhöht und verstärkt wird. Sie muss ihr mit alten Möbeln ausgestattetes Haus zurücklassen. "Ich habe zwei Hochwassertruhen, denen passiert wohl nichts", sagt die pensionierte Grundschullehrerin schmunzelnd und zeigt auf die Truhen aus dem 17. Jahrhundert, die extra dünne und lange Beine haben. Hochwässer gibt es hier nicht erst seit 2002.
Hund Willi nimmt sie mit, der Storch kann auf dem Dach bleiben - Blick auf die Elbe inklusive. Immerhin wollen ihre Kinder aus München und Oldenburg anreisen und dabei helfen, die wichtigsten Sachen vorher auf den Dachboden zu schaffen.
Im Garten von Landwirt Wilhelm Sander werden große Stahlträger in die Erde gerammt: Sie sollen die alte und schwache Mauer abstützen und die Erhöhung absichern. Bauingenieur Jörg-Heinrich Siemke aus dem benachbarten Breese in der Marsch wird die Mauer mit seinem Team um 60 Zentimeter erhöhen: "Das sollte nach den aktuellen Prognosen ausreichen", so Siemke. "Wenn nicht, geht eh die gesamte Elbmarsch rund um Dannenberg baden, und dann fließt es bis nach Lüchow", prognostiziert er.
Die alten Kastanien, die auf den "Elbterrassen", einem Lokal direkt an der Elbe, Schatten spenden, werden radikal zurückgeschnitten. Die großen Lkw müssen hier durch, um die Mauer zu verstärken. Landwirt Wilhelm Sander räumt derweil sein Hab und Gut in den ersten Stock.
Währenddessen sind Hunderte von freiwilligen Feuerwehrleuten aus ganz Niedersachsen im Einsatz auf dem Deich zwischen Hitzacker und Wussegel, um die Region für das erwartete dramatische Szenario zu rüsten. Die Altstadt von Hitzacker wird evakuiert, die Arbeiten dazu haben schon begonnen. Der Deich zwischen Hitzacker und Wussegel wird nochmals mit Sandsäcken erhöht, "damit wir knapp unter der erwarteten Oberkante von 8,80 Meter bleiben", wie Einsatzleiter Heini Schmidt von der Feuerwehr Dannenberg berichtet.
Bereits am Dienstagabend hatte Lüchow-Dannenberg Katastrophenalarm ausgelöst, um diesmal schneller reagieren zu können als bei der Flut 2002, bei der die Altstadt von Hitzacker tagelang überschwemmt war. Ob allerdings die neue mobile Spundwand in Hitzacker dem erwarteten Pegel von 8,80 Meter standhält, wird sich zeigen. Nach den Prognosen blieben nur 15 Zentimeter Luft - nicht viel. Nach aktuellen Einschätzungen werden alarmierende Wasserstände wohl doch erst am Sonntag das Kreisgebiet erreichen. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz kann allerdings noch keine Prognose für das Eintreten des Flutscheitels treffen. Angesichts der anhaltenden Regenfälle im Osten gehen die Verantwortlichen davon aus, dass sich das Hochwasser länger halten wird und womöglich in mehreren Flutwellen die Elbe herab fließt.
Befürchtet wird, dass die Wasserstände diejenigen der Fluten von 2002 und 2011 noch übersteigen, was für deichlose Orte wie Vietze bedeutet, dass besondere Schutzvorkehrungen zu treffen sind.
Die Mitarbeiter des Krisenstabs im Nachbarlandkreis sind pausenlos im Einsatz, wie Melanie Wendt, Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit, mitteilt. "Die Evakuierung der Stadtinsel in Hitzacker wird vorbereitet, es sind Hilfskräfte unterzubringen und viele weitere organisatorische Aufgaben zu erledigen", erklärt sie.
Bei der Vorsorge gehen Kreis-Mitarbeiter vom schlimmsten Hochwasserszenario aus, hoffen aber, dass es nicht eintritt. Die gesamte Strecke des Deiches sei mit guten Mitteln gegen eine Flut ausgestattet worden, so Wendt. "Wir müssen sehen, ob das reicht, ansonsten müssen wir weiter erhöhen", ergänzt sie.
Besonders im Fokus stehen aktuell die Orte Neu Darchau, Hitzacker, Wussegel und Meetschow/Gartow. "Mehr als 2000 Kräfte sind im Einsatz. Etwa 1,2 Millionen Sandsäcke sollen insgesamt befüllt werden", berichtet die Kreismitarbeiterin.
Neun Schulen und drei Turnhallen sind für die Unterbringung der Helfer vorgesehen. Der Unterricht dort fällt bis einschließlich Freitag aus, informierte Melanie Wendt.
Aktuelle Informationen zur Hochwassersituation gibt es unter www.luechow-dannenberg.de/hochwasser.