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Bismarck-Gymnasium Schüler erinnern an früheren Musikdirektor

Mit dem einstigen Genthiner Musikdirektor Dietrich Krüger beschäftigen sich Schüler des Bismarck-Gymnasiums.

Von Mike Fleske 25.05.2018, 07:00

Genthin l „Er war nicht immer angenehm im Umgang“, erinnert sich der Genthiner Kurt Besser an seinen ehemaligen Chorleiter Dietrich Krüger. Wenn es mal nicht so lief, wurden die Schüler schon mal als „trübe Tassen“ oder „Kommodenfüße“ bezeichnet.

So hart das Regiment bei den Chorproben auch war, so legendär ist der Ruf des früheren Musikdirektors Dietrich Krüger (1913 bis 1980) in Genthin und in der Region. Als Leiter des Oberschulchores (bis 1953) und Kantor der evangelischen Kirchengemeinde (bis 1955) war er tätig und brachte große Chorwerke auf die Bühne.

Heutige Schüler des Musikkurses der 10. Klasse des Bismarck-Gymnasiums bereiten aus Anlass des 105. Geburtstages von Krüger eine Publikation vor. Sie trugen Eckdaten zu seinem Lebenslauf zusammen, durchforsteten Archive mit historischen Zeitungsartikeln und kamen mit Zeitzeugen ins Gespräch. Der Genthiner Kurt Besser erlebte, genau wie Ursula Bauer und Konrad Behrend, den Musikdirektor als Leiter des Oberschulchores.

Im Gespräch mit den Zehntklässlern und den Lehrerinnen Anke Held und Kerstin Mosig erinnerten sie sich an die Chorproben Anfang der 1950er Jahre. Zweimal die Woche übte der sogenannte A-Chor – es gab auch einen B-Chor für den Nachwuchs. „Da ging es sehr straff zu, es wurde konzentriert gearbeitet, und wir studierten ein umfangreiches Repertoire ein“, erzählte Ursula Bauer.

Dazu gehörten Stücke von Dietrich Buxtehude, die Johannespassion von Georg Friedrich Händel oder die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Auch Stücke von Johann Sebastian Bach waren im Repertoire. Auf ein hohes gesangliches Niveau habe Krüger immer Wert gelegt. „Der ging durch die Reihen und hörte genau hin, wer mitsang oder nur mitbrummte.“ Die „Brummochsen“ wurden dann aussortiert.

Albernheiten duldete der Musikdirektor nicht. „Du scheidest aus“, habe er dann gesagt und einen solchen Schüler gleich vom Chor suspendiert. War Krüger bei der Probenarbeit autoritär, gab es auch eine andere Seite. „Er hat durchaus mit uns Schülern gesprochen und war uns sehr zugewandt“, konnte sich Kurt Besser erinnern.

„Ich kam wie er aus Ostpreußen, darüber haben wir auch sehr oft gesprochen“, sagt Konrad Behrend. Erlebt hätten sie Krüger auch als Musiklehrer im Unterricht. Dort habe er auf dem Plattenspieler Musikstücke vorgespielt, über das Leben von Komponisten berichtet und bedeutende Werke der Musikgeschichte vorgestellt.

„Durch ihn habe ich meine Liebe zur klassischen Musik entdeckt“, berichtete Ursula Bauer. Als die Arbeiter im Sommer 1953 gegen die Zustände in der DDR demonstrierten und die Aufstände blutig niedergeschlagen wurden, machten die Zeitzeugen gerade ihr Abitur. „Von Unruhen haben wir in Genthin nicht viel mitbekommen.“

Als junge Studenten verließen sie Genthin und erlebten nicht, wie Dietrich Krüger politisch in Ungnade fiel. Grund war einerseits seine Nähe zur evangelischen Kirche. Damit würde er die Oberschüler im negativen Sinn beeinflussen, so ein Vorwurf. „Außerdem habe ich die Aufführung der Stalinkantate abgelehnt“, erinnerte sich Krüger später. 1955 ging er in die Bundesrepublik.

In Bad Arolsen in Hessen setzte Krüger sein musikalisches Wirken fort. Er übernahm den Chor des dortigen Gymnasiums und die Leitung der Chorvereinigung des Volksbildungsrings- und des Kammerorchesters Korbach-Arolsen. 1976 wurde Krüger als Lehrer pensioniert. In Genthin war der Lehrer-Kantor lange Zeit vergessen, mittlerweile lebt die Erinnerung auch durch die Arbeit des Bismarck-Fördervereins und des Schulchores unter Leiterin Anke Held wieder auf.

„Im September wollen wir in einer Veranstaltung an Dietrich Krüger erinnern“, kündigt Held an. In der St. Trinitatiskirche soll es ein Konzert mit den Schulchören aus Genthin und Bad Arolsen geben. „Wir schlagen eine musikalische Brücke zwischen Ost und West.“ Gleichzeitig soll an diesem Tag die Veröffentlichung der Schüler vorgestellt werden.