Viele Landwirte, die Zuhause trockene Füße behielten, stehen jetzt trotzdem vor einem riesigen Dilemma Der Stutenmilchhof ist die Mangelsdorfer Arche
Die Produktion steht still auf dem Stutenmilchhof Mangelsdorf. Statt dessen beherbergt Dirk Freudenhagen momentan andere Tiere, die dem Hochwasser weichen mussten. Wie es weiter gehen soll, wenn die Pferde wieder auf dem Hof sind, ist noch ungewiss.
Mangelsdorf l Zwei dunkle Pferde wiehern leise auf einer Koppel auf dem Stutenmilchhof in Mangelsdorf. Doch sie sind nur Gäste bei Hofbesitzer Dirk Freudenhagen. "Meine 35 Pferde befinden sich derzeit alle in Felgentreu bei Berlin", erzählt der landwirtschaftliche Unternehmer. Zwar war er sich sicher, dass er trocken bleiben würde, doch er wollte nicht das Nachsehen haben, wenn es doch anders gekommen wäre.
So fragte er bei Bekannten an. Im Nu war ein Facebookaufruf organisiert und einen Tag später fuhr ein Pferdewagen nach dem anderen in Mangelsdorf vor, um die Pferde in Sicherheit zu bringen.
"Und plötzlich war hier alles leer. Ich war völlig durch den Wind", erinnert er sich. Doch es sollte nicht komplett leer bleiben. Eine Tierschutzorganisation wurde auf den trockenen, leeren Hof aufmerksam. "Und dann wurden wir so etwas wie eine Übergangs-Arche", beschreibt Dirk Freudenhagen, was dann passierte.
Aus den umliegenden Orten, die vom Hochwasser unmittelbar bedroht waren, wurden die Tiere geholt und zum Stutenmilchhof in Mangelsdorf gebracht. "Von hier vermittelte man die Tiere dann weiter", erzählt er weiter. Ziegen, Pferde, Ponys, Hunde, Kaninchen und und und fanden hier kurzzeitigen Unterschlupf. Bekanntester Schlafgast unter den Tieren ist wohl Hängebauchschwein-Dame Helene, das Maskottchen von Klietz. "Sie ist als Dauergast zu uns gekommen. Sie ist schon sehr alt und jede Reise bedeutet sehr viel Stress für sie. So bleibt sie erst einmal in unserem Stall und grunzt oder schnarcht zufrieden vor sich hin", erzählt Freudenhagen lachend.
Es kommt wohl in solchen Katastrophenfällen immer wieder dazu, dass Tierbesitzer nicht vernünftig reagieren, weiß Freudenhagen. Auch als Wust evakuiert wurde, fanden Kameraden des THW noch einen Hund, eingesperrt in einem Zwinger vor. "Sie öffneten den Zwinger und übergaben uns den Hund", erzählt er.
Zurzeit beherbergen Dirk Freudenhagen und seine Freundin Nicole Friebus noch vier Pferde, Schweinedame Helene, drei Ziegen, zwei Hunde und noch einige Kleintiere. Sie machen es gern, doch würden auch sie gerne wieder zur Normalität zurückkehren. Doch bis ihre Pferde zurückkommen, wird es noch ein paar Tage dauern. Und selbst wenn wieder alle 35 Pferde vollzählig den Hof besiedeln, weiß Freudenhagen noch nicht, wie es dann weiter gehen soll.
Viele Quadratkilometer Wiesen wurden überschwemmt. Auch einige gepachtete Flächen des Pferdebauern. "Die Flächen, die mit Wasser in Kontakt gekommen sind, dürfen wir vorerst nicht bewirtschaften", sagt Freudenhagen. Eine Anweisung, die auch schon im Rathaus Jerichow von oberen Stellen eingegangen ist. Der Boden und auch alle Pflanzen sind nämlich kontaminiert.
Das Hochwasser hat durch die Überschwemmungen viele Stoffe mit sich gerissen. Von Öl, über Fäkalien bis hin zu Giftstoffen, die vielleicht in irgendwelchen Kellern lagerten, kann so ziemlich alles durch das Wasser weitergetragen worden sein. Damit ist nicht nur dem Mangelsdorfer Dirk Freudenhagen die Grundlage entrissen worden.
"Mit Stutenmilch wird man sowieso nicht reich, aber wir konnten uns immer über Wasser halten", sagt er. Doch wenn er seine Wiesen nicht mähen darf, Silos und Heulager in der Region abgesoffen sind und auch Getreidefelder Land unter sind, so dass es kein Heu geben wird, dann sieht der Pferdebauer schwarz.
"So fehlen uns bis jetzt nicht nur die Einkünfte, sondern auch noch künftig das Futter", sieht er in die Zukunft. Denn eins ist eigentlich schon klar: Er wird es sich wohl nicht leisten können, das Futter einzukaufen. Zwar hat Dirk Freudenhagen trockene Füße behalten, doch was für ein Schaden für ihn trotzdem entstanden ist, sieht bisher keiner so recht. Wie es in Zukunft dann weiter gehen soll, ist er jetzt am Überlegen. "Erst einmal abwarten, was wird", ist seine Devise. Er hofft, dass es auch für ihn Hilfsmittel geben wird. Bis dahin wird er seinen Verkauf zumindest noch mit eingefrorenen Reserven so lange wie möglich aufrecht erhalten.
Trotz dieser schlimmen Situation versucht der Mangelsdorfer aber optimistisch zu bleiben. "Es gibt viele, die es viel schlimmer getroffen hat. Und auch für die Tierwelt war das Hochwasser eine Katastrophe", sagt er. Um so mehr freut er sich, dass nicht nur für die menschlichen Flutopfer Spenden gesammelt werden. Auch bei ihm wurden schon Spenden wie Hundefutter oder auch einiges Zubehör abgegeben.
Doch ohne Spenden für Bauern wird es wohl nicht gehen, zumindest sehen das die Familien Northe, Bleis und Wrogemann so. Sie bewirtschaften die landwirtschaftlichen Flächen der Domäne Kloster Jerichow. Sie haben jetzt einen offiziellen Spendenaufruf gestartet. Hier sollen die Spenden direkt den geschädigten landwirtschaftlichen Betrieben im Raum Jerichow-Fischbeck-Schönhausen zugutekommen. Spenden dafür gehen an: Sparkasse Jerichower Land, Konto 711003777, Bankleitzahl 81054000, mit dem Betreff: Hochwasser Bauern. In Zusammenarbeit von Stiftung und kompetenten Personen vor Ort soll dann die Verteilung stattfinden.