Gesunde Böden Medizin für den Wald

Im Bereich des Letzlinger Betreuungsforstamtes wird derzeit der Waldboden gekalkt. Waldbesitzer sollen daran teilnehmen.

Von Anke Kohl 14.10.2016, 01:01

Letzlingen/Roxförde l „Die Frage ist doch, weshalb bewerben sich die Waldbesitzer nicht für diese Aktion?“, möchte Ehrengard Dümpert von Alvensleben wissen. Die Aktion, das ist das Aufbringen von Kalk auf nährstoffarme, jedoch übersäuerte Waldböden in der westlichen Altmark.

„Grundsätzlich haben wir hier ganz arme und trockene Böden“, erklärt Revierförster Detlev Riesner, der gestern an der Informationsveranstaltung des Landeszentrums Wald im Betreuungsforstamt Letzlingen teilnahm. Denn erstmalig haben Waldbesitzer in der Region die Möglichkeit, Privatwaldflächen kalken zu lassen – aus der Luft, per Helikopter (wir berichteten). Warum es dieses Projekt gibt, das zu 100 Prozent vom Bund gefördert wird, das erläuterte Dr. Michael Mindrup von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen ebenso allgemein verständlich wie sachspezifisch.

Seit 1991 arbeitet Mindrup im Sachgebiet des Nährstoffmanagements und kennt die Statistiken und Zahlen. „Die Böden sind arg in Mitleidenschaft gezogen und können die Nährstoffe gar nicht mehr halten“, mahnte er. Die Versäuerung des Bodens habe extreme und schwerwiegende Folgen, erklärte Mindrup. Die Wurzeln können nicht mehr tief in den Boden eindringen, was die Standfestigkeit beeinträchtige.

„Im Hauptwurzelraum ist den Bäumen die alte Fähigkeit zur Verwurzelung durch die Versäuerung verloren gegangen. Stürme oder Orkane werden zunehmen. Denen sind die Bäume nicht mehr gewachsen. Sie knicken weg“, erinnert der Fachmann dabei an nicht allzu lang zurückliegende Szenarien.

Rund drei Millionen Euro gibt der Bund für den Zeitraum von drei Jahren (2015 bis 2017) für das Projekt aus. Sechs Bundesländer beteiligen sich daran. „Unser Ziel ist es, die Akzeptanz für das Kalken zu erhöhen. Es wird noch zu wenig gekalkt“, sagte Dr. Michael Mindrup. „Hehres Ziel“, so Mindrup, sei „die Versäuerung des Bodens zu beseitigen“.

Zwei zeitlich weit versetzte Bestandserhebungen, durch teils aufwendige und sehr spezielle Messverfahren, können die Fachleute über die Beschaffenheit der Waldböden vorweisen. Die Messungen des Säuregehaltes in Bäumen habe bereits in den 70er Jahren begonnen. Und trotz aller umweltschützenden Maßnahmen, „ist die Säurebelastung noch immer im kritischen Bereich. Der saure Regen, von dem wir immer gehört haben, ist längst kalter Kaffee“, so Mindrup.

Im Bereich der Waldmast, einem Waldstück das Ehrengard Dümpert von Alvensleben gehört und das sie zur Kalkung angemeldet hat, sei die Nitratbelastung klar zu hoch gewesen. Zurückzuführen ist das auf eine langjährige intensive Schweinehaltung dort, erklärte Revierförster Ralf Pieper vom Betreuungsforstamt. Über rund zehn Jahre seien dort in den 60er - 70er Jahren tausende Schweine gehalten worden.

„Man kann noch immer auf den Zug aufspringen und einen Antrag auf Bodenkalkung stellen“, lädt Ehrengard Dümpert von Alvensleben alle Waldbesitzer ein, sich zu informieren und Nutzen sowie Aufwand selbst zu erfragen. Die Kenzendorferin ist zudem Geschäftsführerin der Landesgruppe Sachsen-Anhalt der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft. „Man muss sehen, dass die Kalkung jedem Bürger zugute kommt. Der Wald wird ja auch als Erholungsort wertvoller.“