Schulabschluss Abitur ohne Programm

Schon der zweite Abschlussjahrgang geht in Gardelegen ohne lustiges Programm von der Schule ab. Zu viele Regeln, sagen die Schüler.

Von Gesine Biermann 20.04.2018, 21:00

Gardelegen l Auf dem Tivoliplatz haben sie sich getroffen. Gegen 10 Uhr kommen sie dann mit lautem Getöse, Trillerpfiffen und Geklingel in die Schule geradelt. Offiziell zum letzten Mal. Am Montag beginnen die schriftlichen Prüfungen.

An Unterricht ist am letzten Schultag natürlich nicht zu denken. An dem Tag ist Gaudi angesagt, das ist schon immer so. Und auch in diesem Jahr sind die Zwölften bunt bemalt und fröhlich. Nur ihre T-Shirts sind einheitlich schwarz. Trauerfarbe in allen drei Klassen. „Cirkus ABIgalli – Ohne Finale aus der Manege“ steht darauf. Denn das Finale, das eigentlich obligatorische bunte Programm am letzten Schultag, gibt es in diesem Jahr nicht.

Es habe zu viele Regeln gegeben, sagen die Schüler. Sie hätten zum Beispiel nicht – wie in den vergangenen Jahren üblich – die vierte und fünfte Unterrichtsstunde für ihre Abschiedsvorstellung nutzen dürfen. „Wir sollten schon in der ersten und zweiten Stunde unser Programm machen und dann das Schulgelände verlassen“, sagt eine Schülerin. „Und wir sollten sogar alle Lehrer, die wir im Programm auf die Bühne holen wollten, vorher um Erlaubnis fragen“, berichtet eine andere (Namen der Redaktion bekannt).

Auch das Schmücken der Aula sei verboten worden, „und wir sollten die anderen Schüler nicht anmalen.“ Zudem habe es „die Ansage“ gegeben, dass bei jeglichen Vorfällen in der letzten Schulwoche das Programm ganz gestrichen werde.

Noch ist die Erinnerung frisch an den letzten Schultag im vergangenen Jahr. In der Nacht davor hatten Unbekannte in der Schule randaliert, Wände beschmiert – auch mit Beleidigungen gegen den Schulleiter – , die Wechselsprechanlage zerstört und Bäume abgeknickt. Daraufhin hatte die Schulleitung das Programm der Zwölftklässler abgesagt. „Das wollten wir uns nicht antun“, sagt eine Schülerin, „irgendeiner randaliert, und alle müssen es ausbaden. Darauf hatten wir keine Lust.“

Und so gibt es gestern keine Spiele, kein drolliges Programm in der Aula. Nur ein Frühstück mit den Tutoren. Mit frischen Brötchen. Und Milch. Ganz brav.

Nein, es gehe ganz und gar nicht ums Spaßverderben, macht Oberstufenkoordinator Michael Knopf im Gespräch mit der Volksstimme deutlich. Aber ja, es gebe Regeln, und die seien auch tatsächlich mal wieder etwas angezogen worden.

In den vergangenen Jahren sei der letzte Schultag zuweilen etwas ausgeufert. Beim Schmücken der Räume sei es zum Beispiel zu Sachbeschädigungen gekommen. „Da wurden Materialien verwendet, die wir danach nicht mehr abbekommen haben. Es kann nicht sein, dass jeder Abschlussjahrgang solche Spuren hinterlässt“, macht Knopf klar, „wir müssen die Schule ja auch bewahren.“ Und die Schüler schützen. Eltern jüngerer Gymnasiasten hätten sich in der Vergangenheit zum Beispiel auch schon mal beschwert, dass Bekleidung ihrer Kinder beim letzten Schultag beschädigt wurde, erzählt Knopf.

Neu sei tatsächlich auch die Regel der Schulleitung, dass Lehrer im Vorfeld gefragt werden müssen, wenn sie beim Abschlussprogramm auf die Bühne gerufen werden sollten, bestätigt Knopf. Das sei im Ergebnis einer Dienstberatung beschlossen worden. „Viele Kollegen wünschen sich das, sie wollen nicht mehr ungefragt vorgeführt werden.“ In den letzten Jahren sei das Niveau des Abschlussprogrammes nämlich teilweise abgerutscht, zuweilen unter die Gürtellinie, Abiturienten nicht würdig. Das solle mit der neuen Regel unterbunden werden.

Generell sei das Abschlussprogramm der Zwölften indes nicht verboten worden, betont Knopf. In vernünftigem Rahmen wäre das möglich gewesen. „Wir haben auch immer wieder nachgefragt.“ Aber offenbar seien sich die Schüler in diesem Jahr auch untereinander nicht recht einig gewesen. Erst in der letzten Woche hätten sie dann entschieden, ganz aufs Programm zu verzichten und stattdessen in der Aula zu frühstücken.