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Aktionstag  Altwerden kompakt als Lehrstoff

Die Zehntklässler des Genthiner Bismarck-Gymnasiums setzen sich mit dem Alter auseinander.

Von Simone Pötschke 02.03.2018, 00:01

Genthin l Als Birgit Kowalski, Chefin im „Haus der Generationen“, am Donnerstag 31 Zehntklässler des Gymnasiums zu einer kleinen Unterrichtsstunde im Foyer der Einrichtung begrüßte, bemerkte sie zurecht, dass dies im Alltag der Pflegeeinrichtung eine Seltenheit sei. „Unsere Bewohner kommen selten mit so vielen jungen Menschen auf einmal in Kontakt“, sagte sie. Dies hat allerdings eine Vorgeschichte.

Vorerst theoretisch bot der Ethik-Unterricht der vergangenen fünf Wochen für die Gymnasiasten eine intensive Auseinandersetzung mit dem Alter. Mit dem Besuch der Pflegeeinrichtung wurde der Unterrichtskomplex „Altwerden in Deutschland“ nun um einen praktischen Teil bereichert. „Wir haben uns mit vielen interessanten Fragen beschäftigt“, sagte Gymnasiast Karl Giese am Rande des Besuches des „Hauses der Generationen“.

Das Alter zu Hause erleben oder in einer Pflegeinrichtung, die Sichtweise auf das Alter bei den Gebrüdern Grimm, das Alter in der Kunst, die Liebe im Alter: Die Zehntklässler haben den letzten Lebensabschnitt im Ethik-Unterricht in vielen Facetten betrachtet. Dazu gehörte auch die Erklärung des Kassenprinzips und die Finanzierung des Alters. Zu guter Letzt werden die Gymnasiasten eine Wandzeitung zu bestimmten Themen zusammenstellen, wobei ein Pro und Kontra zum Tragen kommt.

„Eine gute und zugleich auch anspruchsvolle Sache“, findet Gymnasiast Karl Giese. Schließlich blieben diese Wandzeitungen im Ethik-Raum ein ganzes Schuljahr. Dass für die Schüler weitaus mehr im Unterrichtskomplex als das gegenständliche Ergebnis einer Wandzeitung steckt, macht Ethik-Lehrerin Corina Wienmeister deutlich. Sie hätte ein großes Interesse der Schüler an dem Thema Altwerden feststellen können. Eine Betroffenheit stelle sich über die Familie, insbesondere über die Großeltern, her.

Zum Auftakt des Besuchs der Gymnasiasten ging Birgit Kowalski in einem Vortrag insbesondere auf die jüngste Pflegereform ein, die zum 1. Januar vergangenen Jahres in Kraft getreten ist. Mit dieser Reform, machte sie an Beispielen deutlich, seien vor allem Demenz- und Alzheimerkranke besser gestellt worden. Aus der Sicht einer Praktikerin erklärte sie die Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade und legte die Kosten-Zusammenstellung für die Heimplätze bei den verschiedenen Pflegegraden dar.

Sie hielt auch ein Plädoyer für die Arbeit in der Krankenpflege, deren schöne Seiten aus ihrer Sicht in der öffentlichen Wahrnehmung zu oft ausgeblendet würden. „Das ist ein Beruf und kein Job, zur Altenpflege müsse man sich berufen fühlen.“ Im zweiten Teil der Besuchsrunde wurde es dann anschaulich. Jacqueline Dombrowski und Liane Stephan demonstrierten in einer Gruppe Hilfsmittel wie den Rollstuhl und einen Badewannenlift, eine andere Gruppe wurde von Birgit Kowalski durch das Haus geführt. Sie hob in ihren Ausführungen insbesondere auf die Betreuung von Demenzkranken ab.

In ihrer Betreuung, das vermittelte Birgit Kowalski, würde man auch weiterhin die Persönlichkeit sehen und sie nicht nur auf ihre Krankheit reduzieren. „Die Demenzkranken können uns nicht mehr (gedanklich) besuchen, aber wir können sie in ihren Erinnerungen, in ihrer Welt abholen“. Das machte sie an zahlreichen Beispielen, wie etwa an den vorhandenen kleinen Bildern an den Zimmertüren, fest. Damit könnten die Heimbewohner etwas für sich verbinden. Eine Lok weist so darauf hin, dass in diesem Zimmer ein ehemaliger Lokführer zuhause ist.

Karl Giese zieht ein Resümee im Namen seiner Mitschüler: „Der Rundgang ist bei uns unerwartet gut angekommen. Wir haben eigentlich nur einen trockenen Vortrag erwartet. Dass wir auch Räume sehen durften, hat uns überrascht. Wir haben angenommen, dass wir wegen des Schutzes der Privatsphäre einiges nicht besichtigen dürfen.“