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Kinderbetreuung Awo kämpft für Ganztagsanspruch

Der Ganztags-Betreuungsanspruch für Kita-Kinder steht wieder infrage. Die Awo, die auch in Kalbe eine Kita betreibt, kämpft dagegen.

Von Cornelia Kaiser 11.10.2018, 01:01

Kalbe l „Die Ungleichbehandlung der Kinder ist wieder da.“ Mit diesen Worten ruft der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) als Teil eines „Bündnisses für ein kinderfreundliches Sachsen-Anhalt“ die ihm untergeordneten Organsationen und Einrichtungen, so auch die in Kalbe, dazu auf, sich an einer landesweiten Protestaktion zu beteiligen.

Es geht dabei um die geplante Absenkung des Ganztagsanspruches für die Kinderbetreuung auf maximal acht Stunden pro Tag. Sie könnte mit der Novellierung des Kinderförderungsgesetzes (KiFöG) und somit zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Am Donnerstag, 25. Oktober, debattiert der Landtag über dieses Thema. Und genau an diesem Tag soll die Protestaktion vor dem Parlament in Magdeburg stattfinden. Der Awo-Landesverband ruft dort um 15.30 Uhr zu einer Kundgebung auf. Und auch beim Awo-Kreisverband mit Sitz in Kalbe und der ihm angeschlossenen Awo-Sozialdienst Altmark GmbH wird überlegt, mit einer Abordnung nach Magdeburg zu fahren. Auf jeden Fall gibt es an diesem Tag jedoch eine vorzeitige Schließung der zur Awo gehörenden Kita „Pünktchen“ in Kalbe. Sie macht um 15 Uhr dicht, wobei aber für Notfälle eine Betreuung abgesichert ist. Die Eltern sind bereits über die Aktion informiert worden.

„Zudem werden wir an diesem Tag ab 14 Uhr mit einem Stand vor der Kita stehen und noch einmal alle, die ihre Kinder abholen, gezielt über das Thema informieren“, betonte gestern Andrea Schmieder, eine der beiden Kalbenser Awo-Geschäftsführerinnen.

Sie und ihr Team finden es besonders problematisch, dass Eltern künftig ihren Bedarf nachweisen müssen, sofern sie ihr Kind länger als acht Stunden in eine Kita bringen wollen. Aber wo beginnt der Bedarf? Und vor allem: Wer entscheidet darüber? Der Träger der Jugendhilfe, also der Kreis, oder gar die Kita-Leitung? „Es gibt neben ganztägiger Erwerbstätigkeit beider Eltern auch andere Situationen, in denen eine Ganztagsbetreuung notwendig wird“, so Andrea Schmieder. Als Beispiele nannte sie die Pflege von Angehörigen oder Großfamilien, in denen es mehrere Minderjährige gibt. Außerdem, so die Awo-Geschäftsführerin aus Erfahrung, sei es auch für die Entwicklung eines Kindes positiv, wenn es die Kita nicht dauerhaft früher als andere verlassen müsse.

Der Awo-Landesverband erinnert in seinem Protestaufruf daran, dass der Ganztagsanspruch von bis zu zehn Stunden pro Tag erst seit 2013 gilt. Vorher gab es für Kinder, deren Eltern nicht beziehungsweise nur teilweise erwerbstätig waren, lediglich einen Fünf-Stunden-Betreuungsanspruch. „Das System der frühkindlichen Bildung braucht konstante Rahmenbedingungen“, heißt es in dem Aufruf des Landesverbandes, in dem auch noch einmal an jene Kündigungswelle erinnert wird, die die schon einmal durchgesetzte Reduzierung des Ganztagsanspruches einst mit sich gebracht hatte.

Wenn nun abermals eine solche Gesetzesänderung kommt, steht laut Awo-Landesverband nicht nur eine Ausuferung des Verwaltungsaufwandes durch die Genehmigungen erweiterer Ganztagsansprüche, sondern auch noch Folgendes zu befürchten: „Kinder nichtberufstätiger Eltern werden stigmatisiert. Gerade bei der Kinderarmut in Sachsen-Anhalt wäre hier geboten, allen Kindern den gleichen Betreuungsumfang zu gewähren.“ Der, so der Verband, dürfe nicht vom Sozialstatus der Eltern abhängen.