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Gedenken Feldscheune Isenschnibbe: Weiteres Opfer des Massakers identifiziert

Ein weiteres Opfer des Massakers in der Feldscheune Isenschnibbe ist identifiziert. Joseph Broussot wurde am 13. April 1945 in Gardelegen ermordet. Warum wurde dies erst jetzt herausgefunden?

Von Elke Weisbach 15.04.2022, 20:42
Auch Gedenkstättenleiter Andreas Froese legte einen Kranz nieder.
Auch Gedenkstättenleiter Andreas Froese legte einen Kranz nieder. Foto: Elke Weisbach

Gardelegen - Joseph Broussot – das ist der neue Name im Gedenkbuch der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe. Damit ist ein weiterer Toter auf dem Friedhof der Gedenkstätte Isenschnibbe nicht mehr namenlos wie die Mehrheit der anderen Gräber. Die Identität von zwei Dritteln der Toten in den Gräbern ist bis heute ungeklärt.

„Mit der Hilfe und Unterstützung von französischen Historikerinnen und Historikern und Mitgliedern von Angehörigenverbänden aus Frankreich konnte die Identität des Toten, der in Feld A, Reihe III, Grab Nummer 64 bestattet wurde, nun zweifelsfrei bestätigt werden“, berichtete Lukkas Busche, pädagogischer Mitarbeiter der Gedenkstätte Isenschnibbe, während der Gedenkveranstaltung am Mittwoch. Es war der 77. Jahrestag des Massakers von Gardelegen, als am 13. April 1945 in der Feldscheune über 1000 Häftlinge aus den KZ-Komplexen Mittelbau und Neuengamme den Tod fanden.

Viele von ihnen, die von den Gardelegenern auf Befehl der Amerikaner – die 102. US-Infanteriedivision unter ihrem Befehlshaber Brigadegeneral Frank A. Keating entdeckte das Massaker – in Einzelgräbern auf dem Ehrenfriedhof bestattet wurden, blieben ohne Namen. Nun konnte aufgrund neu entdeckter persönlicher Dokumente und Berichte von zwei überlebenden KZ-Häftlingen aus Frankreich Joseph Broussot als Opfer identifiziert werden, berichtete Busche.

Nach dem Krieg sei die Häftlingsnummer von Broussot nicht eindeutig überliefert worden. In verschiedenen Dokumenten waren unterschiedliche Informationen zu finden. Demnach hätten zwei Namen und zwei unterschiedliche Häftlingsnummern (31041 und 31061) der Grablage zugeschrieben werden können. Eine historisch-wissenschaftlich belastbare Zuordnung war auf dieser Grundlage nicht möglich. Erst aufgrund der Dokumente ließ sich im Frühjahr 2021 bestätigen, dass Joseph Broussot tatsächlich am 13. April 1945 in Gardelegen ermordet und auf dem militärischen Ehrenfriedhof beigesetzt worden war.

Damit haben auch seine Nachkommen endlich Gewissheit über sein Schicksal, was generationsübergreifend wichtig sei. Das gelte sowohl für die Familien der Opfer, machte Gedenkstättenleiter Andreas Froese deutlich, als auch für die Familien der Überlebenden. Denn der Zivilisationsbruch, wie Froese die Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges nannte, „ist bis heute eine prägende und traumatische Erfahrung“. Und zwar auch für die nachfolgenden Generationen, für die heute Krieg angesichts des Einmarsches Russlands in die Ukraine so nah wie nie zuvor sei.

Das betonten unter anderem auch Kai Langer, Direktor der Stiftung Gedenkstätte Sachsen-Anhalt, sowie Mandy Schumacher in ihren Grußworten. Sie hätte sich, so Gardelegens Bürgermeisterin, bis vor ein paar Wochen nicht vorstellen können, dass sie sich mit Zivilschutz und Sirenenwarnsystemen beschäftigen müsse. Für sie war Krieg die Generationserfahrung ihrer Großeltern. „Ich hoffe, dass sie nicht unsere oder die unserer Kinder sein wird.“