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Goldene Mittelwege Antje Köpke aus Tucheim ist neu zur Schiedsfrau für Genthin berufen worden

Auch wenn es das gute Recht eines jeden Bundesbürgers ist, bei Streitigkeiten Klage einzureichen und vor Gericht zu gehen - es geht bei bestimmten Zwistigkeiten auch anders. Dabei spielen Schiedspersonen die entscheidende Rolle.

Von Susanne Christmann Aktualisiert: 28.06.2021, 17:03
Ehrenamtlich tätige Schiedsfrauen und -männer versuchen, in einem Schlichtungsverfahren eine für alle akzeptable Konfliktlösung zu finden.
Ehrenamtlich tätige Schiedsfrauen und -männer versuchen, in einem Schlichtungsverfahren eine für alle akzeptable Konfliktlösung zu finden. Foto: Tobias Kleinschmidt/picture alliance/dpa

Genthin - Streit zwischen Nachbarn schlichten? Ehrenamtlich? In der Freizeit zusätzlich zu den beruflichen und familiären Verpflichtungen? Das muss man wollen. Denn auch wenn Schiedsfrauen und -männer kein Recht im juristischen Sinne sprechen (dürfen), anspruchsvoll ist diese Aufgabe allemal. Jeder, der schon einmal versucht hat, Streit zu schlichten, weiß das.

„Schlichten statt richten“ ist denn auch der Leitspruch der Schiedsleute, die von den kommunalen Parlamenten gewählt werden, um bei Privatklagedelikten, vermögensrechtlichen und Nachbarschaftsstreitigkeiten schlichtend zu wirken. Antje Köpke, frisch berufene Schiedsfrau für Genthin, ist genauso juristischer Laie wie ihre rund 6.000 Schiedskollegen in den anderen bundesdeutschen Kommunen. „Weshalb wir zwar auf rechtliche Dinge hinweisen, aber im juristischen Sinne kein Recht sprechen“, sagt sie in einem Gespräch mit der Volksstimme.

Beide Parteien zur Einigung gewillt

Unverbindlich sind die Schiedsleute trotzdem nicht tätig. Denn wenn es die Streitparteien schon mal in die Schiedsstelle geschafft haben, dann wird das Schlichtungsverfahren nur eingeleitet, wenn die Parteien zur Einigung gewillt seien. „Das unterschreiben sie dann auch“, so die 42-jährige Tucheimerin. Und wenn sich einer der Parteien nicht an die im Schlichtungspapier festgehaltenen Einigungen halten sollte, dann kann nachgehakt werden. Anders ausgedrückt: In einem Schlichtungsverfahren erzielte Vergleiche sind vollstreckbar. Schiedsleute sind also immer auf der Suche nach einem (goldenen) Mittelweg.

Bundesweit, so ist der Website des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS) zu entnehmen, schlichten die 6.000 Schiedsleute 60 Prozent aller Nachbarschaftsstreitigkeiten erfolgreich und mit langjähriger Rechtssicherheit. Für Antje Köpke ist der Gang zur Schiedsperson selbst dann nicht umsonst, wenn es nicht zur Schlichtung kommt. „Dann kann sich der- oder diejenige aber sagen: Ich habe alles versucht“. Diese Gewissheit könne sehr entlastend sein.

Soziale Kompetenzen tragen die Gesellschaft

Auch Antje Köpke wird sich natürlich an die grundsätzliche Schweigepflicht halten. Zwar werde alles dokumentiert, aber strikt vertraulich behandelt. Für sie ist das Schlichten auch eine Möglichkeit, selbst etwas zu einem friedlichen Miteinander beizutragen. „Unsere Gesellschaft trägt sich durch soziale Kompetenzen“, weiß die Handelsassistentin im Einzelhandel auf dem Weg zur Führungskraft. „Der Staat sorgt für die Rahmenbedingungen. Für die Ausgestaltung können und sollten wir selbst sorgen.“ Sie denkt noch weiter. „Wir sitzen hier unter einem großen Baum im Schatten“, bringt sie ein Sinnbild ins Spiel, von dem schon der US-amerikanische Unternehmer und Investor Warren Buffett und der indische Dichter, Philosoph und Nobelpreisträger für Literatur 1913, Ravindranath Thakur, gesprochen haben. „Gepflanzt hat den Baum aber jemand vor uns. Wir sollten die Bäume pflanzen, in deren Schatten die auf uns folgenden Generationen sitzen können.“

Ganz ohne rechtliche Einblicke funktioniert die Arbeit der Schiedsleute natürlich nicht. Dafür sorgt der BDS. Als gemeinnütziger Verein kümmert er sich um die praktische Aus- und Fortbildung der Schiedspersonen. „Meist ist das ein Richter oder Anwalt, der uns schult“, weiß Antje Köpke. Sie selbst hat sich für ihre erste Weiterbildung im Juli zum Thema Nachbarschaftsrecht angemeldet. Einziger Wermutstropfen: In Genthin ist sie derzeit die einzige Schiedsperson. Bis zu drei sollten es eigentlich sein.

Wer sich an Antje Köpke als Schiedsfrau wenden oder vielleicht auch selbst mitmachen möchte, kann dies telefonisch unter der Nummer 039346 962938 oder per E-Mail an ak-schiedsstellegenthin@t-online.de tun.

Gerade berufen: Antje Köpke aus Tucheim ist die neue und derzeit einzige Schiedsfrau für Genthin.
Gerade berufen: Antje Köpke aus Tucheim ist die neue und derzeit einzige Schiedsfrau für Genthin.
Foto: Susanne Christmann